Längst nicht nur für Fans des Vereins

Fußball-Serie „Gute Freunde“ von David Dietl: Der Aufstieg des FC Bayern

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Karsten Umlauf

Regisseur David Dietl entführt den Zuschauer in die 1960er-Jahre, zu den Anfängen des FC Bayern und in eine noch heile Fußballwelt. Im Mittelpunkt der Serie stehen damals unbekannte Spieler wie Franz Beckenbauer oder Gerd Müller, die „die Bayern“ zu europäischer Spitzenklasse führen und dem Verein Schritt für Schritt seine Seele verleihen. Eine gelungene Serie mit viel Retro-Charme, die längst nicht nur für Bayern-Fans sehenswert ist.

Elf Freunde sind eine Fußballmannschaft

Gute Freunde, am liebsten „Elf Freunde müsst ihr sein“ – so lautete der Spruch im Sockel des alten Meisterpokals, den sich Samy Drechsel für sein berühmtes Jugendbuch geborgt hat.

Und an die Idee von elf Freunden in einer Fußballmannschaft glauben auch Mitte der 60er Jahre die Arbeiterkinder Sepp Maier, Franz Beckenbauer oder Gerd Müller, der vor allem zu den Bayern geholt wird, um den „Blauen“, den Konkurrenten von 1860 München, eins auszuwischen.

Filmstill
Im Sommer 1965 gelingt dem FC Bayern der Aufstieg in die Bundesliga. Mit einer Mannschaft, die aus dem Nichts kam, und deren prominenteste Spieler heute untrennbar mit dem Verein und dem Fußball verbunden sind: Gerd Müller (Markus Krojer), ein Schweißer aus Nördlingen, der zum erfolgreichsten deutschen Torschützen aller Zeiten wurde. Bild in Detailansicht öffnen
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Sepp Maier, ein Mittelstürmer aus einem kleinen Vorort Münchens, der sich zum Weltmeister-Torwart entwickelte. Trainer Tschick Cajkovski (Sascha Gersak, l.), Sepp Maier (Paul Wellenhof) Bild in Detailansicht öffnen
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Franz Beckenbauer (Moritz Lehmann, M.), ein junger Typ aus dem Arbeiterviertel Giesing, der zum "Kaiser" avancierte. Bild in Detailansicht öffnen
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Paul Breitner (Jan-David Bürger), ein streitbarer junger Mann aus Oberbayern, fordert die bestehenden Verhältnisse heraus. Und Uli Hoeneß (Max Hubacher, l.), der Sohn einer Ulmer Metzger-Familie, prägte den Verein nicht nur mit seinem fußballerischen, sondern auch mit seinem geschäftlichen Instinkt. Bild in Detailansicht öffnen
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Die Geschichte beginnt in einer Zeit, in der selbst Fußballer in den oberen Ligen Zweitjobs annehmen mussten, um über die Runden zu kommen. Bild in Detailansicht öffnen
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Und sie endet im WM-Jahr 1974, in dem sich der Fußball etabliert hat und seine Spitzenspieler Geld und Ansehen verdienten, wie es wenige Jahre zuvor undenkbar war. Der Franz, der kann’s – immer mit der attraktiven und Klatschblatt-kompatiblen Ehefrau Brigitte an seiner Seite. V.l.: Brigitte Beckenbauer (Leonie Brill), Franz Beckenbauer (Moritz Lehmann), Robert Schwan (Maximillian Brückner) Bild in Detailansicht öffnen
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Maier kauft sich als erstes ein schnelles Auto, obwohl er weiß, dass seine Frau Agnes das für verschwenderisch halten wird. Mit seiner grundpositiven Lebenseinstellung meistert er die Dinge mit einer gewissen Leichtigkeit. Und wirkt dabei immer als das vermittelnde Bindeglied zwischen den Mannschaftskameraden. Agnes Maier (Stella Goritzki), Sepp Maier (Paul Wellenhof) Bild in Detailansicht öffnen
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Wie jedes Nachkriegskind ist auch für Gerd Müller der finanzielle Aspekt enorm wichtig, doch dazu muss er sich als Werbefigur inszenieren lassen – und das fällt ihm schwer. Er gibt Interviews, auch auf Anraten seiner Frau Uschi, der der Rummel um Beckenbauer ein Dorn im Auge ist, er singt Schlager ein – aber am liebsten ist er doch zuhause und schaut Western im Fernsehen. Gerd Müller (Markus Krojer), Uschi Müller (Trixi Strobel) Bild in Detailansicht öffnen
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Aus der Truppe der Freunde wird eine Zweckgemeinschaft. Bis Breitner (Jan-David Bürger) es zu weit treibt und die Geschäftsführung gegen sich aufbringt. Bild in Detailansicht öffnen

Großartige Mischung aus Vision und Großkotzigkeit

Der Anspruch ist dezidiert nicht dokumentarisch, Vieles, was man in der neuen RTL-Serie sieht, gehört mittlerweile zur FC Bayern Folklore.

