Instrument des Jahres 2024

Frauen in der Tuba-Welt: „Wenn man gut ist, dann hat man seine Chance“

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Elisabeth Hahn
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Dominic Konrad

Über die Tuba gibt es nicht nur zahlreiche Musikerwitze und Klischees, auch das klassische Bild, wie ein Tubaspieler aussieht, existiert nach wie vor. Die Betonung liegt auf Spieler, denn Frauen an der Tuba sieht man bis heute nicht so oft. Doch das ändert sich langsam, findet Tubistin Carola Beukenbusch.

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Bis heute sind Frauen an der Tuba etwas Besonderes

Carola Beukenbusch ist seit 25 Jahren im Musikgeschäft. Ihre Entscheidung, professionelle Tubistin zu werden, hat sie nie bereut. Als freischaffende Tuba-Spielerin spielt Beukenbusch im Orchester und in mehreren Ensembles. Mit ihrem Instrument ist sie international unterwegs.

Es gibt eigentlich keine männlichen oder weiblichen Instrumente. Es ist immer eine Frage dessen, wofür das Herz brennt. Und meins brennt halt für die Tuba!

Der Klang der Tuba ist Carola Beukenbusch schon als Kind vertraut, denn ihr Vater spielt das tiefe Blech. Mit 18 Jahren sattelt sie vom Klavier auf die Tuba um. Und die will sie auch an der Folkwang Universität in Essen studieren. 

„Mir ist dann erst im Studium bewusst geworden, dass das offensichtlich was Besonderes ist, als Frau Tuba zu spielen“, erinnert sich Beukenbusch,  „Und da kam es dann natürlich auch mal zu der einen oder anderen lustigen Situation, dass ich zum Beispiel bei einem Probespiel für die Klavierbegleitung gehalten wurde oder gefragt wurde, wessen Instrument ich da mitbringe.“

Blöde Blicke im Meisterkurs

Beukenbuschs Wunsch, mit dem Tuba spielen irgendwann Geld zu verdienen, wird nicht von allen ernst genommen. Ein Lehrberuf sei doch viel vernünftiger, so der gut gemeinte Rat. Sie erinnert sich: „Ich will nicht lügen. Ab und an habe ich schon eine Faust in der Tasche gemacht oder in den ein oder anderen Klos geschluckt oder ein Tränchen verdrückt.“

Von 1997 bis 2005 studiert Beukenbusch in Essen und wird dort regelmäßig als Exotin wahrgenommen. Wenn sie zu einem Meisterkurs kommt, sitzt sie zwischen vierzig jungen Männern. Dass sie das auch könne, habe sie da gedacht: „Und im Nachhinein musste ich da sehr drüber schmunzeln und damals habe ich mir nur gedacht: Ja, was haben die eigentlich? Was denken die? Warum soll ich das nicht können? Aber es war halt doch was Außergewöhnliches.“

Frau an der Tuba (1928) (Foto: IMAGO, IMAGO / glasshouseimages)
Ist die Tuba zu schwer für Frauen? Bei Kleinkindern in der selben Gewichtsklasse stellt man sich die Frage eher nicht.

Hindert das Gewicht der Tuba Frauen am Spielen?

Vorbehalte zu Frauen an der Tuba beziehen sich vor allem auf physische Eigenschaften, denn:

  1. mit 10 - 15 Kilogramm ist die Tuba zwar schwerer als ein Kontrabass, wiegt damit aber etwa so viel wie ein 2- bis 3-jähriges Kleinkind. Argumente gegen das Tragen von Kindern hören Frauen kaum.
  2. Das Lungenvolumen ist bei Frauen tatsächlich kleiner als bei Männern. Trotzdem ist kein Grund, als Frau die Finger von der Tuba zu lassen. 

Das sieht auch Carola Beukenbusch so: „Man denkt, allgemein, dass man ein riesengroßer Mensch sein muss mit einem Lungenvolumen von 7 Liter und mehr, um was zustande zu bekommen. Im Grunde ist es aber gar nicht so schwer, weil was man an Lungenvolumen nicht hat, kann man sehr gut mit Technik kompensieren.“

Mädchen greifen lieber zu kleineren Blechbläsern (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / Loop Images | Highwaystarz)
Mädchen greifen eher zu handlicheren Blechblasinstrumenten, auch weil man ihnen die schwerere Tuba häufig nicht zutraut. Dabei spielt das Geschlecht beim Intrumentenlernen heute gar keine Rolle mehr.

Ernüchterung bei Berufsorchestern, Chancen in der freien Szene

Seit ihrer Studienzeit sei die Zahl der Tubistinnen deutlich gestiegen, beobachtet Beukenbusch. Die Bilanz der 129 öffentlich finanzierten Berufsorchester ist hingegen ernüchternd. Laut einer Erhebung des Musikinformationszentrums von 2021 sind von 105 festen Tuba-Stellen nur 2 von Frauen besetzt. Der männliche Anteil liegt also bei 98,1 Prozent, so hoch wie in keiner anderen Stimmgruppe.

Das liegt wohl auch daran, dass die wenigen Tubastellen im Orchester unbefristet sind. Freie Stellen gibt es nur selten. Bis sich hier der Frauenanteil spürbar erhöht, wird es also noch eine Weile dauern.

In der freien Szene sieht die Situation schon anders aus, sagt Carola Beukenbusch: „Im Grunde genommen ist es heutzutage egal, ob man Frau ist oder Mann ist und Tuba spielt. Wenn man gut ist, dann hat man seine Chance. Das ist sehr schön, denn das war damals leider ganz anders.“

Frau auf der Musikmesse FrankfurtMain zwischen verschiedenen Tuben (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture-alliance / dpa/dpaweb | Frank May)
In der freien Szene haben Frauen an der Tuba gute Chancen. „Im Grunde genommen heutzutage ist es egal, ob man Frau ist oder Mann ist und Tuba spielt“, meint die Expertin.

Das Geschlecht spielt bei der Instrumentenwahl keine Rolle mehr

Carola Beukenbusch spielte im Kölner Damen-Salon-Orchester „Die Madämchen“ und in der internationalen Formation „Women in Brass“. 2015 gründete sie mit 5 Musikerinnen die Band  „Cherry on the Cake“.

Als Tubalehrerin unterrichtet sie momentan fast nur Mädchen  – das Geschlecht spiele bei der Instrumentenwahl keine Rolle mehr. Vielleicht auch, weil Beukenbusch mit gutem Beispiel vorangeht. Interessierte Mädchen sollen keine Scheu haben: „Wenn ihr das wollt und wenn ihr wirklich Spaß daran habt und Talent und Ausdauer und auch viel Mut mitbringt, dann tut es!“, ermutigt die Profi-Tubistin.

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