"Container City" in Stuttgart soll in die virtuelle Welt überführt werden (Foto: SWR, Thomas Hillebrandt)

Metaverse

So bleibt "Container City" virtuell erhalten

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Thomas Hillebrandt
Thomas Hillebrandt, Redakteur und Reporter bei SWR Wissen aktuell (Foto: SWR, SWR, Christian Koch)
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Antonia Weise

Das Virtual Reality Projekt "Container City" in Stuttgart ist aktuell eines der wissenschaftlich-technisch ambitioniertesten Projekte, die reale in die digitale Welt zu überführen.

Die „Container City“ im Norden von Stuttgart ist ein Ort für Kunst, Kultur und Kreativität voller Objekte der Vergangenheit. Noch ist das Containerdorf ein realer Ort, an dem sich mitentscheidet, ob einer der großen Trends der digitalen Zukunft - das Metaverse -Wirklichkeit werden kann. Auf der "FMX - Film & Media Exchange“ trifft sich derzeit die internationale Elite aus den Bereichen Animation und visuelle Effekte.

Metaverse - eine Vision der Evolution des Internets

Im Metaverse soll ein grenzenloser virtueller Raum entstehen, in dem unsere digitalen Identitäten kommunizieren, arbeiten und leben sollen.

Noch ist das Gelände im Stuttgarter Norden weit vom Metaverse entfernt und fest in der realen Welt verankert. Doch Projektleiter David Münch und Jonas Trottnow, KI-Ingenieur am Animationsinstitut Ludwigsburg, wollen das ändern und starten das Projekt "Container City“.

Kamera, Tiefensensor und Drohne zum Sammeln von Daten

Um die "Container City" in die digitale Welt zu überführen, wird unter anderem ein Tablet benötigt. Dieses Tablet beinhaltet neben einer Kamera einen Tiefensensor, von dem eine Vorschau eines dreidimensionalen Objekts sehr schnell in einem 3D-Modell generiert werden kann.

Als zweites Werkzeug kommt eine Drohne zum Einsatz. Damit fliegt der Fotograf David Münch in vorher genau festgelegten Höhen und Aufnahme-Winkeln die Gebäude der "Container City" ab und fotografiert sie.

"Umso mehr Fotos man hat, umso größer ist die Datenmenge und umso sicher kann man sich sein, dass das Objekt wirklich von allen möglichen Seiten gescannt und abgebildet wurde."

David Münch steuert die Drohne und Jonas Trottnow macht Bilder mit dem Tablet. Sie sammeln Daten um das Dorf in die virtuelle Welt zu überführen. (Foto: SWR, Thomas Hillebrandt)
Projektleiter David Münch und KI-Ingenieur Jonas Trottnow sammeln Daten mit dem Tablet und der Drohne.

Nachbau in eine virtuelle Welt ist sehr zeitintensiv

Ein Ziel des Forschungsprojektes ist es, neue Verfahren zu entwickeln, um mit möglichst geringem Einsatz von Menschen und Technik das gesamte Areal digital zu erfassen.

Der Grund: Die "Container City" muss bald abgebaut werden. Doch das Kunst- und Kulturareal mit kleinen Ateliers, Probenräumen und Bühnen soll nach dem Abbau virtuell erhalten bleiben - und irgendwann auch, so die Idee, ins Metaverse ziehen.

Dazu entsteht aus den Fotos und 3-D-Daten ein erstes digitales Modell. Das alles ist sehr zeitintensiv, alle 28 Container des Geländes in die Virtualität zu bringen wird mehrere Monate dauern.

3-D-Modell eines Containers (Foto: SWR, Thomas Hillebrandt)
Das erste digitale 3-D-Modell eines Containers am Computer.

