Luthers Lieder im Interview 1

Ein neues Lied wir heben an

Stand

Die Reformation hat Geburtstag: 2017 jährt sich der berühmte Thesenanschlag Martin Luthers an der Schlosskirche zu Wittenberg zum 500. Mal. SWR2 Cluster nimmt dies zum Anlass, die musikalischen Folgen der Reformation anzuschauen. Denn bekannt ist ja: Martin Luther soll nicht nur einen guten Tenor abgegeben und die Laute eifrig gezupft haben, sondern er hat auch zahlreiche Lieder geschrieben. Viele davon sind heute aus dem Gottesdienst nicht mehr wegzudenken, andere fristen auch mal ein Dasein im Schatten ihrer berühmten Kollegen.

Einmal im Monat stellt SWR2 Cluster ein Luther-Lied vor - im Interview! In der ersten Folge geht es um Luthers erstes überliefertes Stück mit dem in diesem Sinne fast schon programmatischen Titel "Ein neues Lied wir heben an".

SWR2 Cluster: “Ein neues Lied, wir heben an” – Ihr Titel klingt ja erst einmal recht pragmatisch, so ein bisschen wie "Wir heben die Humpen und stimmen dann gemeinsam ein fröhliches Lied an"...

Luther-Lied "Ein neues Lied wir heben an": Ja, das könnte man meinen. Dabei erzähle ich eigentlich eine ziemlich traurige Geschichte.

Und die wäre?

Also, es wurde ja 1521 vom deutschen Kaiser und den Reichsfürsten das berühmte Wormser Edikt erlassen. Demnach durfte niemand die neue Lehre Luthers mehr vertreten oder verbreiten. Zwei Augustiner-Mönche aus Antwerpen haben das aber doch getan und sich auch noch geweigert zur alten Lehre zurückzukehren. Deshalb hat man sie dann im Juli 1523 in Brüssel auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Damit waren die beiden jungen Mönche doch im Grunde genommen so etwas wie die ersten Märtyrer der Reformation. Kann man das so sagen?

Ja, das kann man tatsächlich so sehen. Luther hat sie in meinem Text auch als solche bezeichnet. Er wollte damit eben klar machen, dass diese beiden jungen Männer wirklich für ihre Überzeugung und damit für Luthers eigene Lehre gestorben sind. Ihn muss diese Sache auch persönlich sehr getroffen haben: er war ja selbst Augustiner. Deshalb hat er da sicher auch Parallelen zu seinem eigenen Schicksal gesehen. Als er mich gedichtet hat war er ja vorher auch schon exkommuniziert worden und musste sich auf der Wartburg verstecken.

Wie hat er denn da oben im Thüringer Wald überhaupt von den Ereignissen im fernen Brüssel erfahren? Via Twitter wohl eher nicht...

Ne, die Vöglein haben es ihm sicher nicht gezwitschert. Damals haben sich solche Nachrichten vor allem per Mund-zu-Mund-Propaganda verbreitet. Auf diesem Weg wird er dann auch davon erfahren haben. Und dann wollte er natürlich auch, dass alle Welt davon erfährt. Deshalb hat er mich ja auch gedichtet. Man nennt mich und meine Kollegen auch gerne "Zeitungslieder" oder "Zeitlieder". Wir gehören also eigentlich auch gar nicht nur in die Kirche, sondern eher z.B. auf den Markt einer Stadt oder auf den Dorfplatz. Dort wurden wir damals von durchreisenden Boten vorgetragen. Denn zusammen mit Musik merkt man sich den Inhalt unseres Textes natürlich viel besser. In der Werbung funktioniert das ja heute auch noch sehr gut...

Das stimmt. Was macht sie als Lied denn dann so eingängig?

Na, erstmal meine Melodie. Die könnte ja ohne weiteres auch von einem Volkslied stammen. Zwei bis dreimal hören, und Sie haben die sofort im Ohr. Wo sie Luther allerdings her hat, weiß ich nicht genau. Wir alten Lieder haben leider keine Geburtsurkunden wie Sie als Menschen heute. Ich denke mal er sie irgendwo aufgeschnappt oder sie sogar selbst erfunden. Aber vielleicht hat sie auch einer seiner befreundeten Musiker komponiert. Johann Walter wäre da ein ganz heißer Kandidat. Der hat mich übrigens als erster im Druck herausgebracht: 1524 war das in seinem so genannten "Erfurter Enchiridion". Immerhin eines der ersten protestantischen Gesangbücher der Welt!

