Raumfahrt

Nasa-Rover „Perseverance“ landet erfolgreich auf dem Mars

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Guido Meyer
Uwe Gradwohl
Thomas Hillebrandt
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Anna-Teresa Kiefer
Christian Burg

Nach seiner gut halbjährigen Reise landete der Mars-Rover Perseverance nun auf unserem Nachbar-Planeten. In den Abendstunden des 18. Februar gelang das schwierige Landemanöver.

Am 30. Juli 2020 startete die NASA die Mission "Mars 2020" von Cape Caneveral im US-Bundesstaat Florida aus. Nicht einmal ein kleineres Erdbeben kurz vor dem Start konnte den Zeitplan durcheinanderbringen. Im Gepäck: Der neue Mars-Rover Perseverance . Knapp sieben Monate war die Sonde unterwegs und ist nun, auf dem 480 Millionen Kilometer entfernten Planeten Mars gelandet.

Die Landung war eine gewaltige Aufgabe

Die technische Herausforderung, welche die NASA bei der Landung bewältigen musste, war gewaltig. Die Marslandung eines Rovers, groß wie ein Auto, ist nur möglich, wenn eine lange Kette von Techniktricks klappt. Zunächst muss ein Hitzeschild die Landekapsel vor mehr als 1300 Grad Reibungshitze beim Eintritt in die Marsatmosphäre schützen. Dann wird die Kapsel bei hoher Geschwindigkeit einen Fallschirm entfalten. Da der Fallschirm aber in der sehr dünnen Marsluft nicht ausreichend bremst, muss er kurz darauf auch schon abgeworfen werden. Die Bremsraketen werden gezündet.Diese halten die Transportplattform – unter der der Rover hängt – wenige Meter über der Marsoberfläche in der Schwebe. Danach wird der Rover von dieser Plattform, mit einer "Sky Crane" genannten Winde abgeseilt. Die Seile klinken sich von selbst aus. Der Rover steht auf dem Mars.

Der Ablauf der Landung ist nicht nur Theorie, sondern hat vor fast neun Jahren schon mal so geklappt. Beim Rover Curiosity, der heute noch auf dem Mars aktiv ist. Auch Perseverance soll, von Atomstrom angetrieben, viele Jahre auf dem Mars überstehen können. Der Name Perseverance, im Deutschen "Ausdauer", ist hier Programm.

Perseverance ist super ausgestattet

„Perseverance ist", so betont die NASA stolz, „der ambitionierteste Mars-Rover, der je gebaut und zu unserem Nachbarplaneten geschickt wurde.“ Der neue US-Marsrover hat eine ganze Reihe von technischen Neuigkeiten an Bord. Seine beiden Kameras sind die besten, die je auf den Mars gebracht wurden. Mit der einen kann er aus 100 Meter Entfernung so nahe an Gestein heranzoomen, dass er sogar aus dieser Entfernung feine Texturen auf der Oberfläche der Steine erkennen kann. Und die zweite Kamera kann besser als jemals zuvor Biosignaturen erkennen – also Rückstände von früherem Leben auf dem Mars. Diese Rückstände können sich im Dampf von Gestein zeigen – und dieser Gesteinsdampf wird mit Schüssen aus einem Laser erzeugt.

Das erste Bild der Marsoberfläche vom Nasa-Rover Perseverance (Foto: IMAGO, IMAGO / UPI Photo)
Schon wenige Momente nach der Landung übermittelte der NASA-Rover Perseverance das erste Bild der Marsoberfläche.

Geräusche vom Mars

Wie der Laser feuert und die im Vergleich zu früheren Rovern robusteren Aluminium-Räder im Marssand knirschen, das wird erstmals zu hören sein. Denn Perseverance hat ein Mikrofon an Bord. Der Mars-Sound wird fremdartig klingen, weil sich Schall in der sehr dünnen und kalten Kohlendioxidatmosphäre des Mars anders ausbreitet als in der Erdluft.

