Musikstück der Woche vom 20.01.2014

Ewiger Lichtquell

Stand
AUTOR/IN
Doris Blaich

Georg Friedrich Händel: Arie "Eternal source of light divine" aus der Ode for the Birthday of Queen Anne HWV 74

Der junge Händel war das, was man heute einen "Netzwerker" nennen würde. Wo er auch hinkam, er erkannte sofort und instinktiv, mit welchen Menschen es sich lohnte, Kontakte zu knüpfen und hatte keinerlei Berührungsängste gegenüber der Welt der Reichen und Einflussreichen.

Eine seiner ersten Kompositionen in englischer Sprache ist denn auch gleich der Königin zu ihrem Geburtstag gewidmet. Unsere Aufnahme stammt von der Karlsruher Händelfestspielen 2013. William Purefoy ist der Countertenor, Reinhold Friedrich der Trompeter, die Deutschen Händel-Solisten begleiten unter Holger Speck.

Geradezu magnetisch war die Anziehungskraft zwischen Händel und kunstinteressierten Gönner, die seine Gesellschaft schätzten, seinen Esprit und sein grandioses musikalisches Improvisationstalent und es als Ehre betrachteten, ihn als Gast zu beherbergen. Sie verschafften ihm Kompositionsaufträge und musikalische Auftritte und versorgten ihn mit Kost und Logis. Die sonst so mühsame Arbeit des Selbstmarketings ging bei Händel also fast von alleine.

Adresse: Burlington House, Piccadilly, London W1J 0BA

Händels erster wichtiger Mäzen in London war der junge Lord Burlington. Seit Januar 1713 wohnte er drei Jahre lang in dessen großzügigem Stadtpalais: Burlington House, direkt bei Piccadilly im Herzen von London. Heute ist darin die Königliche Kunstakademie untergebracht, nebenan, in der schicken Burlington Arcade, kann man sehr teuer shoppen.

Händels Biograph John Hawkins schildert: "Es stand Händel frei, den Eingebungen seines Genies und seiner Erfindungsgabe zu folgen. Häufig nahm er an abendlichen Konzerten teil, an denen vorwiegend seine Musik gespielt wurde.

Seine Studien betrieb er in regelmäßiger und immer gleicher Form: den Vormittag widmete er dem Studium, und abends speiste er mit den begabtesten und fähigsten Männern des Königreichs" – dazu gehörten Dichter und Maler, Architekten, Juristen und Ärzte – unter anderem Dr. Arbuthnot, der Leibarzt von Königin Anne, der Händels Netzwerk auf die Mitglieder des Königshauses ausdehnte.

Eine Ode für die Königin

Zum Geburtstag der Königin im Jahr 1713 schrieb Händel eine seiner ersten englischsprachigen Kompositionen: eine große höfische Ode mit Soli, Chor und Orchester. Bis dahin hatte er viel Erfahrung in der Vertonung von italienischen, deutschen und lateinischen Texten gesammelt. Die englische Sprache aber war für ihn völlig neu, und um die Betonungen und die Sprachmelodie gut und natürlich auf die Musik zu übertragen, musste er sich zuerst etwas fortbilden: Er studierte dafür ausgiebig die Partituren des großen Henry Purcell – der zwar schon fast zwanzig Jahren tot war, dessen Musik aber im damaligen England immer noch sehr lebendig war – das ist sie bis heute.

Händel wusste: wenn er sich an Purcell orientierte, konnte eigentlich nichts mehr schiefgehen. Und so wurde seine Geburtstagsode für Königin Anne eine Art Revival einer Purcell-Ode. Ganz typisch dafür ist die Kombination einer Singstimme mit einer solistischen Trompete und der Wechsel von Soloarien und stahlenden Jubelchören. Er hatte dafür die Sänger der königlichen Kapelle zur Verfügung, konnte also anspruchsvolle Solopartien schreiben und in den Chören etwas deutsche Fugentechnik unterbringen – was man sicherlich von ihm erwartete.

Schmeicheleien erwünscht!

Der Text des Dichters Ambrose Philips ist ein typisches barockes Fürstenlob im Schmeichelton: Er preist die friedensstiftenden Taten der Königin – kurz zuvor war mit dem Frieden von Utrecht der Spanische Erbfolgekrieg zu Ende gegangen – und ruft die gesamte Natur auf, die Königin und ihren Geburtstag zu bejubeln.

Die Eingangsarie "Eternal source of light devine" – unser Musikstück der Woche – richtet sich an die Sonne: mit ihren Strahlen, ihrem Licht und ihrer Wärme möge sie der Königin einen glanzvollen Geburtstag bescheren. Kunstvoll sind Altstimme und Trompete miteinander verflochten. Die Streicher grundieren den Dialog mit einem 'leuchtenden' Klangteppich aus lang ausgehaltenen Akkorden. Die Königin war erfreut über das musikalische Geschenk. Zur Belohnung erhielt Händel eine jährliche Pension von 200 Pfund.

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Doris Blaich