Ihre Arbeit ist wichtig. Vor ein paar Tagen gab es einen Alarm. Ein Brand in Stuttgart-Feuerbach. Die zuständige Feuerwehr benachrichtigt am frühen Morgen Andreas Groll. Der katholische Diakon ist leitender Notfallseelsorger der Feuerwehr Stuttgart. Es waren wohl Menschen eingeschlossen und andere mussten evakuiert werden. „Wir waren zu dritt im Einsatz, und dann teilen wir uns auf, wer sich um wen kümmert, bis die Situation abgeklärt ist und die Kriminalpolizei dann eben entsprechend informiert, wie es weitergeht.“, erzählt Diakon Groll gegenüber SWR1.
Zügige Betreuung mit Fingerspitzengefühl
Wichtig sei zunächst behutsam mit den betroffenen Menschen in Kontakt zu treten. „Das Erste, was ich zu den Menschen immer sage, ist, ich bin jetzt für Sie da, oder wir sind jetzt für Sie da. Wir bleiben so lange bei Ihnen, bis Sie die Situation alleine weitertragen können, bis die entsprechenden Hilfssysteme da sind“, erklärt Kroll. Verwandte, Freunde oder Nachbarn würden benachrichtigt. Meistens sind die Betroffenen überfordert und wissen nicht, wie es nach einem Schicksalsschlag weitergehen soll.
Einsatzdienst - ein interreligiöses Team
Bei der Notfallseelsorge der Feuerwehr Stuttgart sind 56 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im aktiven Einsatzdienst. Im neuen Ausbildungszug sei eine Alevitin und schon länger gebe es einen muslimischen Seelsorger. „Ich glaube, das ist sogar der erste muslimische Seelsorger, der die komplette Ausbildung innerhalb der Kirche gemacht hat. Er hat sich also nicht gescheut, auch die kirchlichen Seelsorge-Kurse mitzumachen. Und da haben wir alle davon profitiert, nicht nur er, auch von seinen Erfahrungen eben mit seinem muslimischen Glauben. Das war sehr bewegend“, erzählt Diakon Groll.
Professionelle Ausbildung - Qualifiziertes Ehrenamt
Die Ausbildung ist sehr umfangreich und dauert in der Regel eineinhalb bis zwei Jahre. Für dieses Ehrenamt muss man sich qualifizieren. Es sind rund 340 Ausbildungsstunden nötig. Es gibt viele Unterrichtseinheiten zu Fragen wie zum Beispiel: „Wer sind denn die Einsatzleiter? Wer hat was zu sagen, wie läuft die Befehlshierarchie? "Das ist wichtig, weil bei Katastrophen und Einsatzfällen immer streng hierarchisch gearbeitet wird" erklärt Groll. In vielen Rollenspielen übt man all das. Die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei pastorales Personal, sagt Groll. Sie kämen aus den Kirchen und seien dort auch hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig, ähnlich wie er. Groll arbeitet als Diakon in einer Kirchengemeinde.
Hilfe für Helfer
Auch Helfer brauchen eine seelische Unterstützung. Nach jedem Einsatz wird ein kollegiales Gespräch geführt. „Wie hast du das empfunden?“ „Wie ging es dir da?“ „Ist etwas offengeblieben?“ „Was hätte man anders machen können?“ „Es ist schon ein wichtiges Ritual, aber nicht selten haben wir dann doch noch einen Knoten auf der Brust“ betont Groll. Und dann gebe es noch die Supervision. Es sei sehr bewegend, wie die Menschen über ihre Einsätze ganz offen erzählten, manche würden sich Vorwürfe machen, dass sie was hätten besser machen können. „Und das ist manchmal nicht einfach. Und da muss jeder so ein bisschen seinen Weg finden.“, sagt Groll. Bei ihm ist es der Altardienst am Sonntag. „Spätestens dann löst sich mein Knoten in der Brust. Das ist für mich bewegend“.
Fehlende Notfallseelsorge für Bestattungsfachkräfte
Menschen, die in Bestattungsinstituten arbeiten, sind einiges gewohnt. Doch es gibt Situationen und Anblicke, die auch sie sehr belasten können. Was fehlt, ist eine professionelle Anlaufstelle, falls es dem Einzelnen zu viel wird. „Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann zurückkommen aus dieser schweren Situation, die sie dann erlebt haben, brauchen sie eine Entlastung" sagt Bestatterin Ülkü Knapp aus Heilbronn. Daher findet sie es sehr wichtig „in unserer Branche eben Hilfe zu bekommen“.
Dringender Handlungsbedarf
Der Innung des Bestatter-Handwerks ist das Problem der fehlenden Notfallseelsorge und Supervision bekannt. Immerhin ist der Umgang mit Belastungen Teil der Ausbildung zur Bestattungsfachkraft. Im Bereich der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung, wird Trauer-Psychologie unterrichtet. „Da geht es nicht nur um die trauernden Personen, die einen Trauerfall haben. Da geht es auch um die Personen, die mit der Trauer umgehen. Es ist allerdings halt nur eine fünftägige Unterweisung. Mehr ist bisher nicht da“, erklärt Baden-Württembergs Landesinnungsmeister Frank Friedrichson. Eine überbetriebliche professionelle Notfallseelsorge kann das aber natürlich nicht ersetzen.