Schon seit über zehn Jahren gibt es das Konzept der Kulturlotsen in Karlsruhe, doch jetzt wird es neu belebt. Dabei erhalten Kinder und Jugendliche zwischen sechs und sechzehn Jahren durch ehrenamtliche Kulturlotsen Einblicke in kultuelle Angebote. Nora Richter, Projektleiterin und seit kurzem selbst Kulturlotsin, berichtet Im Gespräch mit SWR2 vom Projekt.
Kulturinteressierte Erwachsene begleiten Kinder zu Veranstaltungen
Der deutsche Kulturbetrieb ist in seinem Angebot sehr stark auf Erwachsene ausgerichtet, für viele Kinder gibt es in ihrem Alltag oft nur wenige Berührungspunkte mit Museen, Theater oder klassischen Konzerten. Um gerade Kindern aus bildungsferneren Familien den Zugang zu Kulturveranstaltungen zu ermöglichen, hat die Stadt Karlsruhe ein bereits etabliertes Programm neu aufgelegt: die Kulturlotsen.
Kulturlotsen sind kulturinteressierte Erwachsene, erklärt Projektleiterin Nora Richter, die sich bereit erklären, ein Kind in regelmäßigen Abständen zu Ausflügen in die Kulturwelt zu begleiten und sich mit ihnen über das Erlebte auszutauschen.
Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen werden dabei von verschiedenen Einrichtungen für das Programm vorgeschlagen: etwa von Familienhelfer*innen oder Schulsozialarbeitenden. Auch Eltern können für ihre Kinder eine Bewerbung einreichen.
Fragen haben nicht nur die Kinder
Nora Richter ist nicht nur Leiterin, sie selbst ist auch seit einer Woche Lotsin, verrät sie im Gespräch. Ihre elfjährige Tandempartnerin habe sie vor einer Woche zum ersten Mal getroffen und nun schauen sie gemeinsam, wo ihre Interessen liegen: „Wir machen jetzt einfach verschiedene Sachen“, erklärt Richter, „dann wird sie vielleicht mit der Zeit wissen, was ihr gefällt.“
Fragen haben beim Projekt aber nicht nur die Kinder: Auch den Erwachsenen falle es teilweise schwer, klar abzugrenzen, was noch unter den Sammelbegriff „Kultur“ falle, beispielsweise bei einem Besuch im Naturschutz-Zentrum.
Wer kann Kulturlotse werden?
Wer Kulturlotse werden möchte, sollte vor allem Interesse an Kultur haben und daran, Zeit mit Kindern zu verbringen. Das müsse man sich auch zutrauen, sagt Richter, denn die Kinder kommen nicht immer aus einfachen Verhältnissen. Teilweise sind sie etwa stationär im Heim untergebracht.
Das Kulturprogramm sollte vor allem auch kindgerecht sein, empfiehlt die Projektleiterin. Eine vierstündige Wagner-Oper, bei der man keine Zwischenfragen stellen könne, wäre nicht empfehlenswert. Hierfür erstellt sie einen monatlichen Kulturkalender mit kindgerechten Veranstaltungen und Angeboten.
Kulturlotsinnen und -lotsen sollten sich auf jeden Fall zwei Jahre für das Projekt Zeit nehmen und zwei bis drei Stunden pro Monat als gemeinsame Zeit mit dem Kind einplanen. Ziel wäre es, gemeinsam acht und zwölf Veranstaltungen pro Jahr zu besuchen.
Das Projekt bedeute schon Aufwand, aber es biete auch die große Chance, dass man Einblick bekommt in eine andere Welt: „Was ja auch sehr spannend ist“, so Richter, „dass man zwar das gleiche Stück anschaut, aber die Wahrnehmung ist eine andere.“ Sich darüber auszutauschen, finde sie extrem interessant.
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