Neben all der Technik hat Perseverance auch noch die auf drei fingernagelgroße Chips gebrannten Namen von knapp elf Millionen Menschen dabei, die sie nach einem entsprechenden Aufruf eingesandt hatten, und sogar eine kleine Gedenkplakette für die Opfer der Corona-Pandemie.

Gestein vom Mars zur Erde schicken

Perseverance kann Gestein auch in kleinen Portionen verpacken und in Röhrchen versiegelt auf der Marsoberfläche ablegen. Diese Röhrchen sollen nach Angaben der NASA zwischen 2026 und 2028 von nachfolgenden Rovern eingesammelt. Die Gesteinsproben werden dann erst in die Umlaufbahn des Mars gebracht und von dort zur Erde. Geplante Ankunft der Proben auf der Erde: 2031.

Genau auf diese Aktion freut sich Planetengeologin Daniela Tirsch ganz besonders. Daniela Tirsch arbeitet am Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin und ist stolz auf die Kollegen und Kolleginnen, die das entwickelt haben.

"Sie werden das erste Mal Proben einsammeln, die auf dem Mars deponiert werden und später zur Erde, Anfang der 2030er Jahre hoffentlich, zurückgebracht werden. Dann können wir sie hier vor Ort in Laboren untersuchen. Und das ist ein Quantensprung in der Planetenforschung."

Projekt als Test für bemannte Mars-Missionen

Die US-Mission "Mars 2020" ist erfolgreich gestartet. (Foto: IMAGO, imago images/UPI Photo)
Die US-Mission "Mars 2020" ist am 30. Juli 2020 erfolgreich gestartet.

Seit den sechziger Jahren hat es fast fünfzig Mars-Missionen gegeben. Doch bislang ist noch nie eine mit Gesteinsproben zur Erde zurückgekehrt. Eine ganz schöne Herausforderung sei das, so eine „Mars Sample Return Mission“, ein völlig neues Konzept – findet Doug McCuistion, der ehemalige Direktor des Mars Explorations Programms der US-Raumfahrtbehörde NASA. Proben vom Mars nehmen und sie zur Erde fliegen – wenn das so kompliziert ist, warum dann ein solches Projekt überhaupt in Angriff nehmen?

"Dieser Flug wäre der erste überhaupt, der alle Anforderungen einer bemannten Mission erfüllt. Wir landen; wir entnehmen Proben; wir fliegen nach Hause. Sinnvollerweise sollten wir erst lernen, Gestein sicher zurückzubringen, bevor wir ein solches Projekt mit Menschen durchführen."

Für so eine Rückkehrmission braucht es außerdem Treibstoff. Perseverance wird versuchen, aus dem Kohlendioxid der Marsluft reinen Sauerstoff herzustellen. Und ganz klar, Sauerstoff auf dem Mars herstellen zu können, ist eine Technik, die auch für spätere Mars-Aufenthalte von Menschen wichtig ist. Wenn die Mission erfolgreich verläuft, kann das ein wichtiger Schritt hin zu bemannten Missionen zum Mars sein.

Rover hat einen Mars-Helikopter an Bord

Das auffälligste Gadget an der Perseverance-Mission ist aber der Mini-Helikopter „Ingenuity“. Er ist etwa einen halben Meter hoch, 1.8 Kilo leicht und mit meterlangen Rotorblättern ausgestattet. Håvard Grip ist für Flugkontrolle und Aerodynamik des Mars Helikopters zuständig, beim Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Kalifornien. Momentan werde der Mars nur mit Sonden erkundet. Sie umkreisen den Planeten. Auf dem Mars selbst rollen Fahrzeuge umher.

"Mit einem Hubschrauber könnten wir uns über den Boden erheben und von weiter oben zielgerichtet die Gegend erkunden. Solche Aussichtspunkte aus der Luft fehlen uns bislang bei der Erforschung."

