12.12.2005

Gerhard Schröder bekommt hoch dotierten Gazprom-Job

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Gábor Paál
Gábor Paál (Foto: SWR, Oliver Reuther)

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Schröder wechselt nach verlorener Bundestagswahl zu russischem Konzern

Am 18. September 2005 hat Bundeskanzler Gerhard Schröder die Bundestagswahl verloren. Am 22. November übergibt er das Amt an Angela Merkel. Keine drei Wochen später, am 9. Dezember 2005, wird bekannt, dass er in den Dienst des russischen Erdgaskonzerns Gazprom wechselt und Aufsichtsratschef des gerade erst gegründeten Konsortiums für die damals neu geplante Ostseepipeline für russisches Erdgas wird.

Diesem Konsortium gehören neben Gazprom auch die deutschen Unternehmen E.ON und Wintershall an.

Kanzler Schröder hatte Pläne für Ostseepipeline vorangetrieben

Pikant ist Schröders neuer Job auch deshalb, weil er als Bundeskanzler die Pläne für die Pipeline vorangetrieben hat. Entsprechend harsch fällt die Kritik aus – zunächst bei den politischen Gegnern, aber nach einigen Tagen, am 12. Dezember 2005, zeigen auch immer mehr SPD-Politiker ihr Unverständnis.

An diesem Tag macht SWR3 die Geschichte zum Topthema.

Erster heftiger Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine

In den folgenden Tagen und Wochen sieht Russland seine Position auch gegenüber der Ukraine gestärkt und erhöht den Gaspreis für die Ukraine. Es kommt zum ersten heftigen Gasstreit zwischen beiden Ländern.

5.12.1994 Russland garantiert Souveränität der Ukraine – ist aber gegen NATO-Osterweiterung

5.12.1994 | Nach dem Ende der Sowjetunion sortiert sich Osteuropa neu. Dabei gibt es große Themen zu klären: Das eine sind Atomwaffen. Die Ukraine, Belarus und Kasachstan besitzen welche – noch aus der Zeit, als sie zur Sowjetunion gehörten. Die Ukraine ist Anfang der 1990er Jahre faktisch die drittgrößte Atommacht der Welt. So viele Atomstaaten – das halten viele für gefährlich. Deshalb kommt es zu einem Abkommen: Die drei Ex-Sowjetrepubliken verzichten auf Atomwaffen, unterzeichnen also den Atomwaffensperrvertrag. Im Gegenzug verpflichten sich die anderen Vertragsstaaten, vor allem die USA und Russland, die Souveränität dieser drei Länder zu achten. Dieses Abkommen läuft im Völkerrecht unter dem Namen „Budapester Memorandum“ – denn es wurde auf dem Treffen der damaligen KSZE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, heute: OSZE) im Dezember 1994 vereinbart.
In der Berichterstattung spielt es damals allerdings kaum eine Rolle, denn andere Themen beherrschen die Konferenz sind strittiger: Da ist zum einen der Jugoslawienkrieg, der nur wenige hundert Kilometer von Budapest entfernt, zum anderen die von den USA beabsichtigte NATO-Osterweiterung. US-Präsident Bill Clinton wirbt in Budapest dafür, Helmut Kohl unterstützt ihn. Russlands Präsident Boris Jelzin ist dagegen. Er befürchtet, so erklärt er 5. Dezember in Budapest, dass die Nato-Osterweiterung die Demokratie in Russland gefährde. Reporter ist ARD-Korrespondent Michael Herde.

9. bis 16.8.1999 Putin wird Ministerpräsident – "Russland ist eine Großmacht"

9. bis 16.8.1999 | 1999 ist Russlands Präsident Boris Jelzin schon auf dem absteigenden Ast. Wirtschaftlich ist das Land in einer schweren Krise. Jelzins Amtsführung gilt als zunehmend fahrig, hemdsärmlig und von Alkoholismus geprägt. Ende der 1990er-Jahre hebt er als Präsident eine Handvoll Ministerpräsidenten ins Amt, um sie teilweise nach nur wenigen Monaten wieder zu entlassen. Im August 1999 dagegen holt er einen, der bleiben und ihn ein knappes halbes Jahr später als Präsident beerben wird: Wladimir Putin. Am 9. August 1999 gibt Jelzin diesen Personalvorschlag bekannt.
SWR1 Thema heute greift das Ereignis in einer Hintergrundsendung auf.
Eine Woche später, am 16. August 1999, stimmt auch das russische Parlament, die Duma, dem Personalvorschlag zu. Putin wird Ministerpräsident. Schon damals spricht er von Russland als Großmacht und dass sich das Land seiner Einflusszonen nicht schämen solle.
Am 31. Dezember 1999 erklärt Boris Jelzin seinen Rücktritt und übergibt die Amtsgeschäfte an Wladimir Putin, der damit zunächst kommissarisch Präsident ist. In den vorgezogenen Wahlen im März 2000 bekommt er 52 Prozent der Stimmen. Am 7. Mai 2000 wird aus der kommissarischen Präsidentschaft die reguläre.

