Der Vorstand der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GAG in Ludwigshafen Wolfgang van Vliet redet nicht lange drumherum: "Wir haben noch zwei Grundstücke, um sozialen Wohnungsbau zu betreiben, dann ist Feierabend!" Bald sei für die GAG das Ende des Neubaus erreicht. Schlechte Nachrichten für alle Bürger, die in Ludwigshafen dringend eine kostengünstige Wohnung suchen. Fast 13.000 Wohnungen sind im Bestand der GAG, davon sind etwas mehr als vier Tausend öffentlich gefördert.

Nur mit Wohnberechtigungsschein kann man günstige Wohnungen bekommen
Öffentlich gefördert heißt, das Land Rheinland-Pfalz gibt der GAG zinsgünstige Kredite, damit sie für Bürger mit schmalem Geldbeutel günstige Wohnungen bauen kann. Hat ein Bürger eine öffentlich geförderte Wohnung ergattert, kann er für 5,70 Euro pro Quadratmeter dort wohnen - ein Euro günstiger als im Ludwigshafener Mietspiegel. Voraussetzung: Man hat einen Wohnberechtigungsschein. Das heißt wenn man unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegt, bekommt man diesen Schein und kann sich auf eine öffentlich geförderte Wohnung bewerben.
Fünfköpfige Familie lebt in Zwei-Zimmer-Wohnung
Wir finden eine Familie, die fünf Jahre lang eine günstige Wohnung suchte. Sie wollen anonym bleiben. Wir nennen sie Familie M. Bislang lebte die Familie zu fünft in einer Zwei-Zimmer-Wohnung im Ludwigshafener Stadtteil Hemshof. "Wir liegen nicht neben-, wir liegen aufeinander!", beschreibt die Mutter die Wohnsituation. "Meine Nerven liegen blank. Das ist so eine psychische Belastung, das kann man sich nicht vorstellen!" Die berufstätige Mutter hat drei Kinder. Gerade ihre große Tochter leide unter dem Platzmangel. "Meine Große kann nirgendwo in Ruhe lernen und Hausaufgaben machen. Die Kleinen springen ständig in der Wohnung rum. Einen Kita-Platz habe ich für die Kleinen nicht. Das ist ja auch furchtbar in Ludwigshafen. Also toben die durch die zwei Zimmer!", sagt die Mutter. Und persönliche Gespräche mit dem Ehemann seien auch kaum möglich.

Familie nahe am Nervenzusammenbruch
Ab dem ersten Juli zieht die Familie in eine Fünf-Zimmer-Wohnung in den Erfurter Ring nach Ruchheim. Frau M. sei einfach nur erleichtert und froh, sagt sie. Die GAG baut in Ruchheim 146 neue Wohnungen, darunter eben auch Sozialwohnungen. 106 Quadratmeter hat die Familie dann zur Verfügung - nach fünf Jahren Wartezeit, gefühlt tausenden von Telefonaten, Emails, Bitten und Betteln. "Ich hatte zuletzt den GAG Mitarbeitern gesagt, dass wir einfach nicht mehr können. Eine Wohnung auf dem normalen Wohnungsmarkt hätte uns 1.700 Euro kalt gekostet - das ist für uns nicht darstellbar!", erklärt Frau M. Die neue Wohnung hat hingegen einen Qudratmeterpreis von 5,60 Euro.
Es gibt weder günstige Grundstücke noch genug Förderung
Wolfgang van Vliet, Vorstand der GAG betont: Wir würden ja gerne mehr bauen, aber dafür bräuchte es günstige Grundstücke und mehr Förderung und beides gibt es nicht. In die Höhe bauen ginge auch nicht, die Vorschriften für den Hochhausbau seien so teuer, dass man 14 Euro pro Quadratmeter Miete verlangen müsste und das würde in Ludwigshafen niemand zahlen können.

Immer mehr Menschen ziehen nach Ludwigshafen
Der Wohnungsmarkt sei angespannt, weil immer mehr Leute nach Ludwigshafen ziehen, gerade Menschen mit schmalem Geldbeutel. Aktuell leben über 180.000 Menschen in Ludwigshafen -10.000 mehr als noch vor zehn Jahren. Tendenz steigend. 6.000 Anfragen von Wohnungssuchenden gab es im Jahr 2023 bei der GAG nach Sozialwohnungen.
Man kann nicht alles zubauen
Dr. Volker Spangenberger-Kerle zuständig für Stadtentwicklung in Ludwigshafen betont, man könne auch nicht wahllos alles zubauen. Es seien auch ökologische Gesichtspunkte beim Städtebau zu berücksichtigen. Frischluftschneisen zum Beispiel, damit die heißeste Stadt Deutschlands nicht noch heißer wird. Und die Bürger bräuchten auch ein paar Naherholungsräume wie Parks oder Spielplätze. Dennoch tue sich auch noch etwas außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GAG.
Hoffnung auf Wohnungen in der Heinrich-Pesch-Siedlung
In Friesenheim sei man dabei den Bau von 46 öffentlich geförderten Wohnungen vorzubereiten und in geplanten Heinrich-Pesch-Siedlung, die derzeit in Ludwigshafen gebaut wird, sollen 200 günstige Wohnungen gebaut werden. Und doch wirds eng und enger, sagt Spangenberger-Kerle: "Die Menschen rücken enger zusammen, teilen sich auch kleine Wohnungen, weil es einfach zu wenig auf dem Markt gibt". Hinzu kämen alle Geflohenen, die 2015 ins Land und in die Stadt gekommen seien, mittlerweile anerkannte Asylbewerber, die auch Wohnungen suchen.

Energetische Sanierung: Chance auf Neubau
"Bald werden wir uns aufs Sanieren konzentrieren", betont GAG Vorstand Wolfgang van Vliet. "Wir müssen aufgrund von Vorgaben der Bundesregierung unsere 13.000 Wohnungen erfassen und entscheiden, ob wir energetisch sanieren oder abreißen und neu bauen. Gut möglich, dass bei diesen Neubauten dann auch die ein oder andere zusätzliche Wohnung raus springt. Aber im großen Stil Neubaugebiete ausweisen und Mehrfamilienhäuser errichten - das wird bald nicht mehr gehen."
Schlechte Nachrichten für die Bürger in Ludwigshafen, die dringend günstige Wohnungen suchen.