Im aktuellen Evangelischen Gesangbuch findet man sie aber nicht...

Das liegt vielleicht daran, dass die Protestanten mich zwar sehr gerne mögen, ich aber in die Liturgie eines Gottesdienstes nicht so gut hineinpasse. Schließlich wurde ich ja explizit für ein historisches Ereignis geschrieben. Und dann natürlich diese schreckliche Geschichte mit dem Scheiterhaufen - sie müssen sich ja immer vorstellen: Es sitzen ja schließlich auch Kinder im Gottesdienst!

Da haben sie natürlich Recht. Überliefert sind sie uns ja nur als Melodie mit Text. In welcher Version gefallen sie sich eigentlich selbst am besten?

Hmm, eigentlich auf einem Mittelaltermarkt von einem Bänkelsänger geträllert oder so.

Wirklich?

Ja, wirklich. Das ist dann doch richtig authentisch. Aber natürlich höre ich mich auch gerne beispielsweise in der mehrstimmigen Version von Michael Praetorius in der Kirche. Komponisten wie Schütz und Bach haben mich ja leider nicht so recht beachtet. Aber das war auch die Zeit, wo ich ein bisschen in der Versenkung verschwunden bin. Heute ist das ja zum Glück nicht mehr so.

Mit Fried und Freud ich fahr dahin

Die Reformation hat Geburtstag: 2017 jährt sich der berühmte Thesenanschlag Martin Luthers an der Schlosskirche zu Wittenberg zum 500. Mal. SWR2 Cluster nimmt dies zum Anlass, die musikalischen Folgen der Reformation anzuschauen. Denn bekannt ist ja: Martin Luther soll nicht nur einen guten Tenor abgegeben und die Laute eifrig gezupft haben, sondern er hat auch zahlreiche Lieder geschrieben. Viele davon sind heute aus dem Gottesdienst nicht mehr wegzudenken, andere fristen auch mal ein Dasein im Schatten ihrer berühmten Kollegen.

Einmal im Monat stellt SWR2 Cluster ein Luther-Lied vor - im Interview! Im zweiten Interview trifft Cluster Luthers Begräbnislied "Mit Fried und Freud fahr ich dahin".

SWR2 Cluster: "Mit Fried und Freud fahr ich dahin" - das klingt für uns ja heute so als sei das Sterben etwas Positives. Sind sie denn nun ein eher fröhliches oder doch ein trauriges Lied?
Luther-Lied "Mit Fried und Freud fahr ich dahin": Tja, eigentlich beides. Mein Text spricht ja in der ersten Strophe ganz klar von der Freude auf den Tod. Der ist ja aber im christlichen Verständnis an sich nichts Schlimmes, denn das Leben geht ja danach weiter und zwar an der Seite von Jesus. Genau darauf freut sich die Seele des Menschen in meinem zweiten Vers. Und nicht nur die, sondern alle Seelen der ganzen Welt. Da sind wir jetzt in meiner dritten Strophe. Und am Schluss steht natürlich die Erlösung, das Licht, das über alle Menschen kommen soll.

Wenn ich mir sie einmal anhöre, dann klingen sie ja weniger nach Freude, eher verhalten, traurig ...
Das stimmt natürlich grundsätzlich. Aber wir haben da zum Beispiel auch immer wieder solche Quintsprünge nach oben, schon ganz am Anfang meiner Melodie. Oder die Punktierungen - die deuten ja schon die Freude auf Christus an. Das sind ja alles Zutaten wie man sie sonst eher bei einem fröhlichen Tanzlied erwarten würde.

Luther hat ja ihren Text selbst geschrieben ...
Ja, genau!

