Musikstück der Woche

Das Freiburger Barockorchester spielt Vivaldis „Sommer“

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AUTOR/IN
Lara Fischer
ONLINEFASSUNG
Dominic Konrad

Der Sommer hat viele Gesichter. Und so viel sei schon einmal verraten: Um Freibadspaß und lauschige Abende im Garten geht es in Antonio Vivaldis „Sommer“ nicht. Das Freiburger Barockorchester präsentiert den Barockklassiker in seinem neuesten Studioprojekt „Vivaldi unter Sternen“.

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Zwei Seiten einer Medaille

In unseren Breitengraden ist der Sommer so etwas wie der Sonnyboy unter den Jahreszeiten. Die Sonne scheint und bringt unsere Glückshormone ordentlich in Schwung, das Eis schmeckt jetzt besonders gut, auf dem Grill brutzeln die Würstchen und man selbst brutzelt auf der Sonnenliege vor sich hin. Es gibt wahrlich Schlimmeres!

Der Sommer kann aber auch anders – und der menschengemachte Klimawandel verstärkt die Probleme: Dürre und ausgetrocknete Flüsse auf der einen, extreme Unwetter und Regenfälle auf der anderen Seite. Vorbei sind die Zeiten, als regenscheue Menschen das gute Wetter bedenkenlos begrüßen und Politikerinnen und Politiker das Thema bis zum nächsten Regen aussitzen konnten.

Von wegen Eis am Stiel

Vom Klimawandel wusste Antonio Vivaldi noch nichts. Und trotzdem klingt der Sommer aus seinen „Vier Jahreszeiten“ nicht nach Eis am Stiel. Stattdessen bringt Vivaldi zu Beginn seines Violinkonzerts in g-Moll die drückende Hitze zum Klingen: Das ist alles andere als übersprudelnde Lebensfreude. Das ist Musik gewordene Trägheit vom Feinsten. Ja keine unnötigen Bewegungen machen und immer wieder Pausen einlegen.

Diese Stimmung wird aber nicht nur musikalisch wiedergegeben. Vivaldi stellt dem Violinkonzert auch ein Sonett voran, das die Szenerie beschreibt. Und es beginnt folgendermaßen:

„In der harten Jahreszeit, bei gleißender Sonne
schmachten Menschen und Herde, und die Pinie verbrennt.“

Während sich Mensch und Musik nur schwerfällig voranschleppen, sorgen die Vögel für ein bisschen mehr Betriebsamkeit. Dafür schlüpft die Solovioline in unterschiedliche Federkleider. Zuerst tritt sie als Kuckuck auf. Ein wenig später gurrt die Turteltaube vom Baum herab. Und zu guter Letzt steigt der Stieglitz ins Gezwitscher ein.

Das erste der vier „Jahreszeiten“-Konzerte von Vivaldi

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Die Ruhe vor dem Sturm

So schön dieses Vogelkonzert auch ist, irgendetwas liegt hier in der Luft. Und tatsächlich: Es braut sich etwas zusammen.

„Der Zephir weht sanft, aber plötzlich
beginnt der Nordwind einen Streit mit seinem Nachbarn;
und der Hirte weint aus Furcht
vor dem aufziehenden heftigen Gewitter und um sein Schicksal.“

Bevor das Unwetter aber so richtig loslegt, gibt es eine kleine Verschnaufpause für den Hirten. Ihm fallen im zweiten Satz die Augen zu. Doch Ruhe kann er trotzdem nicht so recht finden. Immer wieder weckt ihn das ferne Donnergrollen aus seinem Schlaf.

Und dann, im dritten Satz des Violinkonzerts, ändert sich schließlich die musikalische Wetterlage: Ein ausgewachsenes Sommergewitter bricht los, mit allem Drum und Dran: mit Blitzen, die aus den bedrohlich grollenden Tremolo-Passagen herausbrechen, und mit Sturmböen, die über die Saiten der Instrumente jagen. So mitreißend kann ein musikalisches Donnerwetter sein!

Das Freiburger Barockorchester

Seit über 30 Jahren gibt es das Freiburger Barockorchester, Es gilt als eines der renommiertesten Ensembles für historisch informierte Aufführungspraxis. Zu seinem Kernrepertoire gehört die Musik des Barocks und der Klassik. Auf dem Programm stehen aber auch immer wieder Werke der Romantik.

Künstlerische Leiter des FBO sind Gottfried von der Goltz (Violine) und Kristian Bezuidenhout (Cembalo/Hammerklavier). In seinem neuesten Studioprojekt hat das FBO Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“ auch visuell reizvoll umgesetzt. Das Freiburger Planetarium lieferte die passende Kulisse dafür.

ARD Mediathek: Vivaldi unter Sternen - Die vier Jahreszeiten im Freiburger Planetarium

Musikthema Vivaldi, Händel, Strauss & Co.: Kühlende Klassik für den Sommer

Der Sommer in diesem Jahr ist geprägt durch Hitze und vor allem Dürre, auch in Deutschland. Diese Musik hilft beim Abkühlen und Entspannen und bietet einen Tango für den kühlen Abend.

SWR2 Treffpunkt Klassik SWR2

Kommentar Klimakonzerte: Nur mit der Pastorale lässt sich nichts bewirken

Seit ein paar Jahren veranstalten Orchester immer wieder „Klimakonzerte“ und spielen dabei häufig Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ oder Beethovens Pastorale. Soll das aufrütteln? Hannah Schmidt findet, es braucht mehr als die heile Welt zu zeigen. Zum Beispiel ein CO2-Maximum für die Kulturhäuser.

SWR2 Treffpunkt Klassik SWR2

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