Maximilian Schmierer ist Geschäftsführer der b.ReX GmbH und arbeitet daran, das gesamte "Container City" Areal später virtuell begehbar zu gestalten:

"Im Fall von der "Container-City" ist der Anspruch, dass man einen echten Raum möglichst virtuell real abbildet. Das sind unglaubliche Datenmengen. Die große Herausforderung ist deshalb: Wie bekomme ich die so klein, dass sich die Welt auf jedem Gerät, auf einer VR-Brille, auf Smartphone oder auch um normalen Computer einfach angucken lässt."

Reale Orte sind sehr komplex und detailreich

Anders als bei den "Metaverse-Visionen“ großer Digital-Unternehmen, in denen Objekte oder Räume virtuell frei erschaffen werden, geht es bei der „Container City“ um einen realen Ort, der in allen Einzelheiten von der Realität in die virtuelle Welt überführt werden soll.

Geht man in die Innenräume der "Container City“, dann zeigt sich deutlich, wie komplex reale Welten wirklich sind. Der kleine Kneipen- und Bühnenraum ist zum Beispiel wie eine Zeitreise in die 1970er Jahre. Auch er wird verschwinden – und damit all die realen Objekte, die diesen Raum so einzigartig machen.

Digitale Darstellung im Innenraum eines Containers.  (Foto: SWR, Thomas Hillebrandt)
Die Details in den Innenräumen sollen so real wie möglich in der digitalen Welt dargestellt sein.

"Der Reiz ist, dass so detailgetreu wie möglich wirklich darzustellen, um auch das Gefühl zu rekonstruieren, wirklich hier gewesen zu sein. Und das macht’s natürlich schwierig, wenn man viele kleine Details hat, die man versucht, dann darzustellen, die man extra nochmal ringsum erfassen muss."

Vision: Den digitalen Raum in Zukunft nutzen können

Am Animationsinstitut der Filmakademie Ludwigsburg finden dann entscheidende Schritte statt, um aus den Daten interaktiv erlebbare Räume zu machen. Dafür muss man die digitalisierten Objekte auch in der virtuellen Welt bewegen können - ohne dass sie ihre realen Eigenschaften verlieren.

Für Jonas Trottnow, KI-Ingenieur am Animationsinstitut Ludwigsburg, ist ein ganz wichtiges Forschungsthema in dem Projekt: Es soll die Möglichkeit geben, dass einzelne Objekte aus einem großen Scan herausgelöst werden können. Dass man zum Beispiel einen Stuhl verschieben oder durch ein anderes modelliertes Objekt ersetzen kann, mit dem später auch interaktiv gearbeitet werden kann.

"Das ist im Prinzip ein Beispiel dafür, wie in der Zukunft im Metaverse eben die Realität auch wieder in die Virtualität finden kann. Gerade so ein Projekt wie das "Container-City"-Projekt ist ein Leuchtturm, der es ermöglicht, sich mit diesen ganzen Verfahren auseinanderzusetzen und die optimalen Wege zu finden, um in die Zukunft zu gehen."

Ob das Metaverse, eine der großen Ideen für die digitale Zukunft, wirklich angenommen wird, hängt also auch davon ab, dass reale Orte auch in der virtuellen Welt funktionieren.

Computer-Darstellung der "Container-City". (Foto: SWR, Thomas Hillebrandt)
Virtuelle Darstellung der "Container-City".

"Wenn wir den Raum digital archiviert haben, wünsche ich mir, dass der weiterhin nutzbar ist. Also einerseits, dass er erfahrbar ist, dass man diesen Raum begehen kann und den digitalen Raum weiterhin nutzt."

Was in Zukunft möglich sein wird, zeigt schon die erste Digitalfassung des kleinen Kneipen- und Bühnenraums: Ein Ausschnitt der Welt der 1970er Jahre wird erhalten bleiben. Jeder Besucher, jede Besucherin kann hier eintauchen in eine Welt voller Kunst, Kultur und Kommunikation, die in der Realität dann nicht mehr vorhanden ist. 

Denn in wenigen Monaten wird dieser einmalige Ort verschwunden sein. Dann ist die "Container City“ im Stuttgarter Norden nur noch virtuell erlebbar.

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