Studierende und Schülerinnen bereiten gemeinsam ein großes Physikexperiment vor: den Start eines Ballons, der in bis zu 40 km Höhe aufsteigen soll. (Foto: St. Dominikus Mädchengymnasium/PHKA)

Bildung

Experiment "Stratosphärenballon" begeistert Schülerinnen in Karlsruhe für Physik

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Stefan Troendle
Stefan Troendle, Reporter und Redakteur bei SWR Wissen aktuell und SWR2 Impuls. (Foto: SWR, SWR, Christian Koch)
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Lilly Zerbst
Portraitbild der Reporterin Lilly Zerbst. (Foto: SWR)

Schülerinnen aus Karlsruhe dürfen Physik ganz nah erleben: Sie lassen einen Ballon in die Stratosphäre aufsteigen. Zum heutigen Weltfrauentag ist es ein Zeichen für die Gleichberichtigung von Frauen - auch im MINT-Bereich.

Wie kann man junge Frauen schon im Mädchenalter für die „Männerdomäne“ Physik interessieren? Wie kann man Lehrerbildung in den MINT-Fächern stärken? Und den Lehrerberuf durch mehr Praxis gleichzeitig interessanter machen? Das gemeinsame Experiment "Stratosphärenballon" der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und dem Mädchengymnasium Sankt Dominikus zeigt, wie's geht!

Ballon fliegt vier Mal höher als Passagierjet

18 Schülerinnen und 10 Studierende haben bei dem Experiment zusammengearbeitet, um einen Ballon rund 35 Kilometer hoch in die Stratosphäre aufsteigen zu lassen - das ist drei Mal höher als ein übliches Düsenjetverkehrsflugzeug.

Von Karlsruhe aus macht sich der Ballon auf den Weg in die Stratosphäre. (Foto: St. Dominikus Mädchengymnasium/PHKA)
Von Karlsruhe aus macht sich der Ballon auf den Weg in die Stratosphäre.

Forschung an der Grenze zum Weltraum

Der Ballon trägt eine kleine Sonde, in der verschiedene naturwissenschaftliche Experimente durchgeführt werden: Zum Beispiel zur Zusammensetzung der Atmosphäre, zur radioaktiven Strahlung und natürlich auch, um Bilder und Videos der Erde vor dem Schwarz des Universums zu machen.

Mit Unterstützung der Studierenden und Lehrkräften dürfen die Schülerinnen alles selbst machen: Von der Planung über den Zusammenbau des Ballons bis hin zum Start. (Foto: SWR)
Mit Unterstützung der Studierenden und Lehrkräften dürfen die Schülerinnen alles selbst machen: Von der Planung über den Zusammenbau des Ballons bis hin zum Start.

Alles ist selbst geplant und selbst gebaut. Auch ein Schokokuss darf mit an die Grenze zum Weltraum fliegen. Er soll zeigen, wie stark sich die Luft in der Stratosphäre ausdehnt. Die Schülerinnen sind begeistert:

Es hat mich immer schon interessiert, wie die Erde dort oben aussieht - es hat mich irgendwie fasziniert, dass ich eine Möglichkeit habe.

Ich fand‘s einfach spannend, das Thema, wie es da oben aussieht und was mit den ganzen Sachen passiert, wenn die da oben sind.

Auch die Lehrkräfte lernen beim Experiment dazu

Die Lehrkräfte sind ebenfalls vom gemeinsamen Experimentieren begeistert. "Wir haben uns auf eine ganz neugierige Weise damit auseinandergesetzt, was uns interessiert - und uns auf die Weise quasi der Physik genähert, die wir dafür brauchen", erklärt Tina Schulze, Physiklehrerin am Mädchengymnasium St. Dominikus.

