Viel Praxis plus Studentenleben

Hebammenwissenschaft in Ludwigshafen: Erste Hebammen haben ihren Abschluss

Stand
Autor/in
Nicoletta Prevete

Premiere an der Hochschule Ludwigshafen: Am Freitag erhalten 46 junge Frauen ihren Bachelor in Hebammenwissenschaft. Für die Kliniken der Region sind sie heißbegehrte Fachkräfte.

In allen anderen EU-Staaten ist es schon lange üblich, dass die Hebammenwissenschaft an einer Hochschule gelehrt und studiert wird. In Deutschland war der Beruf dagegen lange "nur" ein Ausbildungsberuf.

Das ist jetzt anders: Seit 2021 gibt es auch an der Hochschule Ludwigshafen - wie an anderen Hochschulen in Deutschland - die ersten Studentinnen. Sehr zur Freude der Kliniken in der Pfalz - auch zur Freude der jungen Studierenden.

Studiengang in Ludwigshafen verbindet Praxis mit Studentenleben

Elif Frank zum Beispiel ist im fünften Semester: "Was mir so gut gefällt, ist, dass ich auch dieses 'Studierendengefühl' habe. Dass ich an die Uni gehen kann, gleichzeitig aber auch im Krankenhaus direkt mit den Menschen arbeiten kann. Dass das so nah an der Praxis ist und ich aber gleichzeitig an der Hochschule bin, das finde ich super", so die Studentin, die am St. Marienkrankenhaus in Ludwigshafen ihre praktische Ausbildung macht.

Ein Baby wird im St. Marienkrankenhaus Ludwigshafen gebadet
Ein Baby wird im St. Marienkrankenhaus in Ludwigshafen von einer angehenden Hebamme gebadet

Nächste Hebammen-Lektion: Ein Baby baden

Studentin Elif Frank hat noch drei Semester vor sich bis zu ihrem Abschluss. An diesem Arbeitstag feiert sie wieder mal eine erste kleine Praxis-Premiere: Sie muss ein zwei Tage altes Baby baden. Noch schläft der kleine Enno friedlich in seinem Babybettchen. Seine Eltern halten sich aneinander fest, für sie ist das erste Babybad genauso aufregend wie für die Studentin.

Eine Hebamme misst die Wassertemperatur im St. Marienkrankenhaus Ludwigshafen
Elif Frank prüft die Temperatur des Badewassers: Sie studiert im fünften Semester Hebammenwissenschaft an der Hochschule Ludwigshafen

Als Enno beim Ausziehen schon nach Leibeskräften schreit, kullern bei der jungen Mutter die Tränchen und Elif Frank kommt ins Schwitzen - nicht nur wegen der Wärmelampe, die den Wickeltisch angenehm temperiert. Ausbilderin Isabell Schubert gibt leise und ruhig Anweisungen, wie das Kind zu halten ist, wie Studentin Elif das Kind beruhigen soll und wie es vorsichtig zu baden ist.

Am Ende ist alles gut: Enno warm verpackt wieder in Mamas Arm und Elif Frank froh, die Bade-Premiere gut über die Bühne gebracht zu haben.

Der Beruf der Hebamme ist so etwas Besonderes und so vielfältig. Man kann mit Schwangeren arbeiten, Frauen unter der Geburt begleiten, die Familie nach der Geburt noch ein ganzes Jahr betreuen. Diesen Verlauf zu sehen, bei diesen schönen Momenten dabei sein zu können, das ist schon toll.

Hebammen-Studiengang in Ludwigshafen soll mehr Fachkräfte bringen

Claudia Hobbie, Studiengangskoordinatorin an der Hochschule Ludwigshafen, bestätigt: Die Hebammenwissenschaft motiviert viele Abiturientinnen, den Beruf zu erlernen. "Man spricht da einfach noch mal ein anderes Klientel an." Kliniken hätten recht verzweifelt versucht, an gut ausgebildete Hebammen heranzukommen. Mit dem Studiengang sei man dem Fachkräftemangel erfolgreich entgegen getreten.

Am St. Marienkrankenhaus werden am Freitag gleich drei Studentinnen ihr Abschlusszeugnis bekommen. Und alle drei wollen am St. Marienkrankenhaus bleiben. "Dass man seine eigenen Kräfte ausgebildet hat, die dann auch bleiben wollen, das ist für das ganze Team ein riesengroßes Kompliment", freut sich Isabell Schubert, Leitende Hebamme am St. Marienkrankenhaus.

Hebammenausbildung im St. Marienkrankenhaus Ludwigshafen
Die Leitende Hebamme zeigt der Studentin, wie die Erstuntersuchung eines Säuglings erfolgt

Hebammenwissenschaft: Jedes Jahr knapp 50 Studienplätze in Ludwigshafen

Insgesamt starten einmal im Jahr 46 Studentinnen mit dem Studium der Hebammenwissenschaft an der Hochschule Ludwigshafen - ein Mann war bislang nicht unter den Studierenden. Aber das könne sich ja noch ändern, so Claudia Hobbie. Klar sei, mit einem Studienabschluss könne man dem medizinischen Personal in den Kliniken eher auf Augenhöhe begegnen und erfahre womöglich auch ein wenig mehr Respekt und Anerkennung seitens der Ärzteschaft.

Und, so betont Isabell Schubert, endlich könne auch im Hebammenbereich geforscht werden: "Das ist ja bislang viel zu wenig erfolgt", betont die Leitende Hebamme am St. Marienkrankenhaus. Zum Beispiel im Bereich der Geburtshilfe: Wenn ein Kind etwa übertragen ist und man ihm dann auf die Welt helfen muss. "Da haben wir viel zu wenig Möglichkeiten, den Geburtsvorgang natürlich in die Wege zu leiten", so die Hebamme. Hier gebe es sehr viel Forschungsbedarf.

Entwicklung der Geburtshilfe Hebammen in der Geschichte: Kampf um Anerkennung und Eigenständigkeit

Seit jeher helfen sich Frauen gegenseitig bei der Geburt und geben ihr Wissen weiter. Der Beruf der Hebamme gilt als einer der ältesten. Doch ebenso lange werden Geburtshelferinnen und Hebammen auch mit Herausforderungen konfrontiert: von strikten Verordnungen über den Kampf um Selbstbestimmung bis hin zur Anerkennung ihrer Fachkompetenz.

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Krankenhäuser und Kreißsäle in Not "Alarmstufe Rot!": Schwanger und keine Hebamme?

Geburtshilfe gilt finanziell als nicht so attraktiv für Kliniken. Hebammen fürchten, dass noch mehr Stationen schließen. Sie beteiligten sich deshalb an Protesten in Mainz.

Am Morgen SWR4 Rheinland-Pfalz

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Nicoletta Prevete