Musikstück der Woche vom 08.04.2013

Wortlos sprechend

Stand

Sergej Rachmaninow schrieb mit seiner Vocalise ein Lied, das ohne Text nur auf die Kraft der Stimme setzt. Eine Steilvorlage auch für Instrumente aller Stimmlagen - wie zum Beispiel das Violoncello.

Daniel Müller-Schott (Violoncello) und Christopher Tainton (Klavier) beschlossen mit diesem Erfolgs-Encore ihr Bruchsaler Schlosskonzert am 23.01.2009.

Ein Zugabenstück fürs Gemüt

"Wozu sind die Worte, wenn Sie doch fähig sind, alles besser und viel mehr mit Ihrer Stimme und durch Ihre Interpretation auszudrücken, als jedermann dies mit Worten täte?" – Das jedenfalls meinte Sergej Rachmaninow zu Antonia Wassilijewna Neschdanowa, einer der bedeutendsten russischen Sängerinnen des 19. Jahrhunderts. Es geht also nicht um Worte sondern um Ausdruck pur. Einer Vokalise genügen die Vokale, um mit ihnen zu transportieren, was an Emotion rüberkommen soll.

Auch ohne Worte war Antonia Neschdanowa eine besonders 'beredte' Sängerin und nicht ohne Grund die Widmungsträgerin der Vocalise. Die Sopranistin hatte in allen wichtigen Belcantopartien des klassischen russischen und westeuropäischen Opernrepertoires brilliert. Sie wollte die italienische Belcanto-Tradition in Russland fortführten, zugleich aber auch einen wichtigen Beitrag zur russischen Nationaloper leisten. So pflegte sie gute Kontakte zu den russischen Komponisten ihrer Zeit, unter ihnen Rachmaninow und Alexander Gretschaninow.

Rachmaninows Vocalise cis-Moll op.34 Nr.14 wurde in der Fassung für hohe Singstimme und Klavier am 21.09.1915 in Moskau uraufgeführt. Ihren Erfolg verdankt sie aber auch den unzähligen (!) Transkriptionen, u.a. für für Gesangsstimme und Orchester, für Orchester allein, Geige und Orchester, Streichorchester, Cello und Klavier, Klaviertrio, Klavier allein, Klarinette und Klavier, Geige und Klavier, Horn und Klavier und schließlich auch Kontrabass und Klavier. Nur die Fassung in e-Moll für Orchester allein stammt übrigens von Rachmaninow selbst.

Daniel Müller-Schott - Violoncello

Daniel Müller-Schott hat keine Wunderkind-Karriere gemacht und trotzdem mit 15 den sagenumwobenen Tschaikowsky-Wettbewerb für junge Musiker in Moskau gewonnen. Seine musikalische Entwicklung vollzog sich ganz unspektakulär, aber klar und stetig. Technische Souveränität und interpretatorische Gelassenheit auch bei der allerschwierigsten Literatur kennzeichnen seine Konzerte und Aufnahmen. Und wenn manche Musiker sich erst im hohen Alter reif für Bachs Solowerke fühlen, so gilt für Daniel Müller-Schott das Gegenteil. Er beeindruckte Publikum und Fachpresse, indem er mit dem Allerheiligsten der Celloliteratur, den sechs Solosuiten von Bach, sein CD-Debut gab – und damit einen großen Wurf landete. Inzwischen, acht Jahre später, umfasst seine Diskographie ein gutes Dutzend CDs, ein großer Teil davon wurde mit höchsten Preisen ausgezeichnet, wie dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik, dem Gramophone Editor’s Choice und der Strad Selection.

Daniel Müller-Schott stammt aus München, ein musikalisches Elternhaus und von Anfang an hervorragende Lehrer unterstützten seine Entwicklung. Neben seinem Studium bei Walter Nothas, Heinrich Schiff und Steven Isserlis erhielt er persönliche Förderung durch Anne-Sophie Mutter und ihre Stiftung. Mit der Geigerin und dem Pianisten Sir André Previn hat er auch schon musiziert und eine CD mit Klaviertrios von Wolfgang Amadeus Mozart eingespielt.

Heute konzertiert der junge Cellist unter berühmten Dirigenten wie Charles Dutoit, Christoph Eschenbach, Michael Gielen und Kurt Masur und arbeitet mit Orchestern wie dem New York Philharmonic, dem Boston Symphony, dem Chicago Symphony und dem Philadelphia Orchestra in den USA sowie zahlreichen renommierten europäischen Orchestern zusammen. Auch bei den großen und kleinen Musikfestivals von Mecklenburg-Vorpommern bis Tanglewood ist er ständiger und gern gesehener Gast.

Sein Instrument stammt aus der Werkstatt des Venezianers Matteo Goffriler, es ist das „Ex Shapiro“ aus dem Jahr 1727.

Christopher Tainton - Klavier

Der Pianist Christopher Tainton, gebürtiger Hamburger, wurde zunächst von seiner Mutter unterrichtet, kam aber schon mit elf Jahren in die Klavierbegabtenschmiede von Karl-Heinz Kämmerling in Hannover. Nachdem er mehrere Jugendwettbewerbe gewonnen hatte, wurde er von der Deutschen Stiftung Musikleben und der Studienstiftung des Deutschen Volkes gefördert. Nach weiteren Studien am Mozarteum Salzburg und in Berlin führten ihn Konzertreisen ins europäische Ausland, in die USA, nach Russland und nach China. Insbesondere eine  Chinareise in Begleitung des Bundespräsidenten zählt für ihn zu den Höhepunkten der letzten Jahre. Eine der prägenden Persönlichkeiten in seinem künstlerischen Leben war der Pianist und Dirigent Christoph Eschenbach, mit dem er seit frühester Jugend zusammenarbeitet. Beeinflusst hat ihn auch der Komponist Hans Werner Henze, dessen erstes Klavierkonzert er mit dem NDR Sinfonieorchester unter Peter Ruzicka aufgenommen hat. Neben seiner solistischen Tätigkeit ist Tainton ein gefragter Kammermusiker. Daniel Müller-Schott und Baiba Skride gehören zu seinen bevorzugten Partnern.

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Autor/in
SWR