"Im 21. Jahrhundert noch eine neue Menschenaffenart zu entdecken, ist unglaublich aufregend", freut sich Michael Krützen von der Universität Zürich. Er gehört zu den Autoren der Studie, die jetzt im US-Wissenschafts-Magazin „Current Biology“ die neue Orang-Utan Art „Tapanuli“ beschreiben.
Nur noch 800 Exemplare
Die neue Menschenaffen-Art ist im Hochland im Norden der indonesischen Insel Sumatra, dem Urwald von Batang Toru, zu Hause. Ihr Lebensraum beträgt etwa 30 x 40 Kilometer. Schätzungsweise gibt es noch 800 Exemplare dieser neuen Art. Dass es sich um eine neue Primatenart handelt wurde erst jetzt klar, obwohl die Affengruppe schon länger bekannt ist.
Internationale Forschungsstation
Seit 2006 gibt es im Batang Toru Gebiet eine internationale Forschungsstation. Den Wissenschaftlern vor Ort war schon länger aufgefallen, dass sich die Rufe der Orang-Utans, die sogenannten „Long Calls“, von denen der anderen Orang-Utans unterscheiden. Mit diesen Lauten locken erwachsene Orang-Utan Männchen Weibchen an und halten sich Rivalen vom Hals.
Gen-Analyse an der Universität Zürich
Vor vier Jahren fiel Wissenschaftlern dann der Leichnam eines getöteten männlichen Orang-Utan in die Hände. Die Knochenuntersuchen ergaben, dass sich auch Schädel und Zähne dieser Affen anders geformt sind als die der bekannten Orang-Utan-Arten. Endgültige Klarheit brachte aber erst eine genetische Analyse. Das anthropologische Institut der Universtät Zürich untersuchte das Erbgut von 37 Tieren. Es war die umfangreichste Genomstudie bei Orang-Utans überhaupt.
Das Ergebnis der Analysen zeigt: Die Tapanuli gehören zu keiner der zwei bekannten Orang-Utan-Arten auf Sumatra und Borneo, sondern bilden eine dritte Art, die seit mindestens 10.000 bis 20.000 Jahren von ihren nächsten Verwandten isoliert lebt. Orang-Utans gibt es seit weit über drei Millionen Jahren, auch das haben die Genomstudien gezeigt. Die neue Art scheinen direkte Nachkommen der allerersten Orang-Utans zu sein, die nach Sumatra gekommen sind.
Die meist gefährdete Primatenart der Welt
Durch die Entdeckung der neuen Art hat auch der Mensch einen weiteren Verwandten hinzugewonnen – zusammen mit dem Schimpansen, dem Bonobo und den zwei Gorillaarten gibt es somit jetzt insgesamt sieben Menschenaffenarten - plus den Menschen. Wie lange dies der Fall ist, ist allerdings fraglich. Denn gerade die Lebensräume des Orang-Utans sind gefährdet. Und eine so kleine Population wie der Tapanuli-Orang-Utan erst recht. Ihr Lebensraum wird von intensivem Bergbau, Wilderei, einem geplanten Wasserkraftwerk und sich ausdehnenden Palmölplantagen bedroht. Die Population, schreiben die Wissenschaftler, ist nun die am stärksten gefährdete Primatenart der Welt.