Für viele sind sie unterwegs ein Muss: Trekkingstöcke. Doch wiederholt gab es Meldungen von mangelhafter Stabilität und gesundheitsschädlichen Substanzen in Wanderstöcken. Können günstige Stöcke vom Discounter mit Markenstöcken mithalten? Wir haben sechs gängige Modelle im Praxischeck und im Labor genauer unter die Lupe genommen.
Diese Produkte haben wir getestet
In einer Stichprobe haben wir uns sechs gängige Wanderstöcke aller Preisklassen angeschaut:
- günstige Aluminiumteleskopstöcke von der Lidl-Eigenmarke Rocktrail für knapp 15 Euro
- den Aluminiumfaltstock Forclaz MT 900, dieser wird von Decathlon einzeln für knapp 45 Euro angeboten
- Carbonfaltstöcke von Alpin Loacker für knapp 80 Euro das Paar
- die Aluminiumteleskopstöcke Trail Cork von Black Diamond für rund 120 Euro
- Carbonteleskopstöcke C3 Watzmann Carbon PL 3.0 von Komperdell für knapp 150 Euro
- die Black Series SLS XTG Carbonteleskopstöcke vom Marktführer Leki für knapp 150 Euro.
Outdoorexperte prüft Stabilität und Handling
Im Sauerländer Wald machte Outdoor- und Wanderexperte Marwin Isenberg für uns den Praxischeck. Für ihn sind hohe Stabilität und gutes Handling Grundvoraussetzungen für einen Trekkingstock. Denn vor allem bei An- und Abstiegen lastet ein großer Teil des Körpergewichts auf den Stöcken. Damit es hier nicht zu Stürzen kommt, ist Stabilität lebenswichtig. Je nach Tourendauer und sportlichem Anspruch kann aber auch ein geringes Gewicht entscheidend sein.
In einem Wettlauf gegen die Zeit hat Outdoorexperte Marwin Isenberg gecheckt, wie schnell er die verschiedenen Wanderstöcke stabil auf seine Körpergröße einstellen kann. Vor allem beim Trail Running ist es wichtig, dass sich die Stöcke schnell und präzise auf die richtige Länge einstellen lassen. Beim günstigen Rocktrail dauerte das aufgrund der Rändelschrauben mit deutlich über 20 Sekunden am längsten. Auch für den Leki SLS XTG brauchte er etwas länger, da die Stöcke mit einem Spreizdübel durch Drehen stabilisiert werden. Die anderen vier Trekkingstöcke konnte Praxistester Marwin in 12 bis 14 Sekunden stabil aufbauen.
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Alle Wanderstöcke im Test hatten eine Griffverlängerung. Das ist praktisch, weil man beim Bergaufgehen den Stock nicht kürzer stellen muss, sondern einfach schnell nach unten greifen kann. Während die Griffe zumeist aus EVA-Schaum oder Kork gefertigt sind, wird für die Rohre der Stöcke neben Aluminium auch immer häufiger Carbon verwendet. Ob die Stabilität bei Carbonstöcken genauso gegeben ist, wie bei Aluminium, hat Outdoorexperte Marwin Isenberg im Stabilitätstest gecheckt.
Wanderstöcke aus Carbon oder Aluminium?
Um die Stabilität zu testen, hat Outdoorexperte Marwin die Stöcke an einem steilen Hang ausprobiert: bergauf und bergab abwechselnd im Doppelstockeinsatz und Diagonalschritt. Zuletzt hat er sich gleichzeitig auf beide Stöcke gestützt. Während die Carbonfaltstöcke von Alpin Loacker bei Querbelastung nur mäßig stabil waren, überzeugten die Carbonteleskopstöcke von Komperdell und Leki mit hoher Stabilität bei geringem Gewicht.
Auch die Aluminiumfaltstöcke von Decathlon zeigten gute Stabilität, ebenso die Aluminiumteleskopstöcke von Black Diamond. Eine Überraschung gab es bei den günstigen Stöcken vom Discounter Lidl, die bis 90 Kilo belastbar sein sollen. Obwohl Praxistester Marwin nur 85 Kilo wiegt, verbogen sich beide Stöcke beim Aufstützen, einer davon deutlich.
Auf unsere Nachfrage zeigt sich der Hersteller Lidl überrascht - und schreibt: "Der Artikel „Rocktrail Trekkingstöcke“ wurde durch ein unabhängiges Prüfinstitut mehrfach nach DIN 79016:2017 ohne Beanstandungen getestet. Auch die noch strengeren Anforderungen des TÜV Süd GS wurden bestanden. (...) Die von Ihnen berichteten Ergebnisse können wir daher auf Basis der uns vorliegenden Testungen nicht nachvollziehen."
Labortest – Fahndung nach gefährlichen Schadstoffen
Im Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens fahndeten Chemiker nach besonders gefährlichen Stoffen. Denn in den Kunststoffgriffen und Zubehörteilen von Wanderstöcken wurden in früheren Untersuchungen bereits häufig Schadstoffe nachgewiesen. Im Focus der Laboranalysen standen potentiell krebserregende PAK und Formaldehyd, fortpflanzungsgefährdende Phthalate sowie allergieauslösendes Nickel.
Problematisch ist es, weil man Wanderstöcke in der Regel über mehrere Stunden in der Hand hält. Dann können potentiell vorhandene Schadstoffe durch den Schweiß in den Körper gelangen. Je nach vorhandenem Schadstoff kann das Allergien auslösen oder organschädigend, krebserregend oder fortpflanzungsgefährdend sein, erklärt Chemikerin Dr. Ines Anderie die Gefahren.
Verbotener Weichmacher in einem Wanderstock
Während fünf Wanderstöcke völlig frei von den untersuchten Schadstoffen waren, fanden sich im Kunststofffuß des Carbonfaltstocks des österreichischen Herstellers Alpin Loacker 5,7% des nach der EU-Chemikalienverordnung REACH verbotenen Phthalats DEHP. Die Substanz wurde vor Einführung des EU-weit gültigen Grenzwerts von 0,1% zumeist als Weichmacher für Kunststoffe verwendet. Die Wanderstöcke hätten schon wegen des Phthalats nicht verkauft werden dürfen.
Der Hersteller Alpin Loacker erklärt zum verbotenen Weichmacher, dass "…eine solch hohe Belastung für uns rein prozessbedingt kaum vorstellbar erscheint. (…)", räumt jedoch ein: "Dessen ungeachtet, wäre eine Konzentration zu 5,7% nicht hinnehmbar."
Außerdem fanden sich im Fuß der Carbonfaltstöcke von Alpin Loacker mehrere potenziell krebserregende PAK. Diese sind jedoch nur bei längerem oder wiederholtem Hautkontakt bzw. bei der Gefahr des Verschluckens gesetzlich verboten.
Was sie wirklich brauchen Wandern: Schuhe, Rucksack, Ausrüstung
Wandern erfreut sich wachsender Beliebtheit, hat das altbackene Image längst abgelegt. Das gilt auch für die Ausrüstung. Wir sagen, was Sie wirklich brauchen.
Fazit: Wanderstock ist nicht gleich Wanderstock
Der Praxistest zeigt: Die günstigsten Wanderstöcke im Check haben am schlechtesten abgeschnitten. Praxischecker Marwin Isenberg rät, sich nicht einfach zum Kauf verleiten zu lassen, nur weil ein Produkt "Wanderstock" heißt. Es lohnt sich, für Markenwanderstöcke ein paar Euro mehr auf den Tisch zu legen.