18.3.2014 Putin erklärt nach Annexion: "Die Krim gehört zu Russland"

18.3.2014 | Jahrzehntelang gehörte die Krim zur Ukraine – was für Moskau kein Problem war, solange es die Sowjetunion gab. Und auch danach nicht, solange in Kiew moskautreue Regierungen saßen, die die russische Kontrolle über den Militärhafen Sewastopol nicht gefährden.
Konflikte zwischen der Krim und der Zentralregierung in Kiew gibt es immer wieder, denn die russischsprachige Bevölkerungsmehrheit auf der Halbinsel fühlt sich Russland stärker verbunden als der Ukraine.
Die Ereignisse eskalieren im Februar 2014. In Kiew, der Hauptstadt der Ukraine, kommt es zu Massenprotesten gegen die prorussische Politik von Präsident Wiktor Janukowitsch. Janukowitsch wird gestürzt und setzt sich nach Russland ab. Der proeuropäische Oleksandr Turtschynow übernimmt als Übergangspräsident Ende Februar die Regierungsgeschäfte, zusammen mit Arsenij Jazenjuk als Ministerpräsident.
Um die gleiche Zeit beginnt Russland mit der Annexion der Halbinsel Krim. Sie ist zunächst als Machtübernahme lokaler russischsprachiger Krimbewohner getarnt, bevor die russische Armee auch nach außen hin sichtbar wird. Am 18. März 2014 feiert Russlands Präsident Wladimir Putin öffentlich die Annexion, die aus seiner Sicht eine Reparatur historischer Fehlentscheidungen darstellt. Seine Rede sorgt für Aufsehen, denn er holt historisch weit aus. Er sagt allerdings auch, dass, entgegen der Befürchtungen des Westens, der Krim nicht noch weitere Regionen folgen werden.
Sein Versprechen, die Ukraine nach der Annexion der Krim nicht weiter anzutasten, bricht er spätestens mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022.

24.2.2022 Die Nacht, in der Russland die Ukraine angriff

24.2.2022 | Schon in den frühen Morgenstunden des 24. Februar 2022 ist klar, dass Russland die Ukraine angreifen würde. Am Vorabend haben die russischen Separatisten in den ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk Russland um Hilfe gebeten. Kaum jemand zweifelt daran, dass Putin dies als Begründung nehmen würde, diese Gebiete "befreien" zu wollen, schließlich hatte er sie schon zuvor schon als "autonome Republiken" anerkannt. So kommt es dann auch. Die Entwicklung spiegelt sich in den Radionachrichten. Nachts sind die Informationsradioprogramme der ARD zusammengeschaltet.
Um 4 Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit hatte sich bereits der Sicherheitsrat getroffen, um über die offenbar bevorstehende Invasion zu beraten.
Eine halbe Stunde später bestätigen sich die Befürchtungen. Präsident Putin hat in der Zwischenzeit im russischen Fernsehen eine Ansprache gehalten. Davon handeln die Nachrichten um 4:30 Uhr.
Um 5 Uhr informieren die Nachrichten bereits über erste Explosionen in der ukrainischen Hauptstadt. Im Lauf des Morgens sind auch in den Radioprogrammen erste Augenzeugenberichte zu hören. Wir hören den Journalisten Roman Schnell, der sich zum Kriegsausbruch in Charkiw befand und anschließend Maria Kalus, Mitarbeiterin im ARD-Studio Kiew.

Ostseepipeline

Energie Nord Stream 2 – Der Streit um Gas aus Russland

Das in Deutschland verbrauchte Erdgas kommt zur Hälfte aus Russland. Mit der neuen Ostseepipeline Nord Stream 2 könnte sich der Anteil erhöhen. Was heißt das fürs Klima? Gibt es Energie-Alternativen?

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