Duo Jatekok spielt Klavierwerke von Poulenc, Brubeck und Trotignon

Unfassbare Leichtigkeit

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AUTOR/IN
Martin Hagen

CD-Tipp vom 6.3.2018

Bezug zu Arthur Gold und Robert Fizdale

Keine Angst, es liegt keine Verwechslung vor, sondern wohl eher ein gewollter „Aha-Effekt“. Denn die „Boys“ auf dem CD-Cover beziehen sich nicht auf die Pianistinnen vom Duo Jatekok, sondern auf zwei amerikanische Tastenlöwen vergangener Tage: Arthur Gold und Robert Fizdale. Die beiden Virtuosen bekamen von vielen großen Komponisten ihrer Zeit Werke ‚auf den Leib geschrieben‘. So auch vom Franzosen Francis Poulenc. Und der nannte die beiden liebevoll kosend: „the Boyz", allerdings mit Z am Ende.
Das Werk, das er für sie schrieb, ist seine Sonate für zwei Klaviere, und die steht im Zentrum der neuen CD des Duo Jatekok.

Tolle Entdeckungen

Die beiden Pianistinnen, Naïri Badal und Adélaïde Panaget, kamen 2007 als Duopartnerinnen zusammen und versuchten sich als erstes an einem Stück des ungarischen Komponisten György Kurtág mit dem Titel „Játékok“ – zu Deutsch: Spiele. Dieser Werktitel ist seitdem zu ihrer Signatur geworden: Spielerisch, im besten Sinne, haben sie zwei große internationale Wettbewerbe für Klaviertrios gewonnen und das Publikum europaweit bei etlichen Rezitals und Klavierfestivals begeistert. Und die neue CD des Duo Jatekok funktioniert auch wie ein wohldurchdachtes Konzertprogramm: im Zentrum, wie gesagt, das Schwergewicht von Francis Poulenc, seine Sonate für zwei Klaviere aus dem Jahr 1953, flankiert von der etwas leichter anmutenden Èlegie für zwei Klaviere, die Poulenc ebenfalls den „Boyz“ gewidmet hatte. – Davor und danach setzen die beiden Pianistinnen zwei Werke, die aufhorchen lassen. Den Beginn machen drei Stücke des französischen Jazzpianisten und Komponisten Baptiste Trotignon, Jahrgang 1974. Jedes seiner Stücke für zwei Klaviere ist drei verschiedenen Komponisten bzw. Pianisten gewidmet, John Adams, Francis Poulenc und Martha Argerich. Und sie klingen auch so, raffiniert und äußerst kunstfertig hat Trotignon die Eigenheiten der Widmungsträger in seine eigene Musik eingearbeitet. Das ist für mich eine der tollen Entdeckungen auf dieser CD!

Brücke zwischen der Alten und Neuen Welt, zwischen Klassik und Jazz

Eine weitere Überraschung wartet im Schlussteil der Aufnahme: „Points on Jazz“ für zwei Klaviere von Dave Brubeck. Das ist eine Art Suite aus acht Tänzen, bei denen der US-amerikanische Jazz-Pianist und Komponist eine Brücke schlägt, zwischen der Alten und Neuen Welt, zwischen Klassik und Jazz. Die acht Tänze entstanden Ende der 1950er Jahre, ungefähr zur selben Zeit wie sein berühmtes Album „Time-out“, heute noch bestens bekannt wegen seiner Stücke in ungeraden Taktarten wie etwa „Take Five“ und „Blue Rondo alla turk“. Dave Brubecks „Points on Jazz“ klingt wie eine Fingerübung dazu, oder ein Skizzenbuch. Das bezieht sich allerdings nur auf die Themen, die Umsetzung ist alles andere als skizzenhaft. Da ist hohe pianistische Fingerfertigkeit gefragt. Und die kommt nicht von ungefähr: Dave Brubeck war ein halbes Jahr lang Student von Darius Milhaud, das war sicher prägend.

Absolut souverän und überzeugend

Bisher war fast nur vom bemerkenswerten Repertoire auf „Les Boys“ die Rede, aber die Stars auf der CD sind natürlich auch und vor allem Adélaïde Panaget und Naïri Badal. Unfassbar, mit welcher Leichtigkeit sie auch die schwierigsten Passagen meistern, und mit welcher Musikalität die beiden Pianistinnen den unterschiedlichen Werken zu Leibe rücken. Das gilt ganz besonders für die „jazzigen“ Anteile der Stücke. Das Duo Jatekok meistert den Spagat zwischen klassisch-technischem Anspruch und swingender Lässigkeit absolut souverän und überzeugend. Dadurch wirkt die CD wie aus einem Guss, wie ein gelungener Konzertabend für zwei Klaviere eben. Mit zwei fantastisch aufspielenden „Girlz“ – mit „Z“!

CD-Tipp vom 6.3.2018 aus der Sendung „SWR2 Cluster“

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Martin Hagen