Pianistin Olga Scheps spielt Scooter

Klavier trifft Techno

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AUTOR/IN
Christiane Peterlein

CD-Tipp vom 2.1.2018

Olga Scheps spielt auf ihrem neuen Album Scooter. Und damit spielt sie eigentlich für zwei Gruppen von Musikfreunden. Auf der einen Seite sind da ihre bisherigen Hörer und Hörerinnen: Menschen, die gerne Klavier-Werke der Romantik hören, z.B. Olga Scheps Einspielung von Franz Schuberts Impromptus. Auf der anderen Seite will Olga Scheps ein Publikum erreichen, das seine musikalische Heimat im Techno gefunden hat: Fans der Kult-Band Scooter, die dieses Jahr ihr 25. Jubiläum feiert.

Scooter-Hörer und Schubert-Hörer. Wie kann man sie gemeinsam erreichen? Olga Scheps versucht eine Brücke zwischen diesen zwei Musikwelten zu schlagen. Auf ihrem neuen Album 100% Scooter spielt sie 11 Songs der Techno-Band, bearbeitet für Klavier vom Komponisten Sven Hellbig. Keine Überraschung: Das Album 100% Scooter besteht zu 100 % aus Musik, die leicht zugänglich ist. Und damit trifft Olga Scheps einen gemeinsamen Nenner von Techno-Jüngern und Romantik-Anhängern: Wer Scooter auflegt, will sofort los-tanzen. Und auch wer zu einer Schubert-Platte greift, weiß: Diese Musik spricht augenblicklich das Gefühl an. Eine Hör-Erwartung die die Scooter-Bearbeitungen ebenfalls erfüllen: Wenn Olga Scheps sie spielt, erinnern sie an kleine Charakterstückchen, die ihre Stimmung, ihre Gestik vom ersten Moment an offenbaren.

Olga Scheps lädt mit dieser Musik also erst einmal alle ein. Klassik-Freunde und Techno-Fans. Soweit so gut. Zugeständnisse müssen allerdings auch beide Gruppen machen: Zum einen die angestammten Scooter-Hörer: Sie könnten mit Olga Scheps betont lässigem Umgang mit dieser Musik etwas fremdeln. Denn wer Scooter hört, der möchte nicht nur eingeladen, sondern mitgerissen werden. Vom Original auf der Tanzfläche und auch im neuen Gewand auf dem Klavier. Olga Scheps interpretiert die Musik der Techno Urgesteine nun allerdings genauso, wie sie ihr romantisches Kern-Repertoire spielt: Virtuos, aber unaufgeregt und immer ein wenig verschmitzt.

Mit ihrer Coolness mag Olga Scheps der Scooter-Community vor den Kopf stoßen: Scooter klingt bei ihr einfach nicht wie Scooter. Sondern eher wie HP Baxters abgeklärter Cousin.
Aber auch ihren eigenen Fans dürfte es die Pianistin mit diesem Album nicht immer leicht machen: Denn Sven Helbis Bearbeitungen der Techno-Schlager sind zwar klangschön und stilistisch sehr abwechslungsreich…aber ihr Kern ist mager. Wer also musikalische Kost à la Chopin oder Schubert gewohnt ist, wird hier nicht satt.

Hungrige Schubert-Freunde und irritierte Scooter-Fans. Ja, die wird es geben nach diesem Album. Und solche Reaktionen kann man bereits auf verschiedenen Internetportalen lesen. Aber: Mit 100%-Scooter wird Olga Scheps trotzdem: Musikfreunde in beiden Gruppen erreichen. Und weit darüber hinaus. Hörer und Hörerinnen die zwischen intellektuell-nahrhaften Musik-Genüssen Appetit auf ein leichtes Dessert haben. Menschen mit ein bisschen Humor und solche, die sich an Klavier Musik erfreuen die exzellent gespielt ist und dabei so wunderbar leichtfüßig daherkommt.

Allen anderen sollte die Pianistin mit einem Schulterzucken begegnen. Wenn man als klassische Musikerin Techno spielt dann kann man eben nicht allen gefallen. Auch wenn man das so brillant und lässig macht wie Olga Scheps auf ihrer Scooter-Platte.

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Christiane Peterlein