Peter Lenk in seinem Garten in Bodman mit Ehefrau Bettina (Foto: SWR, Stefanie Baumann)

Bodmaner Bildhauer wird 75 Jahre alt

Peter Lenk - vom Lob der Freiheit in der Provinz

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Stefanie Baumann
SWR-Redakteurin Stefanie Baumann Autorin Bild (Foto: SWR, Christian Schneider)

Der Bildhauer Peter Lenk aus Bodman (Kreis Konstanz) feiert an Pfingsten seinen 75. Geburtstag. Mit seinen Skulpturen sorgt er immer wieder für Aufsehen.

Wer in Bodman am Bodensee Urlaub macht, der macht meist auch einen Abstecher zum Skulpturengarten von Bildhauer Peter Lenk. Beim Blick über den Gartenzaun können Besucher allerlei Skulpturen entdecken. Seit kurzem steht auch das weithin sichtbare, weil meterhohe Denkmal "Stuttgart 21" in seinem Garten, die Stadt Stuttgart wollte es nicht haben.

S21-Skulptur im Garten von Peter Lenk (Foto: SWR, Stefanie Baumann)
S21-Skulptur im Garten von Peter Lenk

Auch Führungen bietet der Künstler in seinem Garten an. Und kommt dabei gerne ins Erzählen. Peter Lenk nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Ärsche sind Ärsche, und Experten in der Kunstszene betitelt er auch gerne mal als "Kunstfuzzis". In seinem neuesten Buch "Zoff im Spätzlesumpf" bekommen vor allem die Stuttgarter "Kunstfuzzis" ihr Fett weg.

Gesellschaftliche Missstände und Politskandale

Lenks Skulpturen sorgen immer wieder für großes Aufsehen. Seine Imperia ziert den Konstanzer Hafen, in Überlingen lässt er den ortsansässigen Dichter Martin Walser auf einem alten Gaul reiten, am Gebäude der TAZ in Berlin schwebt sein "Pimmel über Berlin". Zuletzt sorgte sein umstrittenes Stuttgart21-Denkmal für Aufsehen. Gesellschaftliche Missstände, kleine und große Politskandale sind seine Themen. SWR-Reporterin Stefanie Baumann hat ihn in Bodman besucht:

Vom Zirkusbeleuchter zum Bildhauer

Peter Lenk hat Kunst an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart studiert – war aber nicht immer Künstler.

"Ich war Zirkus-Beleuchter beim Moskauer Staatszirkus. Und dann war ich Baggerfahrer hier. Wir haben hier die Kanalisation im See verlegt."

Schließlich wurde er Kunstlehrer. Mit dem Pferd ritt er damals von Bodman Richtung Stockach zur Arbeit zur Schule, weil es noch keine Autobahn durch den Wald gab, erzählt er. Dann sei eines Tages der neue Direktor gekommen und habe sich darüber beklagt, dass Lenk seit Jahren zu spät zum Unterricht komme. Lenk schob die Schuld auf den Gaul: "Wenn der einen Kleeacker sah, dann machte der eine Pause."

Schelmenstreiche und Nacht- und Nebelaktionen

Neun Jahre hielt Lenk es als Lehrer aus – doch den Schülern Noten für Kunst geben, das gefiel ihm nicht. Er entschied sich für die Freie Kunst, fing an, Skulpturen zu machen. Und stellte diese ungenehmigt in der Öffentlichkeit auf. Schelmenstreiche waren das, sagt er. In Konstanz baute er in einer Nacht- und Nebelaktion die Imperia gegen den Willen des Stadtrats auf. Dabei verhakte sich die neun Meter hohe und 18 Tonnen schwere Skulptur mit ihren riesigen Brüsten im Gerüst und das ganze wäre beinah gescheitert. Heute ist die Kurtisane mit den großen Brüsten das Wahrzeichen von Konstanz.

Künstlerische Freiheit in der Provinz

Auch viele andere Städte in Deutschland sind stolz, eine Skulptur von Peter Lenk zu haben. Bad Urach hat gerade etwas zum Schäferlauf bestellt. Dass er seine Arbeiten in Bodman fertigt, an Deutschlands letztem Zipfele, und nicht als Künstler in die Großstadt gegangen ist - zum Beispiel nach Berlin - hat einen guten Grund. In der Provinz habe er mehr Freiheiten, sagt Lenk.

"Mit der künstlerischen Freiheit ist es in Berlin nicht viel besser bestellt als zum Beispiel in Stuttgart. Das liegt daran: Je mehr Kulturexperten da rumspringen und auch je mehr Kulturverwaltung da ist, umso schwieriger wird es."

Idyllisch lebt der Künstler in seinem Häuschen und dem verwunschenen Garten mit den unzähligen Skulpturen darin. Hier haben er und seine Frau Bettina auch die beiden Töchter großgezogen. Und es gab immer Tiere. Pferde, Esel, Ziegen, 50 Hasen – heute, wo rund um sein Grundstück in Bodman alles bebaut ist, ist nur noch Platz für die Katze.

Kritik an Gentrifizierung

Die Gentrifizierung ärgert Lenk maßlos. Die Einheimischen würden vertrieben, die Reichen würden alles aufkaufen. Und dann kämen die sogenannten Investoren und würden architektonisch den Ort versauen. Nur ein Thema, über dass sich Peter Lenk auch mit 75 Jahren noch aufregt. Und solange ihm die Themen nicht ausgehen, baut er weiter seine Skulpturen. Ob er Angst davor habe, dass ihm eines Tages die Kraft dafür fehlen könnte? Darüber denke er nicht nach, sagt Lenk.

"Irgendwann geht es natürlich zu Ende. Und ich muss auch sagen: Wenn man 75 ist, kommt auch nicht mehr soviel. Wenn fertig ist, ist fertig."

Seinen Geburtstag will Peter Lenk nicht groß feiern. Nur zum Essen gehen mit Ehefrau Bettina. Und am Abend vielleicht ein bisschen klassische Musik hören, Chopin mag er.

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