Der Netzjournalist Gregor Schmalzried spricht bei der Eröffnung des 7. Evangelischen Medienkongresses im Sendesaal des Hessischen Rundfunks (hr) vor einer Projektion mit KI-generierten Fotos von Papst Franziskus. Der zweitägige Kongress zum Thema Künstliche Intelligenz steht unter dem Motto «Im Anfang war das Wort - am Ende der Chat? (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

SWR1 Sonntagmorgen

Verändert Künstliche Intelligenz die Kirche?

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Mark Kleber, Sophie Rebmann

KI als Predigthilfe? Seelsorger vom Server? Maschinenethik? Künstliche Intelligenz stellt auch die Kirchen vor neue Fragen.  

Die Risiken und Chancen künstlicher Intelligenz waren das Thema des Evangelischen Medienkongresses in Frankfurt. Die Überschrift launig: „Am Anfang war das Wort – am Ende der Chat“. Die Fragen dagegen sehr ernsthaft, schon bei ganz pragmatischen Aspekten: Sollten Pfarrerinnen und Pfarrer Predigten mit KI schreiben dürfen? „Man kann KI auch für Brainstorming nutzen“, zeigte sich Volker Jung dafür offen. „Da wird es seinen Einsatz finden bis in Predigten hinein wahrscheinlich.“ Jung ist der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und Medienbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Darf die KI die Predigt schreiben? 

Zugleich mahnte er: "Und trotzdem wird es darum gehen, darauf zu schauen: Was macht man da eigentlich? Auf welche Quellen greift man zurück? Wo bedient man sich vielleicht fremden Eigentums?" KI sei ein großes Instrument, berge aber ein großes Gefahrenpotenzial. „Das muss geklärt werden und wie man entsprechend damit umgeht.“ Ähnlich hatte schon die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Annette Kurschus argumentiert. KI-generierte Predigten seien für sie kein Problem - solange der Text nicht unhinterfragt übernommen werde, sagte sie bereits an Ostern: "Alles, was ein geistlicher Mensch von sich gibt, muss zuvor zu seiner eigenen Herzenssache werden. Nur dann wird es andere Menschen ansprechen und erreichen."  

 

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Welche Regeln sollen für KI gelten? 

Immer ausgefeilter erzeugt KI täuschend echt wirkende synthetische Inhalte, übersetzt Text in Bilder oder auch lippensynchron in andere Sprachen. Dadurch wirken auch Avatare immer menschenähnlicher. Auf dem Medienkongress stand diese sogenannte „Generative KI“ im Mittelpunkt. Ein Wort fiel dabei immer wieder: Transparenz. Man müsse immer wissen, wenn man mit einer Maschine spreche, forderte die Professorin und KI-Expertin Debora Weber-Wulff von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.

Gottesdienst aus dem Computer? 

Beim Evangelischen Kirchentag in Nürnberg im Juni hatte das Experiment mit einem KI-Gottesdienst für viel Aufmerksamkeit gesorgt: Die Predigt kam aus den Lautsprechern der Kirche, den Text hatte ChatGPT geschrieben. Die Reaktionen im Publikum waren damals gemischt. Manche fühlten sich angesprochen, andere vermissten das Menschliche und Persönliche im Gottesdienst.  

Besucher und Besucherinnen während des KI erstellten Gottesdiensts. In der St. Paul Kirche wird ein von der Künstlichen Intelligenz (KI) ChatGPT erstellter Gottesdienst abgehalten. Er wurde zuvor aufgezeichnet und vor Ort abgespielt. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

Professorin Debora Weber-Wulff warnt in dem Zusammenhang davor, die Chatbots zu vermenschlichen. "Manche Leute haben die Vorstellung, sie haben einen persönlichen Draht zu diesem Chatbot, oder sie finden da jemanden, der sie endlich versteht. Wir müssen uns davor hüten, dass wir in diese individuelle Beziehung zu der Maschine kommen!" Auch für Medienbischof Volker Jung ist die Vermenschlichung von KI eine zentrale Frage, bei der er eine deutliche Grenze zieht: „Die KI ist kein persönliches Gegenüber und kann niemals ein persönliches Gegenüber sein. Schon der Ausdruck Intelligenz ist in der Tat fragwürdig.“ Es gehe bei KI um Datenmengen und Rechenoperationen.

„Ich gehöre zu denen, die bestreiten, dass durch KI Persönlichkeit oder gar Bewusstsein entstehen könnte.“ 

Verändert KI die christliche Gemeinschaft? 

So sehr sich die Gestaltung von Gottesdiensten oder Predigten durch KI verändern mag, die christliche Gemeinschaft bleibe gleich glaubt Chris, IT-Experte und studierter Theologe, der seinen Nachnamen nicht veröffentlichen will. "Meine eigentliche Beziehung zu meinen Mitchristinnen und Mitchristen, die Beziehung zu Jesus oder Gott selber, da wird es erst einmal keinen großen Unterschied geben", sagte er auf dem Evangelischen Medienkongress. Und doch gibt er zu, dass die Glaubensgemeinschaft angesichts der Herausforderungen durch KI neue Wege und Formen finden muss.

Kirche für die Ethik der KI wichtig 

Welche Rolle also kann Kirche bei der Bewertung, Gestaltung und Regelung von KI spielen? Kirchenpräsident Volker Jung sagt: „Wir können zum gesellschaftlichen Diskurs beitragen, auf Gefahren aufmerksam machen und deutlich machen, was es an Herausforderungen für eine gute Nutzung von KI bedeutet.“ Der Maßstab für den Umgang mit ihr ist für Volker Jung die Antwort auf die Frage: „Wie können wir den würdevollen menschlichen Umgang miteinander wahren?“  

 

Der Standpunkt in unserer Sendung:

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Mit einer Informationstour an deutschen Hochschulen wirbt das Bundesbildungsministerium gerade für das BAföG. Gleichzeitig sorgen die geplante Nullrunde bei den Fördersätzen trotz Inflation und hohe Zinsen auf Studienkredite für Unmut.

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Mark Kleber, Sophie Rebmann