Und auch bei den angehenden Lehrern, den Studierenden der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, kommt das Experiment gut an. Für den Studenten Sebastian Kolles ist Physik gerade deshalb spannend, weil sie "eigentlich überall ist und uns quasi jederzeit zu jedem Augenblick umgibt". Das wird im Experiment deutlich. Die Schülerinnen dürfen die Zusammensetzung der Atmosphäre selbst erkunden und damit den Planeten, auf dem sie leben.

Der Ballon darf starten

Gerade einmal knapp zwei Kilogramm wiegt die Sonde am Ballon. Ein GPS-Tracker und Fallschirm sind auch mit an Bord. Insgesamt 5.000 Liter Helium lassen den Ballon dann endlich abheben. Die ganze Schule darf dabei zuschauen.

Die Schule versammelt sich zum Start des Stratosphärenballons. (Foto: SWR)
Die Schule versammelt sich zum Start des Stratosphärenballons.

Auf Verfolgungsjagdt hinter dem Ballon

Der Ballon steigt rasend schnell. Schülerinnen, Studierende, Lehrer und Eltern nehmen die Verfolgungsjagt auf. Der GPS-Tracker zeigt ihnen, wo in etwa sich der Ballon gerade befindet. Es ist ein Zitterpartie: Vorübergehend bricht das Signal ab. Doch dann das Aufatmen: Die Sonde ist in der Nähe eines Mehrfamilienhauses im Rasen gelandet. Jetzt geht es an die Auswertung.

Der Stratosphärenballon sendet ein GPS-Signal. So können Schülerinnnen, Lehrer, Studierende und Eltern den Ballon von der Erde aus verfolgen. (Foto: St. Dominikus Mädchengymnasium/PHKA)
Der Stratosphärenballon sendet ein GPS-Signal. So können Schülerinnnen, Lehrer, Studierende und Eltern den Ballon von der Erde aus verfolgen.

Kameraaufnahmen zeigen die Reise in die Stratosphäre

Direkt vor Ort können die Schülerinnen und Lehrkräfte sehen, welche Reise der Ballon hinter sich hat: Die Kameraaufnahmen zeigen den Start in Karlsruhe, den Aufstieg in die Stratosphäre und sogar den Moment, in dem der Ballon platzt.

Nach zweieinhalb Stunden platzt der Ballon in der Stratosphäre in einer Höhe von circa 34.600 Metern. (Foto: St. Dominikus Mädchengymnasium/PHKA)
Nach zweieinhalb Stunden platzt der Ballon in der Stratosphäre in einer Höhe von circa 34.600 Metern.

Ein weiteres Messergebnis ist ebenfalls direkt sichtbar: Der Strahlenmesser schlägt bis zum Anschlag aus. Er hat auf seiner Reise wohl zu viel Strahlung abbekommen. Die Schülerinnen sind zufrieden mit ihrem Experiment.

Ich finde, dass man in der Physik einfach nur Sachen entdeckt. Ich finde nicht, das man das wirklich beibringt, man erlebt es auch selber - und das haben wir heute gemacht.

Schülerinnen und Lehrkräfte werten gemeinsam die Messergebnisse aus

Einige Wochen später findet die Nachbesprechung statt: 34.602 Meter über die Erdoberfläche ist der Ballon gestiegen, und das in zweieinhalb Stunden. Gemeinsam gehen die Schülerinnen und Lehrkräfte die Messergebnisse durch. Einige Messungen haben gut funktioniert, andere weniger gut - so sei das eben in der Physik, erklärt Tobias Ludwig, Dozent an der PH Karlsruhe.

Gemeinsam werten die Lehrerin und Schülerinnen die Messergebnisse des Physik-Experiments "Stratosphärenballon" aus. (Foto: SWR)
Gemeinsam werten die Lehrerin und Schülerinnen die Messergebnisse des Physik-Experiments "Stratosphärenballon" aus.

Eins hat das Projekt auf jeden Fall gezeigt: Bildung kann ganz einfach sein, wenn sie Spaß macht.

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