In einer Kristallkugel zeigt sich das Bild eines Skigebiets mit wenigen Schneefeldern. (Foto: SWR, SWR Aktuell BW)

Wie wird der Winter?

Saisonale Klimavorhersagen noch sehr ungenau

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Pascal Kiss
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Ralf Kölbel
Lilly Zerbst

Wie gut kommt Deutschland dieses Jahr durch den Winter? Reicht das Gas? Wie mild oder kalt der Winter wird, kann der Deutsche Wetterdienst leider auch nicht verlässlich beantworten.

Noch sind die Gasspeicher gut gefüllt, doch durch die aktuell kalten Temperaturen werden die Gasvorräte Tag für Tag abnehmen. Nicht nur die Bundesnetzagentur schaut deshalb diesen Winter auf Langfristvorhersagen.

Viele hoffen jetzt in der Energiekrise auf einen milden Winter. Auch deshalb steht die Winter-Vorhersage des Deutschen Wetterdienstes dieses Jahr so stark im Fokus wie wahrscheinlich noch nie. Doch wie gut sind die Vorhersagen für die nächsten Monate?

Saisonale Klimavorhersagen sind ein Blick in die Kristallkugel

Mit saisonalen Klimavorhersagen wagt der Deutsche Wetterdienst einen Blick in die Kristallkugel. Es ist ein Versuch, möglichst transparent über den kommenden Winter zu informieren. Noch Mitte November machte der Deutsche Wetterdienst Hoffnung auf einen vergleichsweise milden Winter:

Da sehen wir aktuell eine leichte Tendenz für wärmere Bedingungen für den Winter, also für Dezember bis Februar.

Die Modelle hielten Mitte November einen vergleichsweise milden Winter für doppelt so wahrscheinlich wie einen kalten Winter – immer im Vergleich zu den vergangenen 30 Jahren.

Andreas Paxian betonte zu dem Zeitpunkt aber auch die Unsicherheiten: “Es ist nicht so, dass es eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit ist, es ist eher eine Tendenz. Also das heißt, es ist schon in allen Bereichen die Möglichkeit, aber die höchste Wahrscheinlichkeit ist für wärmere Bedingungen.”

Illustration des Max-Planck Instituts: Ein Globus wird mit einem 3D-Gitternetz überzogen. An jedem Gitterpunkt wird das Klima simuliert. (Foto: SWR, SWR Aktuell BW)
Ein Klimamodell simuliert die Erde in einem Computer. Atmosphärische Prozesse und Wechselwirkungen zwischen den meteorologischen Variablen wie Druck, Luftfeuchtigkeit und Temperatur werden durch mathematische Formeln beschrieben. Dabei entsteht ein enormer Rechenaufwand, weshalb das Modell diese Berechnungen nur an diskreten Gitterpunkten durchführt. Je feiner das Gitter, desto genauer die Berechnungen.

Wahrscheinlichkeiten und Tendenzen statt Sicherheiten

Und so spricht der Deutsche Wetterdienst immer von Wahrscheinlichkeiten und Tendenzen. Doch in den vergangenen Wochen hat sich die grobe Tendenz verändert. Mitte November war mit 50 Prozent ein milder Winter das wahrscheinlichste Szenario, aktuell liegt die Wahrscheinlichkeit aber nur noch bei 5 Prozent.

Kälterer Winter wird wahrscheinlicher

Der Winter könnte sogar ein bisschen kälter ausfallen als in den vergangenen 30 Jahren. Wie kann das sein? Wie verlässlich sind Klimavorhersagen für die nächsten Monate? Aktuell sei man, so Andreas Paxian, in der Klimavorhersage noch nicht so gut, wie bei der Wettervorhersage. Aber dennoch sei der Bedarf in der Gesellschaft da.

Viele Daten müssen geschätzt werden, betont Andreas Paxian vom Deutschen Wetterdienst. Zum Beispiel müsse für die Vorhersagen die ganze Erde mit einem Gitternetz überzogen werden. In jeder Gitterbox müssen bis zur höheren Atmosphäre und zu den Tiefen des Ozeans die Werte berechnet werden.

