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Komödie „Kardinalfehler“ in Trier über Machtmissbrauch in der katholischen Kirche

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AUTOR/IN
Hannegret Kullmann

Ein Skandal um sexuellen Missbrauch erschüttert gerade das Bistum Trier - und bildet den ernsten Hintergrund für eine Premiere am dortigen Theater: In der Komödie „Kardinalfehler“ geht es um Machtmissbrauch und die systematische Vertuschung in der katholischen Kirche – jedoch in Form einer Komödie, geschrieben von zwei renommierten Satirikern.

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Das Stück "Kardinalfehler" spielt in einem kleinen deutschen Bistum, das sich zunächst skandalfrei präsentiert.  (Foto: Theater Trier)
Das Stück "Kardinalfehler" spielt in einem kleinen deutschen Bistum, das sich zunächst skandalfrei präsentiert. Bild in Detailansicht öffnen
Während die Vorbereitungen zum Besuch des Papstes laufen, braut sich in dem Bistum ein Skandal zusammen. Bild in Detailansicht öffnen
Barbara Ullmann spielt die Haushälterin des Bischofs, dargestellt von Michael Hiller. Bild in Detailansicht öffnen
„Kardinalfehler“ – Uraufführung des Schauspiels war am 22. April 2023 im Theater Trier Bild in Detailansicht öffnen

Eine Komödie über Machtmissbrauch? Überraschenderweise geht das!

Kann man in diesen Tagen ein Theaterstück über Machtmissbrauch und Vertuschung in der katholischen Kirche inszenieren, ohne konkret über sexuellen Missbrauch zu sprechen? Ist das nicht naiv und ignorant den Opfern gegenüber? Überraschenderweise geht das, wie das Theater Trier mit der Komödie "Kardinalfehler" zeigt. Geschrieben von den Satirikern Alistair Beaton und Dietmar Jacobs, beide bekannt als Fernseh- und Theaterautoren. Die britisch-deutsche Koproduktion liefert ein spritziges Drama aus einem bischöflichen Palais, gespickt mit viel Witz und Ironie.

Während die Vorbereitungen zum Besuch des Papstes laufen, braut sich in dem Bistum ein Skandal zusammen.  (Foto: theater-trier.de/pressebereich/)
Während die Vorbereitungen zum Besuch des Papstes laufen, braut sich in dem Bistum ein Skandal zusammen.

Große Aufregung in der Bischofs-Residenz vor dem Papstbesuch

In der Bischofs-Residenz herrscht große Aufregung: Der Papst hat seinen Besuch angekündigt, nur noch wenige Tage bis zu seiner Ankunft. Der Generalvikar bereitet die Visite akribisch vor, von den Begrüßungsreden über die korrekte Bettwäsche bis hin zum roten Teppich. Doch plötzlich taucht eine junge Frau auf, die behauptet, die Tochter des Bischofs zu sein.

Zur Not wird schnell gebeichtet

Der Generalvikar will den drohenden Skandal unter den Teppich kehren, dafür ist ihm jedes Mittel recht: Lügen, Schweigegeld, Veruntreuung - zur Not wird schnell gebeichtet. Die Komödie ist sehr unterhaltsam, auch dank der stimmigen Besetzung und dem prägnant spielenden Ensemble. Michael Ophelders macht aus dem Verwaltungschef des Bistums, dem Generalvikar Helmut Koch, einen veritablen Strippenzieher:

“Es gibt eine heilige Regel, die man immer bedenken muss … Du musst immer den eigenen Ladens schützen, um jeden Preis.“

Den Autoren war offenbar bewusst, dass man den sexuellen Missbrauch nicht völlig ausklammern kann, wenn man ein Stück über die Machtstrukturen und das Verdecken von Straftaten in der katholischen Kirche schreibt. Denn das eine würde es ohne das andere nicht geben. Deshalb haben sie etliche Anspielungen eingebaut. So bezeichnet der Generalvikar seine übergriffigen Kollegen euphemistisch als "Brüder im Nebel". Und die Akte eines "auffällig gewordenen Priesters" muss vor dem Papst-Besuch schnell bereinigt werden. Sogar der Umgang mit den Betroffenen wird thematisiert.

Am Ende wird die Komödie zur Tragödie

Das Stück "Kardinalfehler" demonstriert die toxischen Mechanismen des ewigen Machterhalts auf locker-flockige Art, ohne bitterböse oder vernichtend zu sein. Genau das kommt beim Publikum offenbar gut an. Am Ende wird die Komödie dann plötzlich zur Tragödie. Wer bis dahin eine tiefgründigere Botschaft vermisst hat, bekommt diese noch auf den letzten Drücker nachgeliefert.

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