Album-Tipp

Eine Sensation: Ewa Poblockas wundersamer Bach

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AUTOR/IN
Eleonore Büning
Eleonore Büning
ONLINEFASSUNG
Sebastian Kiefl
KÜNSTLER/IN
Ewa Poblocka

Bachs Wohltemperiertes Klavier als Altes Testament der Klaviermusik? Dieses Zitat muss eingeordnet werden, das Klavierspiel der polnischen Pianistin Ewa Poblocka dagegen steht für sich.

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Der heilige und poetische Bach

„Das Wohltemperierte Clavier ist das Alte Testament der Klavierspieler, daran müssen wir glauben.“  So hat es der große Pianist und Dirigent Hans von Bülow gesagt. Ein geflügeltes Wort wurde daraus, Heerscharen von Klavierschülern wurden damit schon traktiert.

Dabei ist das Zitat gekürzt und entstellt. Vollständig geht es so: „Bach ist der Tripel-Extrakt der Musik. Wenn alle Meisterwerke der Musik verloren gingen, und das Wohltemperierte Klavier bliebe uns erhalten, so könnte man daraus die ganze Literatur wieder neu konstruieren. Das Wohltemperierte Klavier ist das alte Testament, die Beethovenschen Sonaten sind das neue. An beide müssen wir glauben.“

Es ging Hans von Bülow, dem alten Romantiker, eben nicht nur um die Heiligsprechung Bachs oder um das Klavierspiel, sondern um die Poesie des musikalischen Denkens.

Auszug aus dem Album: J. S. Bachs Präludium Nr. 6 in d-Moll, BWV 875

Neue Referenzaufnahme

Dieses Album ist beim Label NIFC vom Chopin-Institut, Warschau erschienen. Und es ist eine Sensation. Die polnische Konzertpianistin Ewa Poblocka, sechsundsechzig Jahre jung und hierzulande kaum dem Namen nach bekannt, hat eine neue Referenzaufnahme dieses Bach-Kompendiums vorgelegt. Ein glockenreiner Anschlag, ein Legato, das nie abreißt. Hier wird jede Phrase und jeder Ton zum Ereignis.

Zu diesem zweiten Buch, zwanzig Jahre nach dem ersten entstanden, gibt es kein Autograph, nur Kopien. Bach hat ein zweites Mal paarweise Präludien mit Fugen kombiniert, aufsteigend durch alle Moll- und Dur-Tonarten.

Präludium Nr. 2 in c-Moll (BWV 847) aus dem vorherigen Album: Das Wohltemperierte Klavier I (2019)

Gesanglichkeit Barenboims und Kontrastdramaturgie Goulds

Jedes der 48 Stücke hat seine eigne stilistische Physiognomie, teils wild und sanft, teils tänzerisch, streng, galant. Und dieser Charakter wird von der Poblocka jeweils klar herausgearbeitet und mit Poesie und Leben erfüllt.

Ewa Poblockas Bach-Interpretation erinnert an die „neue Sachlichkeit“ eines Claudio Arrau. Aber auch an die „Gesanglichkeit“ eines Barenboim. Selbst die subjektive Kontrastdramaturgie eines Glenn Gould geht darin auf.

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