Jugendliche bei einer Führung vor dem Goldbacher Stollen in Überlingen (Bodenseekreis).

In den Sommerferien Kriegsgräber pflegen

Jugendliche besuchen ehemaligen KZ-Stollen in Überlingen

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Thomas Wagner
SWR-Redakteur Thomas Wagner Autor Bild
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Anette Hübsch
Anette Hübsch ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Sie kommen aus zehn Nationen und pflegen Kriegsgräber in den Ferien: 25 Jugendliche erkunden einen ehemaligen KZ-Stollen in Überlingen. Was macht das mit ihnen in Zeiten des Ukraine-Kriegs?

Schülerinnen und Schüler aus ganz Europa haben am Montagvormittag den sogenannten KZ-Stollen in Überlingen (Bodenseekreis) besichtigt. Der Besuch fand im Rahmen eines internationalen Jugendcamps statt, den der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge organisiert.

Der sogenannte KZ-Stollen bei Überlingen steht für ein Kapitel düsterer Vergangenheit im Bodenseeraum. KZ-Häftlinge mussten in den letzten Monaten des zweiten Weltkrieges unter grausamen Bedingungen die kilometerlangen Gänge hineinsprengen. Rüstungsbetriebe aus Friedrichshafen sollten dort untergebracht werden, geschützt vor alliierten Bombenangriffen. Für die 25 Jugendlichen soll der Stollen zum Lernort werden. Sie beschäftigen sich mit dessen Geschichte.

SWR-Reporter Thomas Wagner ist mit den Jugendlichen ins Gespräch gekommen:

Oswald Burger, Lehrer und Historiker aus Überlingen, hat die Jugendlichen aus zehn Ländern von Italien über Rumänien bis Kasachstan durch den vier Kilometer langen so genannten KZ-Stollen bei Überlingen geführt. 800 KZ-Häftlinge mussten zwischen Oktober 1944 und April 1945 dieses unterirdische Stollen- und Höhlensystem in den Felsen bei Überlingen hineinsprengen, um Rüstungsbetrieben aus Friedrichshafen die Möglichkeit zu bieten, gut geschützt vor alliierten Bombenangriffen weiterzuproduzieren.

Jugendliche schockiert über Krieg in der Ukraine

In Zeiten des Ukraine-Kriegs hat das Jugendcamp eine ganz neue Bedeutung, so Burger. Russische und ukrainische Opfer haben damals zusammen im Stollen gearbeitet und liegen gemeinsam auf dem KZ-Friedhof in Birnau, erklärt der Historiker. Der Krieg sei schrecklich und schockierend, sind sich die teilnehmenden Jugendlichen einig. Sie wollen ihren Beitrag für europäische Völkerverständigung leisten.

"Man bekommt hier vor Augen geführt, welche Auswirkungen Krieg haben kann. Und wenn man daran denkt, dass das gerade in anderen Ländern passiert, ist das sehr schrecklich."

Bewusstsein für Frieden schärfen

Der Blick in die Vergangenheit schärfe das Bewusstsein für Frieden in der heutigen Zeit, schreibt der Volksbund Deutsche Kriegsgräbersorge in einer Mitteilung, der die Exkursion organisiert. Im Rahmen ihres übrigen Aufenthaltes in Baden-Württemberg pflegen die Jugendlichen Kriegsgräber in Schwenningen und in Tuttlingen.

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