Aktuell, so Paxian, seien diese Gitterboxen aber 100 Kilometer groß. Es gebe dagegen kleine Prozesse wie Wolken oder Mikrophysik, die sich auf kleinen Einheiten abspielen. Die könnten gar nicht berechnet werden, die müssen geschätzt werden.
So entsteht eine grobe Schätzung mit vielen kleinen Unsicherheiten. Die Berechnungen können aber helfen, zumindest Wochen vorher eine Tendenz zu erkennen:

Der erste Gedanke wäre, dass es durch den Klimawandel erstmal wärmer wird. Aber kann es trotzdem sein, dass wir irgendwelche Einflüsse haben, zum Beispiel von Kaltlufteinbrüchen, von der Arktis oder von Russland, die zu einem kalten Winter führen?

Winterlandschaft im Taunus - Langfristige Wetterprognosen können nur mit Wahrscheinlichkeiten rechnen, nicht mit Sicherheiten. Nach einem milden Winter sieht es nach derzeitigen Erkenntnissen nicht aus. (Foto: IMAGO, IMAGO/Jan Eifert)
Langfristige Wetterprognosen können nur mit Wahrscheinlichkeiten rechnen, nicht mit Sicherheiten. Nach einem milden Winter sieht es nach derzeitigen Erkenntnissen nicht aus.

Supercomputer und Wettersatelliten für bessere Vorhersagen

Jetzt im Dezember scheint so ein Kaltlufteinbruch für vergleichsweise kalte Temperaturen zu sorgen. Mit neuen Supercomputern und Wettersatelliten sollen in Zukunft solche Überraschungen noch früher erkannt werden.

Vor allem die Auflösung der Modelle soll besser werden, das Netz der Gitterpunkte enger werden, sagt Andreas Paxian vom Deutschen Wetterdienst. Künftig sollen dann vom Deutschen Wetterdienst nicht nur Temperatur oder Niederschlag angeboten werden, sondern auch Variablen wie Dürre oder Trockenheit oder weitere Variablen, die relevant sind.

Der Blick auf diesen Winter hat gezeigt, dass die aktuellen Klimavorhersagen jeweils nur als mögliches Szenario betrachtet werden dürfen. Ein überdurchschnittlich milder Winter ist nach aktuellem Stand mit nur 5 Prozent sehr unwahrscheinlich.

Müssen wir diesen Winter frieren? (Foto: IMAGO, IMAGO/Bihlmayerfotografie)
Derzeit sieht es nicht nach einem überdurchschnittlich milden Winter 2022/23 aus. Bei den derzeit hohen Energiepreisen wird das den Verbrauch an Gas und anderen Brennstoffen weiter nach oben treiben.

Tatsächlich sorgt der Klimawandel nicht nur für steigende Temperaturen, sondern auch für eine höhere Klimavariabilität, also stärkere kurzfristige Klimaschwankungen. Das Klima wird unberechenbarer. Gleichzeitig werden die Modelle, die das Klimasystem der Erde im Computer simulieren, aber auch genauer.

Grünes Licht für die Wintervorhersage

Seit Oktober 2021 veröffentlicht der Deutsche Wetterdienst saisonale Klimavorhersagen - mit Ampelsystem. Die Karten zeigen Temperatur- und Niederschlagstendenzen für ganz Deutschland, aber auch regional und für einzelne Städte. Die abgebildeten Ampeln geben die Vorhersagequalität an: Rot bedeutet schlecht, gelb bedeutet mittel und eine grüne Ampel steht für eine relativ gute Vorhersagequalität.

“Das ist ganz wichtig, dass wir transparent die Vorhersage immer mit der Qualität verbinden (...) Bei der aktuellen Winter Vorhersage sehen wir eine grüne Ampel.”

Dr Andreas Paxian vom Deutschen Wetterdienst in seinem Büro. (Foto: SWR, SWR Aktuell BW)
Dr. Andreas Paxian forscht seit Jahren zu Klimavorhersagen, regionalen Klimamodellen und dem Klimawandel.

"Sparsamkeit ist auch bei milderen Temperaturen das Gebot der Stunde.“

Auch die Bundesnetzagentur schaut auf die saisonalen Klimavorhersagen des Deutschen Wetterdiensts. In einem milderen Winter wäre es leichter, die notwendigen 20 Prozent Einsparungen beim Gasverbrauch durchzuhalten, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.

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