Led Zeppelin (Foto: IMAGO, imago/ZUMA Press)

Rock

Led Zeppelin – IV: Wie ein Album ohne Namen Geschichte schrieb

Stand
AUTOR/IN
Samira Straub

Ein Album ohne Titel und mit kryptischen Zeichen anstelle eines Bandnamens: Das namenlose vierte Studioalbum von Led Zeppelin, bekannt als „IV“, „Zosa“ oder „Four Symbols“ ist mit seinem richtungsweisenden Sound, der mystischen Symbolik und dem legendären Song „Stairway to heaven“ das Opus Magnum der vielseitigen britischen Rockband. Vor 50 Jahren, am 8.11.1971, erschien das Album.

Led Zeppelin und ihr „namenloses“ Album IV (Foto: IMAGO, imago images/ZUMA Press)
Drummer John Bonham, Bassist John Paul Jones, Sänger Robert Plant und Gitarrist Jimmy Page gründeten 1969 Led Zeppelin und wurden damit zu Pionieren des Hard Rocks, die weltweit über 300 Millionen Platten verkaufen sollten. Ihr viertes Studioalbum gilt als ihr Opus Magnum.

Die frühen 70er Jahre: Die Beatles sind aufgelöst, die Rolling Stones den Drogen verfallen, der freie Geist von Woodstock ist passé und der Spirit des Rock'n'Roll riecht mittlerweile stark nach Kommerz. Led Zeppelin schaffen es schnell, diese klaffende Lücke mit ihrem schweren, brachialen Sound zu füllen. Sie vereinigen Rock'n'Roll und Blues, nehmen immer wieder Anleihen bei psychedelischer Musik und werden in kürzester Zeit neben Black Sabbath und Deep Purple zu Protagonisten des neuen Genres Hard Rock – und später zu Wegbereitern des Heavy Metal.

Auch wenn Led Zeppelin von Anfang an mit ihren Studioalben große kommerzielle Erfolge erreichten und Konzerthallen rund um den Globus füllten, ist es bis heute das vierte Studioalbum der Band, das als richtungsweisender Meilenstein gilt.

Led Zeppelin und ihr „namenloses“ Album IV: Frontmann Robert Plant (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / Avalon/Retna)
Sänger und Frontmann Robert Plant war nicht nur wegen seines androgynen Kleidungsstils Vorbild für die spätere Glamrock-Szene, sondern auch gesanglich: Seine hohe, charakteristische Stimme deckt ein weites Spektrum ab, das von sanft und einfühlsam bis kantig und hart reicht.

Ein namenloses Album, auf dessen Cover nicht einmal der Bandname zu lesen ist

Led Zeppelin waren 1971 müde vom Hype um sich selbst. Trotz unkonventionellem Soundgerüst, erfolgreichen Touren auf der ganzen Welt und sagenumwobenen Bühnenshows waren die Briten um Frontmann Robert Plant nicht wirklich Lieblinge der Musikkritik. Ihr drittes Album „Led Zeppelin III“ wurde eher verhalten besprochen, stattdessen standen Erzählungen rund um zerstörte Hotelzimmer, Groupie-Affären und Starallüren der mittlerweile berühmten Bandmitglieder im Mittelpunkt des Diskurses.

Bei ihrer vierten Studioplatte wollten Led Zeppelin es anders machen, als Band mehr in den Hintergrund rücken und lediglich die Musik für sich sprechen lassen. Das Album erschien ohne offiziellen Titel und ohne Bandnamen auf dem Cover – nur vier kryptische Symbole im Booklet wiesen auf die vier Bandmitglieder hin. Jimmy Page kam die Idee zum Anti-Marketing nach der Veröffentlichung des dritten Albums. Er wollte sehen, ob sich ein Album auch ohne Namen und nur wegen guter Musik verkaufen würde – ein gewagtes Experiment, aus dem eines der erfolgreichsten Alben aller Zeiten wurde.

Wie ein Armenhaus in Hampshire die Aufnahme des Albums prägte

Wie schon bei vorherigen Alben wurde auch „IV“ an mehreren Orten aufgenommen. Neben den Island Studios in London nahmen Led Zeppelin auch im fahrenden Studio der Rolling Stones auf. Rolling Stones-Gründungsmitglied Ian Stewart ist deshalb auch auf drei Tracks des Albums zu hören. Zentraler Aufnahmeort des Albums war „Headly Grange“, ein ehemaliges Armenhaus, das angeblich von Geistern heimgesucht wurde und in dem auch Bands wie Fleetwood Mac oder Genesis Aufnahmen machten.

Headly Grange ist essenziell verantwortlich für den halllastigen Drumsound auf „IV“, der durch architektonische Gegebenheiten im Haus entstand. Anstatt diesen Sound beim Abmischen zu korrigieren, entschied sich die Band um Drummer John Bonham dazu, noch mehr Effekt daraufzulegen – der charakteristische Sound war gefunden und die Band war begeistert vom ausgeglichenen Klang des Hauses.

