23.3.1958

Kundgebung "gegen den Atomtod"

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Initiative der Opposition: Treffen in der Frankfurter Kongresshalle

Parallel zur Bundestagsdebatte über die atomare Aufrüstung im März 1958 findet in der Frankfurter Kongresshalle eine Kundgebung gegen den Atomtod statt. Initiiert von einem Bündnis aus den Oppositionsparteien SPD und FDP, aus Gewerkschaften und Kirchen.

Die Kundgebung ist Teil einer großen Kampagne, die sich durch das Frühjahr zieht, mit Mahnwachen und Gottesdiensten und sogenannten Friedensstreiks, die Atomwaffen-Gegner in einigen Unternehmen organisieren.

Die Kundgebung gegen den Atomtod fand am 23. März statt, somit am Samstag, bevor der Bundestag am Montag das Thema abschließend diskutierte.

Redner*innen

  • Prof. Walter Weizel, Physiker
  • Helene Wessel (SPD)
  • Stefan Andres, Schriftsteller
  • Prof. Heinrich Vogel, Theologe
  • Prof. Eugen Kogon, Publizist
  • Erich Ollenhauer (SPD; im Bild)

Streit um Atomwaffen

30.4.1957 „Göttinger Manifest“: Ja zur Kernenergie, nein zu Atomwaffen – Carl Friedrich von Weizsäcker im Interview

30.4.1957 | Am 12. April 1957 veröffentlicht der Ausschuss Kernphysik der Deutschen Physikalischen Gesellschaft eine Erklärung, die für Aufsehen sorgt. Die Wissenschaftler sprechen sich in diesem "Göttinger Manifest" gegen eine atomare Aufrüstung und eine Stationierung von Atomwaffen aus. Initiator war Carl Friedrich von Weizsäcker, zu den Mitunterzeichnern gehören die Nobelpreisträger Otto Hahn, Max Born und Werner Heisenberg. Sie hatten im Vorfeld erfolglos versucht, durch Gespräche die Bundesregierung von ihrem Plan abzubringen, die Bundesrepublik mit Atomwaffen auszustatten. So sehr die Physiker Atomwaffen ablehnen, so sehr plädieren sie für eine friedliche Nutzung der Kernenergie. Als die Erklärung veröffentlicht ist, reagieren Konrad Adenauer und sein Verteidigungsminister Franz Josef Strauß verärgert und werfen den Physikern politische Ignoranz vor. Die Wissenschaftler schweigen daraufhin zunächst. Nach gut zwei Wochen schließlich erklärt Carl Friedrich von Weizsäcker in einem langen Vortrag in Bonn, welche Überlegungen hinter der Erklärung stehen. Am folgenden Tag fasst er sie in einem Interview zusammen. | Kernenergie

20. bis 25.3.1958 Bundeskanzler Adenauer will Atomwaffen: Bundestag debattiert tagelang

20. bis 25.3.1958 | Bundeskanzler Konrad Adenauer strebt in den 1950er-Jahren nicht nur die friedliche Nutzung der Atomenergie an, sondern will auch die Bundeswehr im Rahmen der NATO atomar bewaffnen. Sein Hauptargument ist die mächtige Sowjetunion, der man etwas entgegensetzen müsse.
Die Opposition, vor allem die SPD, ist dagegen; sie plädiert für eine atomwaffenfreie Zone auf dem Gebiet der beiden deutschen Staaten. Eine atomare Aufrüstung dagegen würde eine Wiedervereinigung in weite Ferne rücken.
Die Debatte zieht sich über vier Tage hin. Wir hören Ausschnitte. Zunächst Bundeskanzler Konrad Adenauer, der wie auch schon in früheren Reden die Atombombe als Weiterentwicklung der bisherigen Waffensysteme darstellt. Es folgen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU), dann Fritz Erler (SPD), der mit einer Anspielung auf Goebbels‘ „totalen Krieg“ die Unionsabgeordneten dazu veranlasst, empört den Saal zu verlassen.
Anschließend hören wir Reinhold Maier (FDP), gefolgt von zwei weiteren SPD-Abgeordneten, nämlich Helmut Schmidt – dem späteren Bundeskanzler – sowie Gustav Heinemann – dem späteren Bundespräsidenten.
Am Schluss die einzige weibliche Stimme in der Debatte: Luise Rehling (CDU). Sie erklärt, für die Frauen und Mütter zu sprechen.
Nach der emotionalen Debatte stimmt der Bundestag mehrheitlich der atomaren Ausrüstung der Bundeswehr im Rahmen der NATO zu. Die SPD kündigt daraufhin an, sie werde eine Volksbefragung initiieren, da Atomwaffen zu einem nationalen Notstand führen würden. Den Anfang machen Hamburg und Bremen, die tatsächlich Volksbefragungen über die atomare Bewaffnung einleiten. Doch dazu kommt es nicht: Das Bundesverfassungsgericht hält die Befragungen für verfassungswidrig und stoppt sie.
Adenauer setzt sich somit durch, allerdings bleiben die in der Bundesrepublik stationierten Atomwaffen unter der Kontrolle der Vereinigten Staaten – nicht der Bundeswehr. | Kernenergie

Epoche der Kernenergie in Originalaufnahmen

August 1945 "We don't mind about 100.000 Japs": Otto Hahn irritiert über Reaktion eines Engländers auf Hiroshima

August 1945 | Der Chemiker Otto Hahn erfährt vom Atombombenabwurf in Hiroshima als Gefangener in einem britischen Internierungslager. Dort saß er zusammen mit anderen hochrangigen deutschen Naturwissenschaftlern wie Carl Friedrich von Weizsäcker. Später erinnert er sich an diesen Moment im August 1945.

Hintergrund und Einordnung der Archivaufnahmen

Archivradio-Gespräch Die Epoche der Kernenergie in Deutschland – Euphorie und Widerstand

1960 geht in Kahl das erste deutsche Kernkraftwerk in Betrieb. Doch wie sicher ist Atomenergie? Mit dem Widerstand gegen das Kraftwerk Wyhl 1975 wird aus Zweifeln eine große Anti-Atomkraft-Bewegung.

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