Insekten

Hummeln knabbern Pflanzen an, damit diese früher blühen

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David Beck
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Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)

Schweizer Forscher haben herausgefunden, dass Hummeln Blätter von Pflanzen anknabbern, um deren Blüte zu beschleunigen.

Durch den Klimawandel verschiebt sich auch der Blühzeitpunkt von Pflanzen. Das könnte zu einem Problem für die Bestäuber werden, denn eigentlich sind die Insekten vom genauen Blühzeitpunkt der Pflanzen abhängig.

Forscher der ETH Zürich haben jetzt herausgefunden, dass zumindest Hummeln die Möglichkeit haben, durch Anknabbern der Blätter von Pflanzen deren Blüte zu beschleunigen.

Hummeln knabbern an Pflanzen, um diese dazu zu bringen, früher zu blühen. (Foto: Pressestelle, Hannier Pulido, De Moraes- and Mescher-Labs)
Hummeln knabbern an Pflanzen, um diese dazu zu bringen, früher zu blühen.

Hummelknabbern per Zufall entdeckt

Wie so oft in der Wissenschaft war es der Zufall, der zu dieser Erkenntnis führte: Eigentlich untersuchten die Forscher um Consuelo De Moraes und Mark Mescher an der ETH Zürich wie Hummeln auf den Geruch von Eiern anderer Insekten reagierten. Dabei bemerkten sie, dass die Hummeln Blätter von nicht-blühenden Pflanzen zerbissen.

Hummel-Studie der ETH Zürich (Youtube-Video)

Hummeln reagieren auf Mangel an Blütenstab

Schnell fanden sie heraus, dass sie die Pflanzen häufiger und stärker schädigten, wenn wenig Blütenstaub verfügbar war, sagt Mark Mescher:

Das konnten wir im Labor zeigen, wenn wir den Hummeln den Blütenstaub vorenthalten haben, aber auch in Freiland-Experimenten, wenn ihnen wenige Blüten zur Verfügung standen, zeigten sie das Verhalten relativ stark im Gegensatz dazu, wenn viele Blüten in ihrer Reichweite waren.

Hummeln schädigen Pflanzen häufiger und stärker, je weniger Blütenstaub verfügbar ist. (Foto: IMAGO, imago)
Hummeln schädigen Pflanzen häufiger und stärker, je weniger Blütenstaub verfügbar ist.

Liebesbisse bringen Pflanzen zum Blühen

Mit diesen kleinen Liebesbissen scheinen die Hummeln die Pflanzen dazu zu bringen, viel früher zu blühen, als sie das sonst tun würden. Die in dem Versuch verwendeten Senfpflanzen blühten bis zu zwei Wochen früher als unbeschädigte Vergleichspflanzen.

Bei Tomatenpflanzen war es sogar bis zu einem Monat früher. Während andere Bestäuber dieses Verhalten nicht zeigen, scheint es zumindest bei Hummeln natürlich und nicht auf das Labor beschränkt zu sein.

Wir haben während unserer Experimente beobachtet, dass Arbeiterinnen anderer Hummel-Arten auf unsere Wiese flogen und Pflanzen beschädigten.

Die Strategie der Hummeln ist erfolgreich.  Die gebissenen Tomatenpflanzen blühten im Schnitt bis zu einem Monat früher als erwartet.  (Foto: IMAGO, imago)
Die Strategie der Hummeln ist erfolgreich. Die gebissenen Tomatenpflanzen blühten im Schnitt bis zu einem Monat früher als erwartet.

Gestresste Pflanzen blühen früher

Der Grund für diese frühere Blüte ist den Forschern noch nicht bekannt. Allerdings wissen sie aus früheren Experimenten, dass Stress – zum Beispiel auf Grund von Wassermangel oder Krankheit – Pflanzen dazu bringen kann früher zu blühen.

Noch ist die Frage offen, ob die Hummeln diese Stress-Reaktionen der Pflanzen ausnutzen oder ob es eine aktive Antwort der Pflanze auf das Verhalten der Hummeln ist. Die Pflanze könnte merken, dass Bestäuber mit freien Kapazitäten vorhanden sind und lieber früher als später anfangen Blüten auszutreiben.

Der Grund für die frühere Blüte ist den Forschern noch nicht bekannt. Es kann einerseits der Stress der Pflanze sein, andererseits auch die Reaktion darauf, dass bereits Bestäuber unterwegs sind.  (Foto: Pressestelle, Hannier Pulido, De Moraes- and Mescher-Labs)
Der Grund für die frühere Blüte ist den Forschern noch nicht bekannt. Es kann einerseits der Stress der Pflanze sein, andererseits auch die Reaktion darauf, dass bereits Bestäuber unterwegs sind.

Hummel-Verhalten Reaktion auf Klimawandel?

Insekten und Blütenpflanzen haben sich lange gemeinsam entwickelt, das Zusammenspiel zwischen Blüte und Bestäuber ist lange einstudiert und fein abgestimmt. Insekten und auch Pflanzen sind darauf angewiesen, dass es perfekt funktioniert. Durch den Klimawandel und das Insektensterben ist dieses Zusammenspiel allerdings zunehmend in Gefahr.

Mit dem neu-gefundenen Verhalten nehmen zumindest die Hummeln die Spielregeln ein stückweit in die eigene Hand. Ob das allerdings ausreicht, um gegen die künftigen Herausforderungen zu bestehen, wird sich erst noch zeigen.