Preisträger:innen beim Deutschen Dokumentarfilmpreis 2023 (Foto: SWR, Patricia Neligan)

Deutscher Dokumentarfilmpreis 2023 in Stuttgart verliehen

Geteilter Hauptpreis für „Kash Kash – Without Feathers We Can’t Live“ von Lea Najjar und für „When Spring Came to Bucha“ von Mila Teshaieva und Marcus Lenz

Stand

Bei einer festlichen Veranstaltung, moderiert von Michael Steinbrecher, wurde am 30. Juni 2023 in Stuttgart der Deutsche Dokumentarfilmpreis in fünf Kategorien verliehen. Jurymitglieder waren unter anderem Aelrun Goette, Dieter Kosslick, Heinrich Breloer sowie für Musikdokumentarfilme auch Campino und Fola Dada. Der mit 20.000 Euro dotierte, vom Südwestrundfunk (SWR) und der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG) gestiftete Hauptpreis wurde in diesem Jahr geteilt und geht je hälftig an die Filmregisseurin Lea Najjar für „Kash Kash – Without Feathers We Can’t Live“ sowie an Mila Teshaieva und Marcus Lenz für „When Spring Came to Bucha“.

Preise in weiteren Kategorien

Zum dritten Mal verliehen wurde der Ehrenpreis für das Lebenswerk, in diesem Jahr an Wim Wenders. Die Laudatio hielt Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff.

Für einen dokumentarischen Film aus dem Bereich Musik wurde Lutz Pehnert für seinen Film „Bettina“ der mit 5.000 Euro dotierte Musikpreis des SWR verliehen. Der Film „Nasim“ von Arne Büttner und Ole Jacobs wird mit dem Förderpreis des Hauses des Dokumentarfilms – Europäisches Medienforum Stuttgart e.V., dotiert mit 3.000 Euro, ausgezeichnet. Der ebenfalls mit 3.000 Euro dotierte Publikumspreis der SWR Landesschau, gestiftet von der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) sowie der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG), geht an „Generation Euromaidan“ von Kristof Gerega.

„Kash Kash – Without Feathers We Can’t Live“ von Lea Najjar

Nominiert für den Deutschen Dokumentarfilmpreis 2023 Kash Kash – Without Feathers We Can’t Live

Die Tauben über Beirut sind das Symbol des Friedens und der Freiheit. In einer von Krisen und Problemen geprägten Zeit, spielt die Taubenzucht und das damit verbundene Spiel „Kash Hamam“ eine wichtige Rolle im unsicheren Leben der Menschen.

Die Hauptjury hatte sich in diesem Jahr dazu entschieden, den Hauptpreis zweimal zu vergeben und infolgedessen das Preisgeld zu teilen. 10.000 Euro, gestiftet vom SWR und der MFG, gehen an Lea Najjar für „Kash Kash – Without Feathers We Can’t Live“. Lea Najjar wuchs selbst im Libanon auf und fängt mit „Kash Kash“ nicht nur das Spiel der Taubenzüchter:innen „Kash Hamam“ selbst ein, sondern auch dessen Bedeutung für die Menschen im Libanon. Die Tauben über Beirut sind das Symbol des Friedens und der Freiheit. Im freien Flug der Tauben und im freien Spiel mit ihnen leben die Menschen ihre Sehnsüchte fern vom harten Alltag in dem vom Bürgerkrieg gebeutelten Land. Die Jury: „In diesem handwerklich meisterhaften Film erzählen die Filmemacherin Lea Najjar und ihr Editor Tobias Wilhelmer vom Überlebenskampf in Zeiten des politischen Umschwungs, vom Lachen und der Sehnsucht nach Freiheit in einer untergehenden Welt.“.

„When Spring Came to Bucha“ von Mila Teshaieva und Marcus Lenz

Nominiert für den Deutschen Dokumentarfilmpreis 2023 When Spring Came to Bucha

Mit dem Frühling kehrt die Hoffnung in die zerstörte ukrainische Stadt Bucha zurück. Doch wie leben die Menschen dort weiter, wenn der Krieg ihnen alles genommen hat?

Ebenfalls 10.000 Euro, gestiftet vom SWR und der MFG, gehen an die ukrainische Regisseurin Mila Teshaieva und den deutschen Regisseur, Producer und Kameramann Marcus Lenz für „When Spring Came to Bucha“. Der Film dokumentiert das Leben in der vom russischen Angriffskrieg zerstörten ukrainischen Stadt Butscha. Das Trauma des Krieges spiegelt sich dort in den Gesichtern wider – Menschen gezeichnet von Fassungslosigkeit, von Leid und Verzweiflung. Zugleich kommen mit dem Erscheinen der ersten Frühlingsblüten Freiwillige von weit herbeigeeilt, um zu helfen. So zeigen die Menschen wachsende Fürsorge füreinander, auch eine unbändige Widerstandskraft. Die Jury: „Entstanden ist ein sehr bewegender, aktueller und wichtiger Film über die Einwohner von Butscha, die darum kämpfen, nach dem Unfassbaren wieder ein Gefühl von Normalität zu erlangen.“

