Trans im Alter – Geschlechtsangleichung mit 69 Jahren

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AUTOR/IN
Mona Geier

„Ich habe gespürt, da ist noch etwas drin in mir, dass auch raus muss, sonst werde ich krank dabei.“

Marlene (72) lebt seit ihrer Geburt in Leimersheim in der Pfalz. Dort kennt man sie jahrzehntelang nur als Walter. Sie wird 1950 als erstes von zwei Kindern geboren. Ihre Eltern taufen sie Walter. Eine liebevolle, aber keine einfache Kindheit. Marlene ist kleinwüchsig, mit 15 Jahren ist sie gerade mal 1,35 Meter groß. In der Schule wird sie gehänselt. Mit Hilfe einer Therapie und Medikamenten wächst sie schließlich noch 30 Zentimeter.

Als Junge gesehen zu werden und später als Mann – damit hat Marlene lange kein Problem. Sie akzeptiert es einfach. „Es waren andere Zeiten.“ In dieser Zeit habe man die von den Eltern zugeschriebene Rolle und das physische Geschlecht nicht hinterfragt. Auch Marlene nicht, bis 1994.

Die Initialzündung

Damals besucht sie eine Travestieshow. Auf der Bühne verwandelt sich eine als Putzfrau verkleidete Darstellerin in eine für Marlene umwerfend schöne Frau. „Ich bin fast vom Stuhl gerutscht, so ergreifend war für mich der Moment: Was war denn jetzt? Was ist da in mir passiert?“

In der folgenden Zeit prüft sie ihre Gefühle: Ist sie wirklich eine Frau? Es dauerte noch Jahre, bis Marlene sich öffentlich zu ihrem Frausein bekennt. „Sich in einer recht konservativen Gemeinde zu outen, da braucht man ein sehr robustes Nervenkostüm.“

Der entscheidende Schritt

Erst als sie 2014 in Rente geht, hat sie ihr Comingout. Sie übt zu gehen, wie eine Frau, kauft eine Perücke, stellt ihre Kleidung um. Der Antrag auf Personenstandsänderung und die Geschlechtsangleichung folgen 2019 mit 69 Jahren. Als sie in der Klink nach der Operation aufwacht, fühlt sie sich frei – und glücklich. „Als ich nach der Geschlechtsangleichung in der Klinik aufgewacht bin, sind mir Tonnen von der Schulter gefallen.“

Nun möchte Marlene auch anderen Mut machen, zu sich zu stehen: „Mein Traum wäre, dass ich eine Art ‚Dorfpride‘ nach Leimersheim bekäme. Denn ich bin davon überzeugt, dass es auch in den Dörfern Leute gibt, die in einer ähnlichen Lebensform leben wollen, sich aber nicht trauen.“

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