Porträt

Der Komponist Thomas Larcher: Die Berge als Inspirationsquelle

Stand
AUTOR/IN
Bernhard Doppler
KÜNSTLER/IN
Thomas Larcher

„The Living Mountain“ heißt eine neuerschienene Einspielung des tiroler Komponisten Thomas Larcher. Es handelt sich dabei um Musikstücke für Kammerorchester und Sopran nach dem Buch „The Living Mountain“ der schottischen Schriftstellerin Nan Sheperd.

Audio herunterladen (13,3 MB | MP3)

Keine Landschaftsbeschreibung

Living Mountain – wie bringt Musik Leben in ein totes Gestein? Thomas Larcher – aufgewachsen und immer wieder zurückgekehrt in die heimatlichen Tiroler Berge – steigt und klettert auch weiterhin gerne hoch hinauf, doch als Landschaftsbeschreibungen versteht er seine Kompositionen nicht.

„Mir ist das sehr vertraut und desto vertrauter es wird, desto eigenartiger und fremder werden auch diese Berge und diese sogenannte Natur. [...] Man kann natürlich die ganz Welt durch das Brennglas der Berge [...] betrachten, auf der anderen Seite merke ich [...] dass ich immer rebelliere dagegen, so als Bergkomponist, als Naturkomponist als einer der in den Bergen sitzt und beim Fenster hinausschaut, [...] das wehrt sich instinktiv was dagegen bei mir.“

Inspiration aus Nan Sheperds „The Living Mountain“

„Am Septembermorgen atme ich kaum – ich bin ein Bild in einer Glaskugel. Die Welt ist freischwebend, und ich in ihr“. Ein Zitat aus Nan Sheperds Buch aus dem Jahre 1942, Larcher fasziniert dieses Buch – vor allem, weil die schottische Schriftstellerin einen Weg zeigt, über Natur und damit über sich selbst ins Gespräch zu kommen.

Geplant war „The Living Mountain“ nicht für die Berge, sondern für Amsterdam. Thomas Larcher war 2020 Composer in Residence im Concertgebouw Orchester Corona verhinderte jedoch diese Uraufführung.

0,5 Meter bis zum Klang

International und doch gleichzeitig regional verwurzelt: Das galt schon für das vor 30 Jahren von Thomas Larcher gegründete Festival Klangspuren. Das brachte von Anfang an die heimische und die europäische Szene neuer Musik wie selbstverständliche miteinander ins Gespräch.

Larcher hat jedoch inzwischen ein neues Festival gegründet, im Mai 2023 gab es die Erstausgabe von „listening closley“. In intimen Räumen, im ehemaligen Festsaal eines Dorfwirtshauses zum Beispiel, bietet es eine Plattform, um neue intensive Hörerfahrungen zu machen.

„Ich als früherer Pianist will Musik immer so hören, wie ich sie gehört habe, als ich direkt vor dem Resonanzkörper der Klaviers gesessen bin im Abstand von einem halben Meter war der Klang.“

Musik und Text statt Bild und Text

In „The Living Mountain“ setzt man sich immer wieder überraschenden, ja existentiellen Hörerfahrungen aus. Den Texten aus Sheperds Buch folgen noch zwei weitere Werke Larchers: darunter Lieder für Bariton, auf Prosaminiaturen von W.G.Sebald.

Es sind rätselhafte Texte, die nach Sebalds Tod in einem Buch mit „Augenlandschaften“ des Malers Jan Peter Tripp erschienen sind. Statt Bild und Text nun, bei Thomas Larcher, Musik und Text.

Mit großer Eindringlichkeit weiß sie der Bariton Andrè Schuen vorzuführen. Beschworen wird etwa ein polnischen Mechaniker, der dem Sänger mitten im Schlaf einen neuen perfekt funktionierenden Kopf macht allen Bergen weit enthoben.

Stand
AUTOR/IN
Bernhard Doppler
KÜNSTLER/IN
Thomas Larcher