Die Sprüche eines Cik Caikowsky, die Trainingsmethoden von Branko Zebec und die fast schon symbiotischen Beziehung von Beckenbauer und Manager Robert Schwan, den Maximilian Brückner hier in einer großartigen Mischung aus Visionär und Großkotz spielt.

Um den FC Bayern groß zu machen, braucht es aber noch das Geld und den Durchsetzungswillen des cholerischen Präsidenten Wilhelm Neudecker, mit dem Michael A. Grimm vermutlich die Rolle seines Lebens gefunden hat.

Gelungenes Serien-Regiedebüt von David Dietl

Richtig gute fiktionale Fußballfilme oder -serien gibt es wenige, gerade die Sportaufnahmen wirken meistens nur bemüht. „Gute Freunde“ ist anders. Regisseur David Dietl kombiniert geschickt Originalaufnahmen mit nachgestellten Szenen.

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Die Serie „Gute Freunde – Der Aufstieg des FC Bayern“ erzählt, wie junge Nobodys den FC Bayern gemeinsam mit Präsident Wilhelm Neudecker und Manager Robert Schwan von der Regionalliga an die europäische Spitze führten.

Im Vordergrund stehen ohnehin die Spieler, vom schüchternen Gerd Müller bis zum Salonkommunisten Paul Breitner oder dem schon früh geschäftssinnigen Uli Hoeneß. Das funktioniert durch einen größtenteils hervorragenden Cast und vor allem jede Menge Retro-Charme.

Nicht nur für Bayern-Fans

Mit ganz viel Musik, Schlaghosen, Autos und Frisuren fängt die Serie den Zeitgeist ein, arbeitet auch in der Bildgestaltung mit Splitscreens, zum Teil grobkörnigen Super-8-mäßigen Aufnahmen, das macht beim Zuschauen sehr viel Spaß.

Aber nicht nur eingefleischten Bayern-Fans, denn es ist keine Hofberichterstattung. Weil David Dietl offenbar ein tiefes Verständnis für die Münchner Melange aus Schickeria und Ehrgeiz in die Wiege gelegt wurde, genauso wie die Fähigkeit, sich seinem Gegenstand liebevoll und gleichzeitig gebührender Distanz zu nähern.

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Uli Hoeneß wird gespielt von Max Hubacher, mit einer frappierenden Ähnlichkeit.

Zwischen „ehrlichem Sport“ unter Unterhaltungsindustrie

Dem Vernehmen nach sind Geschichten und Charaktere sehr authentisch getroffen. Und es geht nicht nur darum, wie das Runde am besten ins Eckige befördert wird. Sondern auch um öffentlichen Druck, Zukunftsängste, das politische Klima und natürlich die Rolle der Spielerfrauen.

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Aus der Truppe der Freunde wird eine Zweckgemeinschaft. Bis Breitner (Jan-David Bürger) es zu weit treibt und die Geschäftsführung gegen sich aufbringt.

Fußballromantiker würden vielleicht von der Seele des Vereins sprechen, die spürbar wird. Zugleich verschwimmen aber auch die Grenzen von dem sogenannten „ehrlichen Sport“ zur Unterhaltungsindustrie.

Kein Zweifel: Der FC Bayern ist spätestens seit den 70er Jahren ein mit viel Geld und Herzblut auf Erfolg getrimmtes Projekt. Und das Lied von den „Guten Freunden“ eine schöne Erinnerung.

Trailer „Gute Freunde“ von David Dietl, ab 22.11. auf RTL, Stream auf RTL+

Zeitwort 27.2.1900: Elf Rebellen gründen den FC Bayern München

Eigentlich gehörten die elf zum Männer-Turn-Verein MTV. Dort wurde Fußball als neumodischer, englischer Sport aber nicht wirklich ernst genommen. So kam es zur Abspaltung.

SWR2 Zeitwort SWR2

Jüdisches Museum Wien „Superjuden“ und „Yid Army“: Jüdische Fußballkultur gegen Antisemitismus im Stadion

Im Jüdischen Museum Wien läuft die Ausstellung „Superjuden“. Darin werden Klubs wie Tottenham Hotspur vorgestellt, die sich jüdische Attribute angeeignet haben.

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Karsten Umlauf