Mykoorrhizapilz an Pflanzenwurzel (Foto: IMAGO, Ardea)

Umweltschutz

Warum Wurzelpilze wichtig fürs Klima sind

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Sonja Emperle
Elena Weidt
Bild von Elena Weidt, Multimedia-Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell (Foto: SWR, Elena Weidt)

Wurzelpilze können bis zu einem Drittel der weltweiten Treibhausgas-Emissionen aus fossilen Brennstoffen speichern. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende der Universität Kapstadt. Sie zeigen damit: Pilze tun viel mehr fürs Klima als bisher angenommen. 

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Wurzelpilze: Übersehener Kohlenstoffspeicher

„Wir hatten immer die Vermutung, dass wir möglicherweise einen großen Kohlenstoffspeicher übersehen haben“, so Heidi Hawkins, die Autorin der Studie. Bisher habe vor allem der Schutz und die Wiederherstellung von Wäldern in der Klimaforschung eine große Rolle gespielt, sagt sie weiter. Was nach der Photosynthese mit den riesigen Kohlenstoffmengen passiere, sei dagegen nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit gestanden. Die Studie zeigt nun, wie viel CO2 mutmaßlich im Pilznetzwerk landet.

Dafür werteten die Forschenden in einer Metaanalyse 194 biologische Datensätze aus 65 Forschungsarbeiten aus. Ihren Schätzungen zufolge können Mykorrhizapilze pro Jahr temporär mehr als 13 Milliarden Tonnen CO2 aufnehmen. Unklar bleibt allerdings bislang, wie lange die Mykorrhizapilze den Kohlenstoff binden. Zudem betont das Forscherteam, dass ihre Ergebnisse auf Schätzungen beruhen.

Vorteilhafte Verbindung zwischen Pilz und Pflanze 

Mykorrhizapilze verbinden sich mit Pflanzenwurzeln und gehen mit ihnen eine Symbiose ein. Von dieser gegenseitigen Abhängigkeit können beide Seiten profitieren. Die Pilze versorgen die Pflanzen mit Nährstoffen - im Gegenzug erhalten sie Kohlenstoffverbindungen, die sie selbst nicht herstellen können. Das sei eine Lebensgemeinschaft, wie sie in jedem gesunden Boden vorkommt, erklärt der Darmstädter Pilzforscher Arthur Schüßler.

Alter Mann hält Hand voll Erde (Foto: IMAGO,  Panthermedia)
Ein Gramm gesunder Boden enthält abertausende Arten von Mikroorganismen.

Dieser möchte mit Hilfe der Mykorrhizapilze belastete Böden wiederbeleben. In einem Gramm gesunden Boden stecken normalerweise etwa 100 Meter bis mehrere Kilometer Pilzhyphen, erzählt der Forscher weiter. Pilzhyphen sind feine Zellfäden, die es der Pflanze ermöglichen Nährstoffe aus dem Boden aufzunehmen.  

Landwirtschaft zerstört Bodenleben 

In der Landwirtschaft werden viele Böden intensiv genutzt. Dabei kommen große Maschinen und viel Chemie zum Einsatz. Die Folge: Das Bodenleben wird immer weiter zerstört. ,,Im Endeffekt werden die Pilze durch die mechanische Bearbeitung getötet. Die Geflechte werden zerrissen und dadurch kann die Pflanze mit den Pilzen nicht mehr zusammenarbeiten und die Nährstoffe nicht mehr effizient aus dem Boden aufnehmen”, erzählt Schüßler in einem früheren Interview mit Elena Weidt. 

Das Fasergeflecht der Pilze ist vergleichbar mit dem Wurzelsystem von Pflanzen und Bäumen. Es ist daran angepasst zwischen pflanzlichen Zellen, zum Beispiel in abgestorbenem Holz, zu wachsen. In diesen Zellzwischenräumen hat der Pilz eine Nährstoffgrundlage gefunden, von der auch die in Gemeinschaft lebenden Pflanzen profitieren. Nährstoffe wie Phosphate und Stickstoffverbindungen werden an die Pflanzen weitergegeben – sie werden also von den Pilzen gedüngt. An diese Nährstoffe kommen die Pilze ohne das Pilz-Wurzel-Geflecht nur schwer. Dadurch verbleibt viel Phosphor ungenutzt im Boden. 

Traktor bereitet ein Feld im Herbst für die neue Saat vor (Foto: IMAGO, blickwinkel)
In der Landwirtschaft kommen heute viel Chemie und große Maschinen zum Einsatz. Dadurch wird das Bodenleben immer mehr zerstört.

Wertvoller Phosphor

Ohne Phosphor gäbe es weder menschliche noch pflanzliche Organismen. Die weltweiten Phosphor-Reserven sind jedoch begrenzt. 

Laut Berechnungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe aus dem Jahr 2013, decken die derzeit wirtschaftlich abbaubaren Phosphatvorkommen den weltweiten Bedarf in der Landwirtschaft noch mindestens 320 Jahre ab.

Dünger um Maissämlinge zu züchten (Foto: IMAGO, Panthermedia)
Momentan wird der größte Teil der weltweit abgebauten Phosphate in der Düngemittelindustrie verwendet.

Mehr Forschungsbedarf

Die Studie um Biologin Heide Hawkins ist Teil weltweiter Bemühungen, die Rolle der Pilze im Ökosystem des Planeten besser zu verstehen. Der Evolutionsbiologin und Mitautorin Toby Kiers zufolge, liegen Mykorrhizapilze an der Basis unserer Nahrungsnetze und die Forschung beginne gerade erst zu verstehen, wie sie tatsächlich funktionierten.

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