Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine besondere Form der Demenz. Sie beginnt meist früher als die Alzheimer-Krankheit, die Betroffenen sind im Schnitt erst 50 bis 60 Jahre alt. Zu Beginn der Krankheit verändern sich die Persönlichkeit und auch das zwischenmenschliche Verhalten. Die Betroffenen sind häufig teilnahmslos und reizbar.
13 Jahre bis zur FTD-Diagnose
So war es auch bei Melanie Liebschs Vater - er wurde immer passiver und zog sich immer mehr zurück, erzählt sie. Bis Ärzte die Diagnose stellten, dauerte es ganze 13 Jahre. Diese Odyssee sei sehr belastend gewesen, so Liebsch.
Bei der Frontotemporalen Demenz (FTD) sterben die Nervenzellen an einem anderen Ort als bei Alzheimer ab, vor allem im Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns. Von hier aus werden unter anderem Emotionen und Sozialverhalten kontrolliert. "In diesem Teil des Gehirns sitzt alles, was uns als Mensch, Persönlichkeit und Charakter ausmacht", erklärt Melanie Liebsch.
Als die Symptome bei Liebschs Vater ausbrachen, war sie gerade mal zehn Jahre alt. Seine Empathielosigkeit aufgrund von FTD hat Liebschs Kindheit und Pubertät geprägt: "Ich habe nie eine angemessene emotionale Reaktion bekommen, wenn ich zum Beispiel eine gute Note nach Hause gebracht habe", sagt sie. Die Väter ihrer Freundinnen nahmen dagegen aktiv am Leben ihrer Töchter teil, deshalb habe sie sich irgendwann selbst die Schuld gegeben und gefragt: "Was mache ich als Tochter falsch, was stimmt nicht mit mir?"
Immer noch viele Fehldiagnosen
Bis heute wird die Frontotemporale Demenz häufig falsch diagnotistiziert, sagt Melanie Liebsch - weil die Symptome von FTD denen psychischer Erkrankungen wie Depressionen, Burn-Out oder Persönlichkeitsstörungen ähneln. Die Diagnose-Leitlinien für FTD gebe es noch nicht lange. Melanie Liebsch ist es wichtig, über diese relativ unbekannte Krankheit aufzklären. Deshalb engagiert sie sich bei der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg und berät Angehörige. FTD macht Schätzungen zu Folge etwa fünf Prozent der Demenzerkrankungen aus.
Melanie Liebsch rät anderen Angehörigen, offen über die Demenzerkrankung in ihrer Familie zu sprechen. Für sie selbst sei es heilsam gewesen, sich in einer Selbsthilfegruppe auszutauschen. Außerdem seien Auszeiten aus dem Pflegealltag wichtig.
Die Familie verabschiedet sich jeden Tag ein Stückchen mehr
Das sieht auch Karin von Rosen so: Ihr Ehemann, mit dem sie drei Söhne großgezogen hat, leidet seit er Anfang 60 an Frontotemporaler Demenz. "Mit ihm habe ich mich immer aufgehoben gefühlt und verortet in dieser Welt. Und das fällt ja komplett weg." Die Familie müsse sich jeden Tag ein Stück von ihm verabschieden.
Um das zu akzeptieren, macht Karin von Rosen inzwischen eine Therapie. Und sie bekommt Hilfe von Freundinnen und Freunden und auch von ihren Söhnen. Gemeinsam versuchen sie, mit der Krankheit umzugehen. Heute sagt Karin von Rosen: "So kann ich diesen Weg langsam gehen".