Maria Theresia Tusar und ihr Bruder Franz Hubertus halten eine Mainzer Tradition am Leben, die es seit dem Mittelalter gibt. Und die mit ihnen wohl auch aussterben wird: den Mainzer Newweling. Franz Hubertus stellt in den Wochen vor Allerheiligen mit dünnem Wachs überzogenen Dochtschnüre her. Maria Theresia erschafft danach in stundenlanger, mühseliger Handarbeit die Newwelinge. Die 72-Jährige sitzt in der Wachswarenfabrik, die sie zusammen mit ihrem Bruder betreibt, und wickelt immer und immer wieder farbige Dochtschnüre engmaschig um einen Holzkegel. Dann zieht sie den gewachsten Docht vom Kegel ab und heraus kommt ein farbenfroher, so genannter Wachsstock. Denn eine Kerze ist der Newweling nicht. Man darf ihn nicht einfach anzünden und sich selbst überlassen, schon gar nicht in geschlossenen Räumen. Man hält ihn in der Hand, wickelt die Dochtschnüre auf und brennt sie langsam, beispielsweise am Grab zum Totengedenken, ab. „Früher hatten die Menschen dafür auch noch Zeit“, sagt Franz Hubertus Tusar, der das Jahr über vor allem Kerzen für die Mainzer Kirchen herstellt.
Der Ursprung des Newweling
Der Newweling wurde 1367 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Der Name könnte sich von dem Wort Nebel ableiten und so viel wie Nebellicht bedeuten. „Wer den Newweling erfunden hat, warum er eine Spitzkegelform haben muss und warum er farbig ist, das wissen wir nicht“, sagen die Tusar-Geschwister. Und: „Viele Mainzer wollen ihre Newwelinge in den Fastnachtsfarben blau, weiß, rot und gelb“. Rund 1000 handgewickelte Stück werden davon um Allerheiligen abgebrannt. Franz Hubertus und Maria Theresia Tusar sind die Einzigen, die noch Newwelinge herstellen. Wenn Sie die Firma schließen, ist wohl auch Schluss mit dem Mainzer Nebellicht.
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