... wo stammt der her oder worauf basiert der?
Na, die Bibel ist ja wohl nicht so ihre Stärke! Das ist natürlich eine Nachdichtung des Lobgesanges des Simeon, Evangelium nach Lukas, Kapitel zwo, Vers 29 bis 31. Dieser Simeon sehnt sich nach dem Tod, weil er ja den Heiland erblickt hat und der das Licht über alle Völker und die Heiden bringen wird. Und diese Grundideen hat Luther in seinem Text aufgegriffen und noch ein bisschen ausgeschmückt.

Wie kam er denn gerade auf diese Stelle
Als Augustiner-Mönch kannte er diese Passage natürlich besonders gut aus der Komplet (dem Nachtgebet der Mönche, Anm. d. Redaktion). Er hat es sicher oft selbst gebetet - allerdings in der lateinischen Version. "Nunc dimittis" heißt es da. Die wurde übrigens auch sehr gerne vertont in den letzten Jahrhunderten.

Stammt denn die Melodie von "Mit Fried und Freud fahr ich dahin" von Luther selbst? Wir wissen ja, dass er musikalisch ambitioniert war...
Naja, das ist wieder so einer dieser schwierigen Punkte: die einen sagen ja! Andere sagen Johann Walter hätte sie komponiert ...

Wer war dieser Johann Walter?
Ach ja, der war ein Musiker und eng mit Martin Luther befreundet. Der hat viele seiner Lieder auch veröffentlicht. Mich findet man zum Beispiel erstmals in seinem "Geystlich Gesangk Buchleyn" von 1524. Da sehen sie mal wie alt ich schon bin!

Dann haben sie ja sicher einiges mitgemacht in den letzten Jahrhunderten - ich meine musikalisch.
Das kann man wohl sagen! Ich finde es zum Beispiel wahnsinnig rührend, dass mich Dietrich Buxtehude in seinem so genannten "Klage-Lied" verwendet hat. Das hat er anlässlich des Todes seines eigenen Vaters 1671 komponiert. Was für eine Ehre für mich!

Der Tod eines geliebten Menschen - ist das so ein Anlass, bei dem man sie hören kann?
Oh ja, sehr oft: überall dort, wo ich den Trauernden Trost spenden kann. Denn das ist schließlich meine wichtigste Aufgabe. Mit der Zeit lernt man auch als Lied damit umzugehen.

In welcher Form hören sie sich denn selbst am liebsten?
Also, wenn ich ehrlich bin ... Besonders stolz bin ich ja darauf, dass mich ein so berühmter Komponist wie Johann Sebastian Bach für seine Kantaten eingespannt hat, vor allem in der Nummer 125. Der Eröffnungssatz davon - einfach herrlich! Da hat mich Bach so schön zärtlich mit seiner eigenen Musik eingerahmt ... Dafür werde ihm sicher auf ewig dankbar sein!

Christ lag in Todesbanden

Die Reformation hat Geburtstag: 2017 jährt sich der berühmte Thesenanschlag Martin Luthers an der Schlosskirche zu Wittenberg zum 500. Mal. SWR2 Cluster nimmt dies zum Anlass, die musikalischen Folgen der Reformation anzuschauen. Denn bekannt ist ja: Martin Luther soll nicht nur einen guten Tenor abgegeben und die Laute eifrig gezupft haben, sondern er hat auch zahlreiche Lieder geschrieben. Viele davon sind heute aus dem Gottesdienst nicht mehr wegzudenken, andere fristen auch mal ein Dasein im Schatten ihrer berühmten Kollegen.

Einmal im Monat stellt SWR2 Cluster ein Luther-Lied vor - im Interview! Im Dritten Interview trifft Cluster Luthers Osterlied "Christ lag in Todesbanden".

SWR2 Cluster: Christ lag in Todesbanden - schön, dass sie die Zeit gefunden haben, zu uns ins Studio zu kommen.
Lied Christ lag in Todesbanden: Ja, gerne. Ich freue mich auch!

Wir nähern uns ja dem Osterfest mit großen Schritten - ist diese Zeit nicht für sie besonders stressig?
Oh ja, die Protestanten singen mich demnächst wieder sehr oft - viele Termine...

Was macht sie denn für den Ostergottesdienst so attraktiv?
Tja ... (lacht) Sagen wir mal so: mein Text enthält eigentlich die ganze Essenz der Osterbotschaft.