Ehrenpreis für das Lebenswerk geht an Wim Wenders

Zum dritten Mal wurde in diesem Jahr der Ehrenpreis für ein Lebenswerk vergeben, der undotierte Preis zeichnet große Persönlichkeiten des Dokumentarfilms und ihre herausragenden Werke aus. In diesem Jahr wurde Wim Wenders geehrt. Der 77-jährige, in Düsseldorf geborene Regisseur, Produzent und Autor ist einer der wichtigsten und einflussreichsten Filmschaffenden weltweit. Seit den späten 1960ern hat Wim Wenders mehr als sechzig Filme erschaffen. Es sind Spiel- wie auch Dokumentarfilme, welche alle von einer tiefen Emotionalität geprägt sind. Volker Schlöndorff, der ihm den Preis überreichte, über Wim Wenders: „Das Leben zu suchen, zu betrachten und möglichst unverfälscht wiederzugeben ist Wim Wenders‘ große Stärke. Insofern sind alle seine Dokumentarfilme auch Spielfilme – und umgekehrt. Die einen Vorarbeit für die anderen, nicht ohne einander denkbar, von den gleichen Augen gesehen, vom gleichen Herzschlag erfüllt“.

Der Ehrenpreis des Deutschen Dokumentarfilmpreises wird gemeinsam vom SWR Doku Festival und der MFG vergeben.

Musik-Dokumentarfilm an „Bettina“ von Lutz Pehnert

Mit 5.000 Euro verbunden ist der vom SWR gestiftete Musikfilmpreis, der dieses Jahr an den Regisseur Lutz Pehnert für „Bettina“ vergeben wurde. Der Dokumentarfilm von Lutz Pehnert erzählt die bewegende Lebensgeschichte der Liedermacherin Bettina Wegner. Geboren 1947, aufgewachsen in einem kommunistischen Elternhaus in Ostberlin wurde sie mit 36 Jahren nach Westberlin ausgebürgert. Es ist der Weg von einer glühenden Stalin-Verehrerin als Kind über eine Teenagerin – hoffnungsfroh, eine Gesellschaft auch mit ihren eigenen Liedern zu bauen – hin zu einer beseelten Liedermacherin und unverbesserlichen Widerstandskämpferin. Auszug aus der Jury-Begründung: „Der Film macht so eine starke Persönlichkeit begreifbar und auch in ihren Brüchen nachvollziehbar. Dass die Kapitelüberschriften eine Liedstrophe Wegners ergeben und dieses Lied den Rahmen des Films bildet, sei beispielhaft erwähnt. Brillante Form und relevanter Inhalt treffen sich auf das Glücklichste so, wie es nur selten der Fall ist.“

„Nasim“ von Ole Jacobs und Arne Büttner gewinnt den Förderpreis des Hauses des Dokumentarfilms – Europäisches Medienforum Stuttgart e.V.

Nominiert für den Deutschen Dokumentarfilmpreis 2023 Nasim

Schutzlose Wirklichkeit. Das Elend sticht. Gewalt brodelt. Nach Moria hat es Nasim mit ihrer Familie verschlagen, geflüchtet aus Afghanistan. Plötzlich zerstört ein Feuer alles was ihr geblieben ist. „Ich bin geflüchtet, um zu leben“, sagt sie. Wie wird es für sie, wie für ihre Familie weitergehen?

Der mit 3.000 Euro dotierte Förderpreis des Hauses des Dokumentarfilms geht an Ole Jacobs und Arne Büttner für ihren Film „Nasim“. Sie begleiten in ihrem Regiedebut Nasim, die zusammen mit ihrer Familie aus Afghanistan geflüchtet und in Moria gelandet ist. Im September 2020 zerstört ein Großbrand das Lager. Nasim kämpft für sich und ihre Kinder. Sie gibt ihr Menschsein nicht auf, will mehr als nur zu überleben. Aus der Jurybegründung: „Eine Frau, die die Zuschauer:innen tief berührt. In einem Film, der in der Wahl seiner Mittel ebenso sensibel, behutsam und zurückhaltend ist, wie diese Frau selbst. Er gibt den vielen anonymen Schicksalen auf der Flucht ein Gesicht. Das von Nasim“.

Publikumspreis der Landesschau, gestiftet von LFK und MFG: „Generation Euromaidan“

Nominiert für den Deutschen Dokumentarfilmpreis 2023 Generation Euromaidan - Sehnsucht nach Demokratie

Der Dokumentarfilm begleitet drei junge Journalist:innen und Aktivist:innen, die sich zu Politiker:innen eines  zerbrechlichen demokratischen Systems entwickeln. Eine Geschichte über Korruption, Engagement und die Nähe der Ukraine zu Europa.

Eine Zuschauer:innen-Jury der SWR Landesschau aus zehn Personen entschied in diesem Jahr zum dritten Mal über den mit 3.000 Euro dotierten Publikumspreis, gestiftet von der LFK und der MFG. Der Preis für das Jahr 2023 ging an den Film „Generation Euromaidan“ von Kristof Gerega. Der Dokumentarfilm begleitet drei befreundete junge Journalist:innen und Aktivist:innen in der Ukraine, die sich zu Politiker:innen eines zerbrechlichen demokratischen Systems entwickeln. Die Jury: „Der Film zeigt, wie lange und wie anstrengend der Weg hin zu einer funktionierenden Demokratie ist. […] Ein starker Dokumentarfilm, den die Jury unbedingt weiterempfiehlt.“

Jury Deutscher Dokumentarfilmpreis & Jury für einen dokumentarischen Film aus dem Bereich Musik

Jury (Foto: SWR)

Deutscher Dokumentarfilmpreis 2023: Die Mitglieder der Jury

Die Jury-Mitglieder 2023 stellen sich vor.

Das SWR Doku Festival 2023

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SWR