Ganze zwölf Uraufführungen gab King Charles für seine Krönung in Auftrag. Doch wie stellt sich Komponist und Kolumnist Gordon Kampe die perfekte Krönungsmusik vor? Und vor allem: Wenn er einen Kompositionsauftrag bekäme, wie würde er diese Festmusik komponieren? Ein paar Ideen für eindrucksvoll royale Musiken hat er in seiner Glosse.
Festlich! Herrlich! Täteretä und Schnedderedeng!
Schlechtes Wetter, fragwürdiges Essen, keine Mitgliedschaft in der EU und Premierminister mit irritierenden Frisuren: Sicherlich ist es nicht immer einfach, Brite zu sein. Doch in diesen Tagen dreht sich bei unseren Nachbarn alles um die Krönung.
Das ist mir zwar etwas fremd, aber doch sicher Anlass genug, dass eine Menge festlicher Musik erklingen wird. Kann man also als Musiker nicht meckern! Festliche Musik! Herrlich, Täteretä und Schnedderedeng! Was zunächst so schön klingt, merke ich, zerlegt meine Stirn in zweifelnd-horizontale Faltungen.
Als ehemaliger Kirchenmusiker, der in Chören und mit der gängigen und natürlich auch festlichen Chorsinfonik sozialisiert wurde, stimme ich in jeden Bach- Händel- Mozart- Beethoven-Jubel mit Freuden ein, wird doch zum einen die Musik und zum anderen ohnehin Höheres bejubelt.
Königskrönung in Großbritannien Die Musik der Krönung von Charles III.
Charles III. wird am 06. Mai in Westminster Abbey gekrönt. Hierfür wurden eine Reihe an Auftragskompositionen vergeben, aber auch traditionelle Musik wird erklingen.
Musik, die mehr sein sollte als hübscher Schnick-Schnack-Schmuck
Dass Musik oft der „festliche Rahmen“ für allerlei repräsentative Zwecke ist, das kann – sehen Sie es dem Puristen nach – mich nicht rundum glücklich stimmen. So ein strahlender D-Dur-Akkord etwa, der ist für mich nie Rahmen, der ist immer auch Inhalt. Und wo Musik degradiert wird zu hübschem Schnick-Schnack-Schmuck, da werde ich bisschen nervös.
Da wir keine Monarchie sind, habe ich mich aber dennoch gefragt: Was, wenn irgendwann doch der Auftrag an mich erginge, eine festliche Musik für einen ähnlichen Anlass zu kredenzen? Etwa für die Amtseinführung einer Ministerpräsidentin, eines Bürgermeisters oder einer Staatsministerin für Kultur?
Rund um die Krönung von King Charles III. Das Geschäft mit der Monarchie
Das Geschäft mit der Monarchie boomt und die Royals spülen ordentlich Geld in die seit dem Brexit oft leeren Kassen – zum Beispiel mit Tee-Servicen mit King Charles' Konterfei.
Ein festlicher D-Dur-Akkord für jeden zusätzlichen Euro im Kulturetat
Da ich für Geld selbstredend alles mache, bewerbe ich mich hiermit also um einen Kompositionsauftrag für eine Amtseinführungsmusik! Das Konzept meiner Bewerbung geht so: Für jeden im entsprechenden Koalitionsvertrag zusätzlich vereinbarten Euro für den Kultur- und Bildungshaushalt, erklingt jeweils ein ungemein festlicher D-Dur Akkord, gespielt von einer High-Ende-Trötentruppe aus Gummersbach!
Für jede auch in finanziell finster werdenden Zeiten nicht gestrichene, dafür aber neu besetzte Stelle in Kunst- und Kultureinrichtungen jeglicher Art, spielt ein 19-köpfiges Kontrabass-Ensemble aus Cottbus (mit auf H gestimmter fünfter Saite!) einen wahnsinnig gut gestimmten H-Dur Akkord! H-Dur! Das ist eine Tonart, die Sie sich nicht entgehen lassen sollten!
Für jede Garantie völliger künstlerischer Freiheit, für jedes Versprechen, Kunst rückhaltlos zu fördern und keinerlei Gegenleistungen zu erwarten, würde ich einen saftigen Beat orchestrieren, der seinesgleichen suchen müsste. Das wäre mal eine schnieke Festmusik – eine, die gerne fröhlich stimmen soll und zugleich aufzeigt: Musik lullt nicht ein, sondern erinnert, was Sache ist.
Bei gestrichener Förderung gibt's dafür das viergestrichene Fis
Übrigens ginge das Stück auch andersherum … Bei der »Amtsausführung« gibt’s für jeden gestrichenen Euro im Kulturbetrieb ein viergestrichenes Fis auf einem mikrotonal verstimmten Plastiktrumscheit.
Das wollen Sie nicht hören. Aber nun Schluss mit dem Möppern. Nun gilt’s erst einmal der Krönung von Charles. Alles Gute, rufe ich aus meinem Komponierstüberl unterm Dach ihm zu. Long live the king!