Das Problem des Helikopters: Er braucht eine Atmosphäre, um zu fliegen. Die Atmosphäre auf dem Mars besteht vor allem aus Kohlendioxid. Ihre Dichte beträgt nur ein bis zwei Prozent der irdischen Atmosphäre, erklärt Grip. Sie ist also sehr dünn. Und je dünner eine Atmosphäre, desto weniger haben die Rotoren eines Hubschraubers zu greifen – und desto schlechter fliegt er. Die geringere Schwerkraft auf dem Mars im Vergleich zur Erde könne diesen Effekt nicht ausgleichen, erläutert Grip. Um zu gewährleisten, dass der Helikopter also überhaupt abheben kann, drehen sich die meterlangen Rotorblätter zehnmal schneller drehen als die eines Hubschraubers auf der Erde.

Einsatz von Hubschrauber als Test

Der erste Mars-Helikopter soll nur Testflüge absolvieren. Die NASA will sehen, ob das Prinzip funktioniert. Sie will wissen, ob sich Sonden mit Rotoren bei späteren Missionen zu wirklichen Forschungsflügen einsetzen lassen. Niemand wird im Cockpit des Mars-Helikopters sitzen, niemand wird ihn von der Erde aus fernsteuern. Die Software an Bord des Hubschraubers muss blitzschnell das Gelände scannen und entsprechende Flugmanöver einleiten.

Der Mars-Helicopter ist zunächst unter dem Rover befestigt, an seinem Bauch, so Håvard Grip. Nach der Landung auf dem Mars und nach der Ankunft im Krater wird der Rover den kleinen Hubschrauber einfach auf die Oberfläche fallen lassen – und zwar an einer Stelle, die wir vorher ausgesucht und als ungefährlich eingestuft haben. Der Rover entfernt sich dann, sodass der Helikopter abheben kann. Dann beginnen seine ersten Erkundungsflüge.

Wertvolle Erkenntnisse erhofft

"Die wissenschaftlichen Ziele der amerikanischen Mission Mars2020 sind für uns als Planetenforscher ganz besonders spannend, weil sie sich zum einen auf die Suche nach Spuren von ehemaligen Lebensspuren auf dem Mars begeben."

Dazu landete der Rover in einem ausgetrockneten See erfolgen, dem „Jezero Krater“. Hier, so vermuten Marsforscher, könnte es vielleicht einmal Wasser gegeben haben. Perseverance ist der fünfte Rover auf dem Roten Planeten, ein komplexes High-Tech-Labor, das die Mars-Forschung revolutionieren soll.

Auch die Gesteinsproben, die zur Erde zurückkehren sollen, sollen auf Spuren von Leben untersucht werden. Ob sich eine Rückführung von Mars-Gestein wirklich lohnt und was sie gebracht hat, wird sich während der Untersuchungen auf der Erde zeigen. Im besten Fall steht am Ende eine Sensation, nämlich die Erkenntnis, dass es auf zwei Planeten im Sonnensystem Leben gibt – oder zumindest gegeben hat.

Invasion von der Erde

Der amerikanische Rover ist aber nicht der einzige Besucher, den der Mars bekommen hat. Die Mars-Sonde HOPE der Vereinigten Arabischen Emirate und die chinesische Raumsonde „Tianwen-1“ kreisen schon um unseren Nachbarplaneten. Am 18. Februar war dann das Trio der irdischen Mars Invasoren komplett. Der Mars bekommt im Moment so viel Besuch, weil es letztes Jahr ein ganz wichtiges Startfenster gab. Eine Reise vom einen zum anderen Planeten in relativ kurzer Zeit und mit relativ wenig Treibstoff realisieren ließ.

"Da waren sich Erde und Mars ganz besonders nahe, so um die 56 Millionen Kilometer. Und das hat natürlich zur Folge, dass man in nur sieben Monate zum Mars hinfliegen konnte und deswegen haben, dass so viele Nationen wie möglich versucht."

Eigentlich sollte das Trio ein Quartett sein

Die europäische Raumfahrtbehörde ESA und die russische Behörde Roskosmos haben ihre geplante EXO-Mars-Mission aus technischen Gründen, vor allem aber wegen der Corona-Krise, um zwei Jahre nach hinten verschoben. Neues Startfenster ist Ende September/Anfang Oktober 2022.

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