Streunende Katze

Gentherapie

So wirkt eine neue Verhütungsspritze für Katzen

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Veronika Simon
Portraitbild von Veronika Simon, Multimedia-Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell
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Leila Boucheligua

Etwa 80 Prozent der weltweit lebenden domestizierten Katzen sind Streuner – und das ist vielerorts ein Problem. Sterilisationen sind zu teuer und zu aufwändig für die große Menge an Katzen. Einfacher ginge es mit einer neuen Methode, die Forschende kürzlich vorgestellt haben.

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Der Großteil der domestizierten Katzen lebt frei herumstreunernd und vermehrt sich unkontrolliert. Meist leben diese Tiere unter schlechten Bedingungen. Hinzu kommt, dass sie wildlebende Tiere wie Singvögel jagen und so deren Bestand gefährden können. Die entsprechenden Tierheime und Auffangstationen sind überfüllt.

Hauskatzen können von ihren Besitzerinnen und Besitzern durch einen kleinen operativen Eingriff sterilisiert werden. Eine neue Methode, mit der auch die große Menge an streunenden Katzen einfacher sterilisiert werden könnte, hat nun eine Forschungsgruppe aus den USA entwickelt, die ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Nature Communications vorstellt.

Gentherapie verhinderte Nachwuchs

Ein Kater, neun Katzen, fast jeden Tag zusammengesperrt über vier Monate. Das ergibt eine Menge Katzen-Nachwuchs – könnte man meinen. Doch in der neu vorgestellten Studie bekamen nur drei der neun Katzen nach der Zeit mit dem Kater Junge. Die anderen weigerten sich zum Teil, sich überhaupt mit dem Männchen zu paaren. Der Grund dafür war offenbar eine neu-entwickelte Gentherapie, die die sechs Katzen ohne Nachwuchs vor den Paarungsversuchen erhalten hatten.

Dieses Katzen-Verhütungsmittel funktionierte in der Studie mit nur einer einzigen Injektion in einen Muskel der Katzen. Die Spritze enthielt eine Art Transportmittel für das Gen, das die Bauanleitung für das Anti-Müller-Hormon, kurz AMH, enthält.  

AMH verhindert die Reifung der Eizellen

Durch das injizierte Gen-Vehikel wurde die AMH-Bauanleitung in die Muskeln der Katze gebracht, woraufhin das Hormon fleißig vom Organismus hergestellt wurde. Dieses Anti-Müller-Hormon ist ein Geschlechtshormon, von dem die Forscherinnen und Forscher bereits bei Mäusen zeigen konnten, dass bei einem unnatürlich hohen AMH-Spiegel die Reifung der Eizellen des Weibchen verhindert wird. Offenbar funktionierte die Verhütungs-Gentherapie auch bei Katzen.

Eine Katze auf einem Behandlungstisch bekommt eine Spritze
Nach einer Injektion des Bauplans für das Anti-Müller-Hormon wird dieses im Organismus der Katze hergestellt und verhindert die Reifung der Eizellen.

Wie lange dieser Effekt anhält, ob also eine Spritze reicht um ein Katzenleben lang sterilisiert zu sein, ist allerdings noch nicht klar. Auch, wieso einige der behandelten Katzen noch nicht einmal Paarungsversuche zugelassen haben, können die Forschenden noch nicht genau erklären. Doch die Versuche zeigen: Das Prinzip scheint zu funktionieren.  

Gentherapie wäre leichter umzusetzen als übliche Sterilisation

Die neue Methode ist gerade angesichts der großen Streuner-Populationen weltweit sehr interessant. Eine solche Gentherapie ist deutlich leichter durchzuführen als eine bisher übliche Sterilisation: Ein Piks im Gegensatz zu einer Operation, das ist deutlich besser händelbar.

Fütterung von streunenden Katzen in einem Tierheim in Indonesien
Oftmals sind Unterkünfte für streundende Katzen wie dieses in Indonesien, das sich um mehr als 800 Katzen kümmert, sehr überfüllt. Mithilfe der Gentherapie-Verhütung könnte eine Sterilisiation der weiblichen Katzen deutlich einfacher umgesetzt werden, um so die unkontrollierte Vermehrung der Streuner zu stoppen.

Aber: In der jetzt veröffentlichten Studie haben bisher nur sechs Katzen eine solche Verhütungs-Therapie erhalten. Auch wenn bei ihnen keine unerwünschten Nebenwirkungen aufgetreten sind, ist die Anzahl der Versuchstiere deutlich zu niedrig, um belastbare Aussagen über die Sicherheit der Methode treffen zu können. So könnte die dauerhafte Überproduktion eines Hormons durchaus negative Effekte auf die Katzenkörper haben. Das muss also noch genauer untersucht werden, bevor die massenhafte Gentherapie-Verhütung beginnen kann.