Die Mogao-Grotten nahe der chinesischen Stadt Dunhuang sind einer der weltweit größten Schauplätze buddhistischer Kunst. Auch musikalisch kann man sich dort inspirieren lassen, so wie der Komponist Tan Dun, der nur die „Buddha Passion“ auf Grundlage der dortigen Schätze komponiert hat.
Buddha als Erlöser von irdischem Leiden
Weder Klagegesänge noch Trompetenglanz stehen am Anfang dieses Oratoriums. Die „Buddha Passion“ von Tan Dun beginnt dumpf und geheimnisvoll, mit einem vibrierenden Liegeton, dem ewigen Weltenstrom gleich. Aus ihm werden unzählige Klänge, Farben und Geschichten erwachsen.
Der Chor verkündet dabei ein geheimnisvolles Credo: „Als der Bodhisattva des Mitgefühls tief meditierte, erkannte er die Leerheit aller fünf Skandhas und durchtrennte die Fesseln, die ihm Leiden verursachen.“ So lässt sich der altindische Text übersetzen. Er drückt die Überzeugung aus, dass irdisches Leben Leiden bedeutet – und dass nur Buddhas Lehren Erlösung bringen.
Ein dramatisches Musikwerk als Guideline zum Seelenheil - soweit ähnelt Tan Duns „Buddha Passion“ christlichen Vorbildern. Allerdings steht hier nicht eine einzelne Gottheit im Zentrum – sondern die buddhistische Weltanschaung. Tan Dun Vermittelt sie metaphorisch an Hand von fünf Kurzgeschichten.

Reinkarnation als Buddha
Der erste Akt vertont die Verwandlung eines kleinen Prinzen in einen Buddha. Anfangs versprüht die Musik farbenfrohe Leichtigkeit: Der junge Prinz spielt mit Freunden. Doch versehentlich tötet er einen Vogel und ist darüber tief erschüttert.
Am Ende erkennt er, dass kein Tier – und sei es noch so klein – durch Menschenhand sterben darf. Digeridoo-artige Liegetöne im Chor symbolisieren seine Meditation, kurz bevor er als Buddha neu geboren wird.
Verwebung fernöstlicher und westlicher Traditionen
Das raffgierige Volk macht im zweiten Akt Jagd auf ein Fabelwesen – den „neunfarbigen Hirschen“. Wer sich an „Kreuzige“-Chöre christlicher Passionen erinnert fühlt, liegt nicht ganz falsch, denn hier wie dort steht die verkommene Menschenwelt einer unschuldigen Gottheit gegenüber.
Solchen tonmalerischen Elementen zeigen den geübten Filmmusik-Komponisten Tan Dun. Am spannendsten ist sein Werk, wenn fernöstliche und westliche Traditionen aufeinanderprallen – oder sogar miteinander verwoben werden.
Inspiration aus den Mogao-Grotten
Auf der Einspielung hat Batubagen den männlichen Gesangspart übernommen. Der Sänger stammt aus dem Autonomen Gebiet der Inneren Mongolei, wo sich uralte folkloristische Traditionen erhalten haben – etwa der Kehlkopfgesang. Batubagen begleitet sich dabei selbst mit einer Pferdekopfgeige.
Dieses Instrument, eine gambenartige zweisaitige Laute mit geschnitztem Pferdekopf, war auch auf den Wandmalereien der Mogao-Grotten zu sehen, die Tan Dun zu seinem Werk inspiriert haben.

Internationales Ensemble bringt den Buddhismus nahe
Die „Buddha Passion“ von Tan Dun ist ein gutes Werk, um auf niederschwellige Weise mit der buddhistischen Weltsicht vertraut zu werden. Die Texte stehen zwar in Sanskrit und Chinesisch, dennoch kann man auch als westlicher Zuhörer problemlos folgen, dank der tonmalerischen und plastischen Musik Tan Duns.
Interpretiert wird das Werk es auf dieser CD übrigens von einem internationalen Ensemble: Das französische Orchestre National de Lyon spielt mit der Chorakademie Lübeck, das Sängerensemble ist überwiegend chinesisch besetzt. Tan Duns Vision, „Brücken zwischen Ost und West“ zu bauen, ist mit der „Buddha Passion“ aufgegangen.
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