Musikstück der Woche

Das Trio d'Iroise spielt Ludwig van Beethoven: Streichtrio c-Moll op. 9 Nr. 3

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AUTOR/IN
Felix Werthschulte

„1796 bei Opus 3 hatte Beethoven Ohren wie ein Falke“, heißt es in einem berühmten Sketch des Humoristen Loriot, als eine Gruppe dreier aristokratischer Herren mit auffällig Beethovenscher Haarpracht ein Trio des Meisters proben wollen. Weit besser als das, was in diesem Klamauk absichtlich übertrieben schräg klingt, ist natürlich unsere Aufnahme zum SWR2 Musikstück der Woche: Beethovens Streichtrio op. 9 Nr. 3 in der Einspielung mit dem Trio d‘Iroise.

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Karrierestart mit Dreierbesetzung

Streichtrio, das ist an sich schon eine etwas ulkige Besetzung, oder nicht? Kein volles Streichquartett, denn dazu bräuchte es ja eine zweite Geige. Auch muss der Basspart allein vom Cello übernommen werden.

Zu Beethovens Zeit, als das tiefe Saiteninstrument in seiner Entwicklung noch längst nicht die Klangfülle entwickelt hatte, die es später bei Komponisten wie Antonin Dvorák oder Edward Elgar haben sollte, klang es bei manchem Interpreten durchaus etwas dünn. Deshalb ließ Joseph Haydn in seinen Klaviertrios den Cellopart noch brav von der linken Hand des Klaviers mitspielen.
Nicht so Beethoven! Der entschied sich, gerade mit dieser Dreierbesetzung seine Karriere als Komponist zu starten.

Beethovens erster Werkzyklus überhaupt war dem Streichtrio gewidmet

Beethovens erster Werkzyklus überhaupt, die Streichtrios op. 1, wurden 1795 im Haus des Fürsten Lichnowsky aufgeführt. Kammermusik, deren Aufführung sich leicht organisieren ließ, drei Musiker waren immer irgendwie aufzutreiben. Und ein Pianoforte, womöglich ein gestimmtes, war nicht vonnöten. Dafür aber brauchte man eines: eine akkordische Klangfülle über hohes, mittleres und tiefes Register. Diese war mit Geige, Bratsche und Cello gegeben.

Das Streichtrio als innovative, noch etwas unterbelichtete Gattung

Zudem war die Gattung „Streichtrio“ durchaus innovativ, nicht so belastet wie andere. Streichquartett und Klavierkammermusik zu schreiben, das schien Beethoven wohl zu Beginn seiner Karriere als zu traditionell. Dem jungen, aufstrebenden Künstler wird das Streichtrio als Experimentierfeld sehr entgegengekommen sein.

Was Beethoven aus dieser Gattung, die sich mit Fug und Recht als damals etwas unterbelichtet bezeichnen lässt, schließlich machte, das ist ungeheuerlich. Bereits mit seinem Opus 1 hatte er Bemerkenswertes geschaffen, legte er kaum später mit seinen Opera 3 und 8 noch einmal nach.

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Experimentierfeld Streichtrio

Auch das Streichtrio Opus 9 Nr. 3 zählt zu den wichtigen Frühwerken des Komponisten. Die dramatische Spannung, die meisterhafte Beherrschung der einzelnen Instrumente und die anspruchsvoll zu interpretierende, aber meisterhafte Verbindung der drei Stimmen zu einem Ganzen wirken bis heute überzeugend.

Beethoven selbst war sich dessen übrigens bewusst: „Wenn die Kunstprodukte, denen Ihr als Kenner die Ehre Eurer Protektion erweist, weniger nach der genialen Inspiration als vielmehr nach dem guten Willen, sein bestes zu geben, beurteilt würden; so hätte der Autor die ersehnte Genugtuung, dem ersten Mäzen seiner Muse das beste seiner Werke zu präsentieren“ schrieb er an den Widmungsträger, den Grafen Johann Georg von Browne.

Schicksalstonart c-Moll

Das Streichtrio op. 9 Nr. 3 steht in einer Tonart, die für Beethoven besondere Bedeutung hatte: c-Moll, die Schicksalstonart, in der er später auch so berühmte Werke wie die Klaviersonate „Pathétique“ oder die Fünfte Symphonie schreiben sollte.

Vier charakterstarke Sätze bindet der Komponist in diesem Trio zusammen: Einen kunstvollen Kopfsatz, ein nachdenkliches, aber trotzdem stolz wirkendes Adagio, ein lebhaftes Scherzo mit einem leichten Tarantella-Touch, vielen Dissonanzen und rhythmischen Finessen, und schließlich das Finale mit seinen flirrenden Triolenketten, die sich in schwindelerregender Geschwindigkeit von oben herabstürzen. Fast möchte man dabei an einen Falken denken.

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Felix Werthschulte