Und die wäre?
Naja sie wissen schon: Christus stirbt für unsere Sünden am Kreuz und steht wieder auf. Damit lässt er das irdische Leben hinter sich und herrscht für Ewigkeit als lebendiger König

Wie verpackt denn Luther nun diese Botschaft in ihrem Text?
Vor allem in starken Bildern. Nehmen wir zum Beispiel mal meine vierte Strophe: da spricht er ganz plastisch von einem Krieg zwischen irdischem Tod und ewigem Leben. Das Leben verschlingt dort sogar den Tod.

Gerade hatten wir das Bild vom Krieg zwischen Tod und Leben - im zweiten Teil ihres Textes wird dann Luthers Bildersprache etwas weniger drastisch. Vom "süßen Brot" und dem "alten Sauerteig" ist ja dann in ihrer letzten Strophe die Rede. Warum diese Wendung ins Kulinarische?
Naja, Ostereier und andere Leckereien sind da sicherlich nicht gemeint. Das "süße Brot" ist vielmehr Christus selbst und vor allem dessen Wort. Der Sauerteig dagegen steht für das Leben ohne Christus. Also nochmal die zentrale Osterbotschaft - diesmal in einem etwas netteren Bild.

Was war denn eigentlich der genaue Anlass für Luther sie zu schreiben?
Wahrscheinlich das Osterfest im Jahr 1524. Aber sie wollen wahrscheinlich auf meine Vorlage hinaus ...

Ja, genau.
... also: Dahinter steckt eine Oster-Sequenz aus dem 11. Jahrhundert. Geschrieben hat sie ein gewisser Wipo von Burgund. "Victimae Paschali Laudes" - so lautet der lateinische Titel.

Und was hat Luther damit gemacht?
Er hat ihn nicht einfach nur übersetzt, sondern er hat den Text ausgedeutet und illustriert. Und das natürlich in der Volkssprache Deutsch. Das war ja sein reformatorisches Ideal, dass alle Christen solche wichtigen Botschaften auch verstehen.

Wo hat er die Melodie her?
Die hat Luther selbst erfunden. Wobei er sich recht stark an ein schon vorhandenes Osterlied angelehnt hat: "Christ ist erstanden" heißt das. Eine sehr nette, aber auch schon etwas ältere Kollegin von mir.

Hat das eigentlich einen besonderen Grund, dass ihr Text ausgerechnet sieben Strophen lang sind?
Ja natürlich. Die Sieben ist schließlich die Zahl der göttlichen Vollkommenheit! Die drei als Symbol der Dreifaltigkeit plus die vier Elemente gleich sieben, also völlige Harmonie zwischen der Seele und der Welt. Und wenn sie einmal genau nachzählen, dann hat jede meiner Strophe auch noch sieben Zeilen und fast immer sieben Betonungen pro Zeile.

Das ist ja wirklich faszinierend. Da waren sie als Lied doch sicher ein gefundenes Fressen für Zahlensymbolik-Fans wie etwa Johann Sebastian Bach?
Allerdings! Eine seiner frühesten Choralkantaten basiert sogar auf meiner Melodie. Und natürlich auch gleich mehrere Choralvorspiele. Deshalb hat mich z.B. auch so ein Bach-Verehrer wie Max Reger für das moderne Klavier bearbeitet. Der Witz ist nur: er dachte er bearbeitet Bach, aber in Wirklichkeit war die Vorlage von Johann Pachelbel. Hätte Reger mich damals selbst gefragt, dann wäre das sicher nicht passiert. Aber mir gefällt diese Fassung trotzdem!

Vater unser im Himmelreich

Die Reformation hat Geburtstag: 2017 jährt sich der berühmte Thesenanschlag Martin Luthers an der Schlosskirche zu Wittenberg zum 500. Mal. SWR2 Cluster nimmt dies zum Anlass, die musikalischen Folgen der Reformation anzuschauen. Denn bekannt ist ja: Martin Luther soll nicht nur einen guten Tenor abgegeben und die Laute eifrig gezupft haben, sondern er hat auch zahlreiche Lieder geschrieben. Viele davon sind heute aus dem Gottesdienst nicht mehr wegzudenken, andere fristen auch mal ein Dasein im Schatten ihrer berühmten Kollegen.

