Trotz Sieg vor Ravensburger Gericht

Nach mehr als einem Jahr: Immer noch kein Geld für Erntehelfer

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Nach einem Jahr und vier Monaten warten 18 Erntehelfer aus Georgien immer noch auf ihren Lohn. Vor Gericht haben sie gewonnen. Doch der Landwirt setzt auf einen weiteren Prozess.

Der Landwirt hat Berufung vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht eingelegt. Wann das Gericht sich mit dem Fall beschäftigen wird, steht noch nicht fest. Für die Erntehelfer aus Georgien heißt das, dass sie weiter auf ihr Geld warten müssen.

SWR-Reporter Thomas Wagner hat sich ein Bild darüber gemacht, wie es in dem Prozess weitergeht und wie die Bedingungen für Erntehelfer rund um den Bodensee aussehen.

Noch keine Lohnnachzahlung trotz Gerichtsurteil

Der Streit begann im Sommer 2021, als die 18 georgischen Erntehelfer auf dem Obstbauernhof am Bodensee beschäftigt waren. Sie waren sowohl mit der Unterbringung als auch mit dem ausgezahlten Lohn nicht zufrieden. Es kam zum Prozess vor dem Ravensburger Arbeitsgericht. Diesen gewannen die Erntehelfer.

Rechtsberatung für Erntehelfer durch Verein "Mira"

Margarete Brugger von der Beratungsstelle "Mira - mit Recht bei der Arbeit" berät Migrantinnen und Migranten aus Ländern außerhalb der Europäischen Union im deutschen Arbeitsrecht. Sie zeigte sich nicht überrascht, dass der Landwirt gegen die Lohnnachzahlungen in Berufung ging und die betroffenen 18 Georgier mehr als ein Jahr nach ihrem Einsatz in Deutschland auf den Großteil ihres Erntehelfer-Lohns warten müssen.

Betriebsseelsorger: Immer wieder werden Mindestlohnregeln unterlaufen

Werner Langenbacher, katholischer Betriebsseelsorger der Diözese Rottenburg-Stuttgart, schaut sich immer wieder auf den landwirtschaftlichen Obstbaubetrieben im Bodenseeraum um. Seiner Ansicht nach unterlaufen einige Landwirte die Mindestlohnregelung damit, dass sie unangemessene Mieten für die meist sehr einfachen Unterkünfte verlangen.

"Früher haben die Leute kostenlos gewohnt oder haben minimal etwas abgegeben."

Immer mehr Erntehelfer von außerhalb der EU

Sowohl Werner Langenbacher von der Diözese Rottenburg Stuttgart als auch Margarete Brugger von der Beratungsstelle "Mira" beobachten, dass zunehmend Saisonkräfte aus osteuropäischen Ländern von außerhalb der Europäischen Union nach Deutschland kommen. Im Rahmen von Sonderprogrammen erhalten sie eine befristete Arbeitserlaubnis. In EU-Ländern wie Polen und Tschechien verdienen die Menschen inzwischen deutlich besser als vor ein paar Jahren und haben die Arbeit als Erntehelfer in Deutschland nicht mehr nötig.

Mira: Ausbeutung bei fehlenden Deutschkenntnissen

Interessenten aus Nicht-EU-Ländern wie zum Beispiel aus Moldawien, Georgien oder der Ukraine nehmen nun ihren Platz ein. Ein besonderes Problem sieht Margarete Brugger in den Sprachkenntnissen. "Sobald die sprachliche Verständigung schwierig ist, öffnet das noch mehr Tür und Tor der Ausbeutung, weil die Menschen unsere Rechte nicht kennen." Gemeinsam mit anderen Vereinigungen hat sie nun einen Empfehlungskatalog für die zuständigen Ministerien verfasst. So sollen die Menschen beispielsweise den Arbeitsvertrag in ihrer Sprache vorgelegt bekommen. Den 18 Georgiern, die auf dem Obsthof im Bodenseekreis gearbeitet haben, wird das nicht helfen.

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SWR

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