And when John Bonham went out to play the kit in the hall, I went „Oh, wait a minute, we gotta do this!“

Auch beim Gitarrensound spielte der Zufall eine entscheidende Rolle: Jimmy Page hatte im Verlauf der Aufnahmen zahlreiche Gitarrensounds als Testläufe eingespielt, die im Normalfall im finalen Mix weggeschnitten werden. Doch weil sie Page gut gefielen, wurden sie zum Intro des Openers „Black Dog“.

Tolkien und satanische Botschaften

Inhaltlich bietet das Album ein buntes Potpourri an Themen: Da wären zum einen Referenzen zur Götterwelt, die bereits in den mystischen Symbolen angedeutet werden und in „Stairway to Heaven“, einer Ballade über die Suche nach spiritueller Perfektion, gipfeln. Auch Fantasy wird referenziert: Gleich zwei Songs des Albums, „Misty Mountain Hop“ und „The Battle of Evermore“ handeln von J.R.R. Tolkiens Saga „Herr der Ringe“.

Der Song „Rock'n'Roll“ dagegen verkörpert wie kaum ein anderer das Zusammen- oder viel mehr Gegenspiel der beiden zentralen Figuren bei Led Zeppelin: Jimmy Page, mit seiner bekannten Liebe zum Okkultismus und seinem wallend-schwarzen Haar, liefert die wütenden Riffs, während der engelsgelockte Robert Plant mit seiner hohen Stimme die Lyrics dazu singt. Eines der ikonischsten Duos der Musikgeschichte.

Ein Mythos, der sich hartnäckig hält, rankt sich um die achtminütige Ballade „Stairway to Heaven“: Wegen Jimmy Pages Vorliebe zum Okkulten, der geheimnisvollen Aufmachung des Albums und den mystischen Symbolen geht eine Verschwörungstheorie bis heute davon aus, dass sich hinter „Stairway to Heaven“ eine satanische Botschaft verbirgt. Diese kann man allerdings nur dann "hören", wenn der Refrain rückwärts abgespielt wird. Die Band winkt bis heute ab – sie hätten zwar häufig mit rückwärts abgespielten Elementen gearbeitet, dies sei jedoch ein rein künstlerisches Stilmittel gewesen, satanische Botschaften gäbe es nicht.

„Stairway to Heaven“ wurde niemals als Single veröffentlicht

Aus heutiger Sicht kaum vorstellbar: Die achtminütige Rockballade „Stairway to heaven“ wurde niemals als Single veröffentlicht. Led Zeppelin standen der Veröffentlichung von Singles generell kritisch gegenüber: Robert Plant war der festen Meinung, dass nur ein Album die Leistung einer Band zu einem bestimmten Zeitpunkt einfangen und festhalten könne. Diese Haltung ist verantwortlich dafür, dass bis zur Veröffentlichung von „Whole lotta love“ im Jahr 1997 keine einzige Led Zeppelin Single in Großbritannien erschien.

Die Bandgeschichte Led Zeppelins fand 1980 ein jähes Ende, als Schlagzeuger John Bonham im Haus von Jimmy Page verstarb. Der Grund: zu viel Alkohol.

Fünf Alben, elf Jahre und unzählige Welttourneen reichten jedoch aus, um Led Zeppelin zu Legenden der Rockgeschichte werden zu lassen. Heute wird die Band oftmals auf „Stairway to Heaven“ reduziert. Doch es ist vor allem der Gesamtkontext des vierten Studioalbums, der die konzeptionalisierte Genialität der Band erst vollumfänglich erahnen lässt.

Led Zeppelin und ihr „namenloses“ Album IV: Drummer John Bonham (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / Avalon/Retna)
Shuffle-Groove, Bassdrum-Triolen oder ausgedehnte Schlagzeug-Soli, im Zweifel auch mit den blanken Händen: John Bonham, der auf der Rolling Stone Liste der besten Schlagzeuger aller Zeiten Platz eins belegt, diente als Inspiration für Schlagzeuger wie Phil Collins oder Mike Portnoy.

Erklär mir Pop Led Zeppelin, „Immigrant Song"

Der Song wurde 1970 auf dem Album Led Zeppelin III veröffentlicht. Mit 300 Millionen Tonträgern gilt die britische Band als Wegbereiter des Metal Rock. Der „Immigrant Song" zeichnet sich besonders durch ein von der gesamten Band gespieltes, sich stetig wiederholendes Motiv aus, das neben Robert Plants Gesang den Song charakterisiert.

SWR2 am Samstagnachmittag SWR2

Stand
AUTOR/IN
Samira Straub