Einmal im Monat stellt SWR2 Cluster ein Luther-Lied vor - im Interview! Im vierten Interview trifft Cluster Luthers Glaubensbekenntnis-Lied "Vater unser im Himmelreich".

SWR2 Cluster: Sie sind ja für uns heute ein echter Glücksfall, denn von ihrer Geburt ist uns eine Momentaufnahme überliefert.
Lied Vater unser im Himmelreich: Wie bitte??? Wo haben sie diese Bilder her??

Ich meine diesen Zettel in Berlin...
Ach so! Ja, in der Staatsbibliothek wird ein Stück Papier aufbewahrt - von Luther eigenhändig beschrieben. Darauf hat er meinen Text skizziert und anschließend auch meine Melodie.


Warum ist denn der so interessant?
Der ist vor allem deswegen interessant, weil dort zu sehen ist wie Luther an meinem Text gearbeitet hat, wie er z.B. einzelne Worte durchgestrichen und durch neue ersetzt hat. Und meine sechste Strophe hat er sogar komplett verworfen und anschließend eine neue geschrieben. Wir erhalten damit also einen spannenden Einblick in die Lied-Werkstatt Luthers.

Ihr Text basiert ja auf dem klassischen "Vater unser" wie es noch heute gebetet wird. Was macht nun Luther daraus?
Ich zitiere dazu mal ein Flugblatt aus dem Jahr 1539, auf dem ich das erste Mal veröffentlicht wurde. Dort lautet der Titel nämlich: "Vater unser kurtz ausgelegt / vnd inn Gesang weyse gebracht durch D[r]. Mart[in] Luth[er]." Heute würden wir sagen Luther hat mich als smarte Kurzfassung davon angelegt - für das schnelle Gebet zwischendurch. Und natürlich hat er auch sehr genau darauf geachtet, dass mein Text und meine Musik zueinander passen.

Wo hat Luther denn ihre Melodie her? Oder stammt sie von ihm selbst?
Tja, man sagt ja immer leicht: Luther hat sie selbst erfunden. Dafür sprechen ja auch die Noten auf dem Berliner Zettel. Auf der anderen Seite tauchen ganz ähnlich volkstümliche und einprägsame Melodien schon vor Luthers Zeit auf. Die einen nennen den Tischsegen des Mönchs von Salzburg aus dem 14. Jahrhundert als Vorlage. Andere wollen die Melodie schon im Liederbuch der so genannten "Böhmischen Brüder" von 1501 erkannt haben. Keine Ahnung also ob das echt oder alles nur geklaut ist. Ich für meinen Teil fühle mich authentisch.

Sie haben gerade von den Noten zu ihrer Melodie gesprochen, die auf dem besagtem Schmier/Notiz-Zettel Martin Luthers zu lesen sind. . Da ist ja eine Melodielinie komplett wieder durchgestrichen. Verraten Sie uns, wie es dazu kam?
Ich kann mich leider nicht mehr genau an Luthers Worte erinnern, als er mich aufgeschrieben hat. Ich glaube er hat irgendwas gesagt von wegen "Dorisch klingt mir irgendwie zu fröhlich... Hmm, ich glaube ich versuchs mal mit was Ionischem". Damit meinte er die damaligen Modi der Kirchentonarten. Heute würde man sagen: er hat sich für Moll statt Dur entschieden. Es geht ja hier schließlich auch um ein sehr persönliches Gebet.

Ob in Dur oder Moll - ihre Melodie hat ja zahlreiche Komponisten zur Bearbeitung angeregt. In welcher Version hören sie sich denn selbst am liebsten?
Ach, da fragen sie mich was ... (überlegt kurz) Also Bach hat z.B. gleich mehrere Choralvorspiele über mich geschrieben, auch Buxtehude, die beiden Praetorius, Scheidt, Pachelbel, Max Reger ... Mendelssohn hat mir sogar eine ganze Orgelsonate gewidmet! Es gibt da aber auch noch eine neue Version von mir. Die finden sie auf dem aktuellen Album des Calmus Ensembles. Eine tolle Mischung aus Renaissance und Moderne. Diese Fassung von mir, die müssen sie unbedingt mal hören!

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SWR