Horst Lichter ist Autor, Moderator, Koch und vieles mehr. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd)

Entzug von Lautstärke

Horst Lichter über seine Zeit im Kloster

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MODERATOR/IN
Steffi Stronczyk
Steffi Stronczyk (Foto: SWR)

Er ist Koch, Moderator, Entertainer und Autor – Im Leben von Horst Lichter ist gefühlt immer etwas los. Vielleicht brauchte der Mann mit dem ikonischen Schnurrbart auch genau deshalb etwas Ruhe? Uns hat der TV-Star erzählt, was diese Erfahrung mit ihm gemacht hat.

SWR1: Wie schlimm war es denn da zu schweigen?

Horst Lichter: Für eine Persönlichkeit wie mich, die sich hauptsächlich über das Reden definiert – ich spreche ja doch sehr viel – ist es am Anfang heftig, weil, es ist unfassbar laut im Kopf, wenn man nicht redet, weil man sich das erste Mal konzentriert auf alles, was man so denkt und feststellt, was man nie so "fertig gedacht" hat.

SWR1: Das bedeutet, in Ihnen sind die ganzen großen Lebensfragen hochgekommen?

Lichter: Die kamen tatsächlich erst später. Das ist wie beim Heilfasten: Die ersten drei bis vier Tage hat man Kopfschmerzen und es geht einem sehr schlecht, weil man Entzug hat – Entzug von Zucker, Salz, Koffein. Beim Schweigen hat man am Anfang Entzug von Lautstärke, nach allem, was man ausdrücken möchte. Man fühlt sich am Anfang richtig hilflos. Dann erst fängt man an, sich auf sich selber zu konzentrieren.

Horst Lichter ist Koch, Moderator, Autor und mehr. Er hat einige Zeit im Kloster verbracht, um zur Ruhe zu kommen. Keine leichte Aufgabe, aber für den TV-Star absolut nachhaltig und lohnenswert. (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)
Horst Lichter ist Koch, Moderator, Autor und mehr. Er hat einige Zeit im Kloster verbracht, um zur Ruhe zu kommen. Keine leichte Aufgabe, aber für den TV-Star absolut nachhaltig und lohnenswert.

SWR1: Was waren das so für Themen, die Sie nach den drei Tagen beschäftig haben?

Lichter: Sehr, sehr viel, aber man kann es auch runterdampfen: Ist das alles richtig, was momentan so mit mir passiert? Ist das mein Weg? Wie verhalte ich mich mit meinem Umfeld, mit denen, die ich liebe? Wie gehe ich mit meinem Körper um? Und dann halt auch: Wie sieht die Zukunft aus? Ich habe Kinder, ich habe Enkelkinder, wie gehen die miteinander um? Wie gehen wir mit der Umwelt um? Man kommt da schon immer tiefer rein, man muss da nur aufpassen, dass man nicht abrutscht und dann sehr traurig wird.

SWR1: Ist Ihnen das gelungen?

Lichter: In großen Teilen ja, weil ich immer schon ein sehr demütiger Mensch war und sehr zu schätzen weiß, was ich haben darf, wie es mir geht, was ich erleben darf. Diese Demut, die lässt einen schon mal nicht so hoch fliegen, dass man erschrocken ist, wenn man mal mit der Realität in Verbindung kommt.

SWR1: Haben Sie in Ihrer Zeit im Kloster auch manchmal gedacht: Ich bin hier total falsch, ich gehe jetzt?

Lichter: Das Kloster, in dem ich war, da gab es Zen-Kurse, Putz-Kurse, bei denen man schweigend putzt, um sich selbst zu finden, wo man mit Grashalmen redet und solche Dinge. Kurse, in denen man gehen lernt – das sind alles so Dinge wo ich sage: Okay! Das ist mit Sicherheit richtig, wichtig und hilft auch demjenigen, der sich darauf einlässt, aber das ist nichts für mich, ganz ehrlich. Davor bin ich geflüchtet. Ich war nachher wirklich sehr alleine mit mir und das hat mir sehr gut getan. Aber ich konnte einfach nicht einem Zen-Meister folgen, der mir in einem zweistündigen Kurs versucht, das Sitzen beizubringen, weil ich dachte, ich hätte das schon lange genug gemacht.

Horst Lichter in einem Oldtimer (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / BREUEL-BILD | BREUEL-BILD/Daniel Hinz)
Der Ort, an dem Horst Lichter am besten entspannen und zur Ruhe kommen kann, ist seine Garage, in der er seine Leidenschaft für Oldtimer ausleben kann.

SWR1: Wie wichtig sind Ihnen jetzt im Alltag Momente der Stille?

Lichter: Tatsächlich sehr, aber meine Stille ist dann eine andere. Das ich gar nichts höre, das ist sehr selten. Tagsüber eigentlich fast nie, ich hab zum Beispiel immer Musik laufen – ich brauche das irgendwie. Ich stehe morgens auf und das erste, was ich anschalte, ist das Radio.

Wenn ich in der Garage bin und da meiner mentalen Arbeit nachgehe, den Oldtimer putzen, was ich ja über alles liebe – das ist ja mein Männer-Yoga in der Garage – aber da läuft immer ein Radio. Also da könnte ich jetzt nicht einfach drin sein und das ist aus.

Was ich allerdings im Umkehrschluss mache, ist, ich schlafe seit langer Zeit mit Ohrenstöpseln. Das können wenige, weil man da nur sich selber hört, das Blutrauschen, den Herzschlag und seinen Atem. Wunderbar! Ich kann nicht mehr ohne! Den Wecker höre ich trotzdem. Ich wache sogar meistens fünf Minuten vorher auf.

SWR1: An welchem Ort können sie denn am besten zu innerer Ruhe finden? Beim Oldtimer putzen?

Lichter: Ja, tatsächlich. Und beim Spazierengehen mit dem Hund. Wir haben so eine wunderbare Strecke am Rhein entlang, in den Feldern, und dann gibt es bei uns ein wunderschönes Waldstück, wo wir durchlaufen – das ist traumhaft! Und da gehe ich tatsächlich auch am allerliebsten alleine mit dem Hund. Wenn wir Besuch haben und die mitgehen wollen, ist mir das eher schon unangenehm. Ich gehe wirklich viel lieber alleine mit dem Tier. Vielleicht vermenschlicht man den auch, aber ich sage immer: Das ist jetzt meine Zeit für das Tier. Ich gehe mit dem Tier und das Tier, das geht mit mir. Da brauche ich keinen anderen dabei.

Das Interview führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.

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