Es ging um die Frage, aus wieviel Personen ein Kamerateam bestehen muss, damit wir die Qualität abliefern, die das Publikum von uns erwartet. Mittlerweile gibt es drei Varianten. Es gibt den Video-Journalisten (VJ), der alles alleine macht d.h. Kamera, Ton und die redaktionelle Arbeit. Variante 2: Reporter und Kamerafrau sind zu zweit unterwegs und teilen sich die Arbeit untereinander auf. Bei der dritten Möglichkeit besteht das Team aus Kamerafrau, Kameraassistent (Ton und Licht) und dem Reporter. Unsere Diskussionen kreisten gestern um die Alternative der Teams mit zwei oder drei Personen. Zurzeit beträgt der Anteil der Teams ohne Assistent rund 20 Prozent aller Drehtage im SWR. Meine Position dabei ist, dass wir diesen Anteil erhöhen sollten, um Ressourcen (sprich Mitarbeitende und Geld) freizubekommen, um neue, zusätzliche Aufgaben erledigen zu können – etwa neue digitale Angebote wie die Mediathek oder Angebote für Soziale Netzwerke. Die Gegenposition stellt darauf ab, dass durch die Arbeit ohne Kameraassistenz die Gestaltungsmöglichkeiten des Teams so eingeschränkt sind, dass die Qualitätsstandards, die das Publikum von uns erwartet, nicht mehr gehalten werden können und die redaktionelle Arbeit behindert wird.
Ich glaube, alle Beteiligten, der Redakteursausschuss, der Personalrat und der Intendant argumentieren im Interesse des Publikums und des SWR. Deshalb ringen wir zwar intensiv miteinander, aber es geht konstruktiv zu. Ich hoffe, es nimmt mir niemand übel, dass ich hier meine Argumente noch einmal nenne. Aber zunächst einmal die Punkte, die unstrittig sind: Wenn es die Gesundheit der Teammitglieder erfordert, sind natürlich drei Personen am Start. Ebenso, wenn an gefährlichen Plätzen oder in heiklen Situationen gedreht wird. Und wir sollten mit dem vollen Besteck antreten, wenn wir Dokumentationen, Features oder Filme mit besonderen Anforderungen an die Bildqualität drehen. Bei vielen Alltagsdrehs, wie z.B. für Nachrichten oder tägliche Magazine und Sport, kann der Anteil der kleinen Teams meines Erachtens deutlich über 20 Prozent gesteigert werden. Dabei bin ich kein Abgesandter von McKinsey. Mir geht es um die zusätzlichen Anforderungen, die das Publikum an uns stellt. Und es geht mir um die Menschen im SWR, denen wir nicht immer mehr Aufgaben aufladen können in der Hoffnung, irgendwie werden die das schon schaffen. Also müssen wir an den Stellen Kraft rausnehmen, wo wir es ohne Qualitätseinbuße tun können.
Die Diskussion um die Größe von Kamerateams ist nur ein Beispiel für so manche Diskussion, die wir künftig führen werden. Dahinter steht die Frage: Schaffen wir es, unsere Abläufe so zu verändern, dass wir Kraft für neue Aufgaben gewinnen? Sind wir bereit, mit Gewohnheiten zu brechen oder sogar auf das eine oder andere Angebot z.B. eine Sendung zu verzichten? Diese Entscheidung nimmt uns niemand ab. Und wir werden diesen Wandel nur erfolgreich gestalten, wenn wir im Sender transparent und respektvoll über diese Fragen reden und ggf. auch streiten. Die Sache ist es wert. Es geht um nicht mehr oder weniger als die Frage, ob wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Wettbewerb mit internationalen Medienkonzernen erhalten und – wo nötig – neu erfinden können.
Ihr
Kai Gniffke