Auch in diesem Jahr gibt es Lieferengpässe bei Medikamenten für Kinder. (Foto: SWR, SWR)

Medizinische Engpässe

Anhaltender Mangel an Medikamenten für Kinder

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Stefan Troendle
Stefan Troendle, Reporter und Redakteur bei SWR Wissen aktuell und SWR2 Impuls. (Foto: SWR, SWR, Christian Koch)
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Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)

Die Temperaturen gehen runter, die Zahl der Infektionskrankheiten steigt. Immer wieder gab es Engpässe bei Medikamenten – vor allem für Kinder. Wie ist die Lage in diesem Jahr?

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Noch sind die Apotheken gut versorgt. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass auch in diesem Jahr wieder bestimmte Arzneimittel fehlen werden. Tatjana Zambo, Präsidentin des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg geht davon aus, dass "wir im Bereich von manchen Antibiotika wieder mit Engpässen rechnen müssen."

Ebendas zeigt das Bestell-System am Computer in Zambos Apotheke. Bei Amoxicillin, einem sogenannten Breitbandantibiotikum gegen verschiedene Bakterien zeigen viele rote Zeilen den verfügbarem Lieferumfang mit dem Wert "0" an. Schon jetzt ist die Lage teilweise angespannt. Bei Fiebersäften, die hauptsächlich Kindern verschrieben werden, geht die Apothekerin aktuell aber noch davon aus, dass wir "ausreichend bevorratet" sind.

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Arzneimittel für Kinder sind besonders nachgefragt

Bei Medikamenten für Kindern ist die Situation heikel. Sie brauchen eine andere Dosierung, sind gefährdeter und reagieren mitunter sehr empfindlich. Noch dazu bekommen sie schneller Fieber als Erwachsene.

Junge liegt krank im Bett mit Medikamenten (Symbolbild) (Foto: IMAGO, IMAGO/Design Pics)
Der Medikamentenmangel trifft besonders Kinder.

Den Medikamentenmangel unmittelbar erlebt, hat eine Mutter mit ihrem Sohn in der Praxis von Kinder- und Jugendarzt Dr. Ralf Spahn in Rastatt. Als ihr Kind krank war, konnte sie erst in der dritten Apotheke die verschriebenen Medikamente erhalten.

Der Arzt kann zwar Rezepte ausstellen, aber ob das Arzneimittel tatsächlich in der Apotheke erhältlich ist, ist eine andere Frage. Weiterhin gibt es besonders bei wichtigen Medikamenten für Kinder Lieferschwierigkeiten.

Die Hauptprobleme bestehen aktuell bei der Versorgung der Kinder mit Antibiotika. Wenn wir bakterielle Infekte haben, gibt es nicht alle antibiotischen Säfte, die wir eigentlich bräuchten.

Einfach wieder mehr Medikamente in Deutschland produzieren, wie es die Politik angekündigt hat – so leicht ist es nicht. Viele Lieferketten hängen weltweit zusammen. So stammen beispielsweise die Wirkstoffe für ein bestimmtes Medikament aus China, die Produktion erfolgt in Indien und die Verpackung letztlich in Italien. Kein Hersteller baut eine Produktion auf, wenn sich das finanziell nicht lohnt und verlässliche Rahmenbedingungen fehlen, erklärt Michael Hennrich vom Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller.

Produktion von Medikamenten (Foto: SWR, SWR)
Wieder mehr Medikamente in Deutschland herzustellen, wäre zwar eine Lösung, schnell umsetzbar ist das allerdings nicht.

Besorgniserregend ist, dass die Probleme zunehmen. Wir hatten Phasen, da hatte man bei 100 bis 150 Arzneimitteln Lieferengpässe. Im letzten Jahr war die Zahl bei 450. Wir gehen davon aus, dass wir Ende des Jahres bei 600 bis 700 Medikamenten sind, die nicht lieferfähig sind.

Re-Importe aus dem Ausland als mögliche Teil-Lösung des Problems

Um die Nachfrage im Winter beantworten zu können, sind Apotheken gezwungen auf anderen Wegen die benötigten Medikamente zu beschaffen. Zum Großteil aus Re-Importen aus dem Ausland.

Das verschriebene Antibiotikum bekommen Patient*innen dann in einer Blanco-Verpackung, in der neben dem deutschen Beipackzettel auch eine englische Gebrauchsanweisung beiliegt. Das trägt allerdings, so die Einschätzung von Tatjana Zambo, durchaus zu Verunsicherung bei und bedarf intensiver Beratung.

Eine pharmazeutisch-technische Assistentin mischt im Labor der Apotheke ein Arneimittel an. (Foto: SWR, SWR)
Eine pharmazeutisch-technische Assistentin mischt im Labor der Apotheke ein Arneimittel an. Ein aufwändiges Verfahren, wofür nicht immer Zeit ist.

Eine andere Möglichkeit ist, dass Apothekerinnen und Apotheker die Medikamente selbst herstellen. Dabei sind die Möglichkeiten allerdings begrenzt und eine Dauerlösung ist das nicht – erst recht nicht im Notfall.

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