Aktivist von Extinct Rebellion bei einem Konzert in Turin (2022) (Foto: IMAGO, IMAGO / UIG)

Klima und Pop

„No Music on a Dead Planet“ – Wie klimafreundlich ist die Popindustrie?

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AUTOR/IN
Vanessa Wohlrath
ONLINEFASSUNG
Dominic Konrad

Was bei Fridays for Future lautstark gefordert wird, geht auch an der aktuellen Popmusik nicht vorbei. „No Music on a Dead Planet“ – keine Musik auf einem toten Planeten – findet nicht nur Billie Eilish. Die Musikbranche ruft den Klima-Notstand aus. Auch etablierte Gruppen wie die Deutschrapper von Deichkind fordern ein Umdenken in Sachen Umweltbewusstsein und Ressourcenschonung.

Auf der Suche nach mitreißenden Klimaschutz-Hymnen

Geht die Klimakrise am Pop vorbei? Gibt es Klimaschutz-Hymnen, die nicht nur mahnen, sondern auch mitreißen? Die Band Deichkind ist bekannt für ihre fetten Shows, „Remmidemmi“ zieht bis heute zahlreiche Fans in die großen Hallen Deutschlands. Doch neben Party und Eskalation wird bei den Hamburgern auch auf die aktuelle gesellschaftspolitische Lage geschaut.

Auf Deichkinds aktuellem Album „Neues vom Dauerzustand“ (2023) geht es mitunter um das große Thema „Mensch und Natur“. Um die Sehnsucht nach dem „Natürlichen“ und Ursprünglichen – fernab von allen Krisen. Eine verklärte und romantische Idee, die sich beispielsweise im Song „In der Natur“ widerspiegelt:

Dass Musikerinnen und Musiker in Sachen Klima Stellung beziehen, finden Deichkind sehr wichtig. Niemand könne sich aus der Verantwortung stehlen, so Deichkind-Geschäftsführer Henning Besser aka DJ Phono.

Wir Musiker*innen haben eine gewisse Reichweite und damit geht auch Verantwortung einher. Als Branche könnten wir viel mehr bewegen als wir aktuell tun.

Die Band Deichkind bei einer Fridays-for-Future-Demo zum globalen Klima Aktionstag 2019 (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa | Daniel Reinhardt)
Musiker mit Herz fürs Klima: Die Band Deichkind bei einer Fridays-for-Future-Demo zum globalen Klima Aktionstag 2019.

Beim Touren per App Emissionen sparen

Die Stadien füllenden Shows von Deichkind sind natürlich mit hohen CO2-Emissionen verbunden, von der Anreise bis hin zur Müllbeseitigung. Klimaschutz ist bei der Band aber seit einiger Zeit stärker in den Fokus gerückt. Um ihre Touren so nachhaltig wie möglich zu planen, haben Deichkind sogar eine eigene Software entwickelt, die bei der Routenoptimierung unterstützt. So können am Ende unnötige Kilometer und dadurch auch Kraftstoff gespart werden. Zusätzlich investiert die Band in CO2-Kompensations-Projekte.

All das könnte schon längst Standard in der Musikbranche sein – ist es aber noch nicht. Für Software-Entwicklung und optimale Tourplanung fehlt gerade kleineren Bands oft das Geld und die nötige Unterstützung.

Henning Besser sieht darin ein strukturelles Problem: „Schon in der Pandemie haben wir bemerkt, dass es so etwas wie einen Lobby-Verband, der uns in politischen Interessen vertreten kann, nicht wirklich gibt. Und diese gleiche fehlende Vernetzung ist jetzt natürlich auch ein Nachteil bei Klima-Herausforderungen.“

Klimabewusst im Musikbusiness: Die Newcomer Endless Wellness

Auch die Band Endless Wellnes aus Wien macht sich Gedanken über ihren ökologischen Fußabdruck. Ihre Schallplatten lassen die Newcomer beispielsweise aus recycelten Vinyl herstellen. Getourt wurde auch schon mit der Bahn. Schließlich stehen Endless Wellness – genauso wie Deichkind, die in viel größeren Dimensionen arbeiten – vor ähnlichen Fragen: Wo bekommt man Unterstützung, wie schafft man auch ein Bewusstsein bei den Fans?

In ihren Songs verarbeiten Endless Wellness die Klimakatastrophe sehr konkret. Das Lied „Danke für Alles“ von ihrem Debütalbum „Was für ein Glück“ richtet sich an die vorangegangenen Generationen und klagt an. Es geht um Waldbrände, um Eisbären, die ihren natürlichen Lebensraum verlieren. Gleichzeitig verkörpert der Song eine Ohnmacht, die viele Millennials in Bezug auf die Klimakrise spüren.

Ich glaub schon auch, dass Menschen, die behaupten, sie müssten sich nicht mit der Klimakatastrophe auseinandersetzen, nicht wissen, was in der Welt passiert. Ich glaube, es gibt keinen Weg mehr, sich nicht damit auseinandersetzen zu müssen.

Milena Klien, Hjörtur Hjörleifsson und Philipp Auer von Endless Wellness (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com | GEORG HOCHMUTH)
Diese Newcomer setzen bei ihrer Musik auf verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen: Milena Klien, Hjörtur Hjörleifsson und Philipp Auer von Endless Wellness

Im Pop geschieht längst nicht genug für den Klimaschutz

Klar ist: Das, was gerade im Popgeschäft fürs Klima getan wird, ist noch längst nicht genug. Zwar ist Umweltbewusstsein mit Initiativen wie „Music Declares Emergency“ in der Branche angekommen, viele Bands und Solokünstler, Plattenlabels und Booking-Agenturen kämpfen sich aber weiterhin allein an Klimathemen ab.

Hier gilt es, kollektiv vorzugehen. Denn nur, wenn sich die einzelnen Akteure im Musikgeschäft zusammentun, kann sich auch etwas an der Branche verändern.

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