"...wenn die Mundwinkel die Ohren besuchen"

So funktioniert das Lachtelefon

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Steffi Stronczyk
Steffi Stronczyk (Foto: SWR)
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Eines ist klar: Wir lachen in unserem Alltag viel zu wenig. Für alle, die dazu einen kleinen Anstoß brauchen, gibt es seit einigen Jahren das sogenannte "Lachtelefon".

Von Montag bis Freitag warten am Lachtelefon mehr als 80 ehrenamtliche und ausgebildete Lachyogis und Lachprofis. Die kostenlose Hotline ist von 9 bis 21 Uhr besetzt und wer anruft, kann dann bis zu drei Minuten mit den Experten lachen.

Wer zum ersten Mal beim "Lachtelefon" anruft, sagt das auch am besten gleich, dann gibt es noch eine kleine Einführung. Wem das gut gefällt und guttut, kann auch täglich zum Hörer greifen. Und eins vorweg: Es werden keine Witze erzählt und auch nicht über jemanden gelacht. Gelacht wird ohne Grund! Wie das genau funktioniert, hat uns Lachexpertin Heidelore Geitner erzählt.

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SWR1: Was genau passiert, wenn ich bei Ihnen zum ersten Mal anrufe? Bekomme ich dann Witz erzählt oder wie funktioniert das dabei Ihnen?

Heidelore Geitner: Wir nehmen das Lachen recht ernst. Und wir nehmen das Lachen als Körperübung. Deshalb brauchen wir keine Witze, keine Comedy, nicht mal Humor, sondern wir leiten tatsächlich zum Lachen an. Und das je nachdem, ob der Anrufer/ die Anruferin vorsichtig ins Lachen kommt, vielleicht schon zwei Jahre nicht gelacht hat aufgrund der vielen Krisensituationen. Oder ob sie vielleicht schon eine Stamm-Anruferin ist und gleich die drei Minuten durchlachen möchte.

SWR1: Wir machen mal einen kleinen Durchlauf. Ich habe bei Ihnen angerufen - "Hallo, hier ist Steffi Stronczyk...". Wie geht es dann weiter?

Geitner: Steffi, rufen Sie das erste Mal an?

Stronczyk: Ja....

Geitner: Dann erzähle ich erst einmal, wie es abläuft. Wir versuchen jetzt drei Minuten zu lachen und ich versuche, Sie mit meinem Lachen anzustecken. Wir benutzen die ansteckende Wirkung des Lachens. Wenn wir gleich loslachen wollen, lade ich Sie ganz herzlich ein, einmal tief einzuatmen, nach oben zu schauen und zu gucken, ob es da was zu lachen gibt. Und dann lachen wir beim Ausatmen (lacht).

Stronczyk: Bei mir ist nur eine graue Zimmerdecke zu sehen...

Geitner: Das ist völlig gleich, weil wir mit unserer Fantasie spielen.

Stronczyk: (lacht jetzt auch)

Lachen Sie auch mal auf der Arbeit wie Tagesschau-Sprecherin Susanne Daubner?

SWR1: Gibt es so schwere Fälle, wo es auch Ihnen schwerfällt, dass den Leuten ein Lachen entweicht?

Geitner: Ja, natürlich. Bei vorsichtigen oder eher traurigen Anrufen, die von der Nummer gehört haben und es ausprobieren wollen, fangen wir etwas vorsichtig an mit den Lachsilben bzw. der Mimik. Wir sagen, stellen Sie sich mal vor, die Mundwinkel besuchen die Ohren. Alleine diese Mimik fördert die Stimmung. Wir signalisieren damit unserem Gehirn, produziere mal Glückshormone. Wir überlisten es damit, weil unser Gehirn nicht unterscheiden kann zwischen einem gespielten und einem spontanen Lachen.

SWR1: Wer ruft bei Ihnen an und warum? Was sind das für Menschen und warum wollen die lachen?

Geitner: Mittlerweile haben wir alle Bevölkerungsschichten, die bei uns anrufen, wenn sie davon wissen. Viele haben über die Medien davon erfahren. Einige haben das Lachkärtchen einfach Geschenk bekommen, also das Kärtchen mit der Telefonnummer, und wollen es einfach mal ausprobieren.

SWR1: Wie oft darf man dann bei Ihnen anrufen?

Geitner: Täglich oder stündlich. Wir haben tatsächlich Stamm-Anrufer, die jeden Tag anrufen. Und wir haben auch eine Anruferin, die von der Anrufer-Seite zur Telefonisten-Seite gewechselt ist. Sie hat gesagt, ich mache so gerne bei euch mit und. Und ja, das haben wir auch.

Stellen Sie sich mal vor, die Mundwinkel besuchen die Ohren.

SWR1: Und bei Ihnen kann man das Lachen auch lernen?

Geitner: Ja, wir haben tatsächlich solche Anrufer, die jetzt, nach zwei, drei Jahren, ein anderes Lachen haben als zu Beginn. Diese Fröhlichkeit, diese Varianten des Lachens, die lernen Sie bei uns sehr wohl, weil wir mittlerweile mehr als 83 Telefonistinnen und Telefonisten sind. Die haben natürlich alle ein bisschen eine andere Art daran heranzugehen und andere Tipps zu geben, wie man über den Tag hinaus besser ins Lachen kommt.

SWR1: Was passiert mit Anrufern, denen Sie mit dem Lachen nicht helfen können?

Geitner: Dann verweisen wir zum Beispiel an andere Telefondienste, wie das Krisentelefon, das Silbernetz und die Nummer gegen Kummer. Das haben wir in unserem Portfolio, dass wir da weiter verweisen können.

Weitere Informationen:

  • Die Nummer zum Lachtelefon: 05031 / 51 943 80 
  • ...zum Lachtelefon unter lachtelefon.de
  • ...zum Lachyoga unter lyud.de

Das Interview führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.

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