Solidarität mit den Menschen im Iran

Gegen Gewalt und Unterdrückung

Eine Deutsch-Iranerin aus der Pfalz kämpft für Freiheit im Iran

Stand
AUTOR/IN
Birgit Baltes

Zohre ist 1997 aus Teheran nach Deutschland in die Südpfalz geflüchtet. Sie erzählt dem SWR ihre Geschichte, weil sie die Demokratiebewegung im Iran unterstützen will.

Zohre, Deutsch-Iranerin
Zohre, Deutsch-Iranerin aus dem Landkreis Südliche Weinstraße.

Zohre sieht man ihre 66 Jahre nicht an. Die zierliche Frau mit den lebhaften braunen Augen hat ein sanftes, mädchenhaftes Gesicht. Die Deutsch-Iranerin kam 1997 im Alter von 40 Jahren mit ihrer Familie in den Landkreis Südliche Weinstraße. Sie seien damals nach Deutschland geflüchtet, weil sie ihren Kindern ein Leben in Freiheit ermöglichen wollten, erzählt Zohre. Sie möchte ihren Familiennamen nicht nennen, weil sie sich vor Nachstellungen durch den iranischen Geheimdienst auch hier in Deutschland fürchtet.

Flucht aus dem Iran wegen Repressionen durch das Mullah-Regime

Zohre ist in Teheran aufgewachsen und hat ihre Jugend unter Ayatollah Khomeii verbracht. 1989 als Ali Akbar Hāschemi Rafsandschāni ins Amt des iranischen Staatspräsidenten gewählt wurde, hätten sie und viele ihrer Landsleute gehofft, dass sich mit ihm vor allem die wirtschaftliche Lage im Land bessern würde, erzählt die Deutsch-Iranerin. "Aber wir merkten schnell, dass alles Lüge war, was er versprochen hatte."

Sie habe erlebt, wie die Frauen gezwungen wurden, Kopftuch zu tragen und sich schließlich ganz zu verhüllen. Später heiratete Zohre und lebte mit ihrem Mann und den beiden Kindern im eigenen Haus in Teheran. Weil ihr Schwager in der Freiheitsbewegung politisch aktiv gewesen sei, sei auch ihre Familie ins Visier des Regimes geraten, erzählt Zohre. Es habe damit begonnen, dass Behördenvertreter zu ihnen nach Hause kamen und wissen wollten, wo sich der Schwager aufhält.

"Aber wir wussten das wirklich nicht. Er war längst geflohen." Ab diesem Zeitpunkt hätte ihre Familie, sogar die Kinder in der Schule, unter Repressionen gelitten. Da habe es beispielsweise schon gereicht, wenn ihr Sohn eine Jeans trug. Und sie sei auf dem Weg zur Arbeit als Beamtin plötzlich von der Sittenpolizei bedrängt worden, weil ein Stück Haut ihres Fußes zu sehen war.

Bruder im Iran gefoltert und Cousine hingerichtet

Sie habe erlebt, dass schon lange vor der Revolutionsbewegung im vergangenen Oktober politische Aktivisten im Iran inhaftiert, gefoltert und hingerichtet wurden, so Zohre. So sei ihr Bruder im Alter von 17 Jahren erwischt worden, wie er ein paar politische Flyer verteilte. Dafür sei er für dreieinhalb Jahren ins Gefängnis gekommen und dort gefoltert worden. Viele seiner gleichaltrigen inhaftierten Freunde seien dort ermordet worden, erzählt die Deutsch-Iranerin. Ihre Cousine und deren Mann habe man wegen politischer Aktivitäten inhaftiert, als die hochschwanger war. Nachdem sie ihr Baby bekommen habe, seien beide hingerichtet worden.

Solche Erlebnisse führten dazu, dass ihre Familie nach Deutschland floh, Verwandte und Freunde zurückließ. Rund 26 Jahre ist das jetzt her. Seitdem konnte sie nicht in ihre Heimat zurückkehren, nicht den Tod ihrer Eltern und vieler Verwandter betrauern. Denn im Iran drohe ihr die Todesstrafe. Mit Tränen in den Augen erzählt Zohre, wie sich ihre Mutter voller Schmerzen am Telefon von ihr verabschiedete. Und sie habe auch kein Haus mehr, in das sie zurückkehren könne. Denn das sei inzwischen von der Regierung beschlagnahmt worden.

Solidarität mit den Menschen im Iran
Zohre hat Flugbätter und Informationsmaterial für den Infostand in Landau vorbereitet.

Demokratiebewegung im Iran: für Deutsch-Iranerin Hoffnung und Qual

Die Massenproteste nach dem gewaltsamen Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini durch die Sittenpolizei im Oktober hätten zunächst die Hoffnung in ihr geweckt, dass sich die Demokratiebewegung im Iran endlich durchsetzen werde und das Mullah-Regime unter Ali Chamenei gestürzt würde.

Aber das Morden und Vergewaltigen im Iran ginge täglich weiter. Das erfahre sie durch die sozialen Medien, Telefonate und andere Netzwerke, berichtet die 66-Jährige und zeigt ein Video aus der Stadt Zahedan im Osten Irans, wo die Freiheitsbewegung besonders aktiv sei. Dort seien am vergangenen Montag iranische Soldaten durchmarschiert und hätten die Menschen auf offener Straße getötet, darunter auch ein Kind.

Allerdings seien viele soziale Medien inzwischen durch die iranische Regierung blockiert und infiltriert, so Zohre. Und weiter: "Das tut uns total weh, wenn wir sehen, dass im Iran die Menschen getötet werden, Frauen vergewaltigt, Kinder getötet werden. Es passiert wirklich alles Unrecht der Welt an den iranischen Menschen, die einfach unter den Füßen der Mullahs zerdrückt und getreten werden. Und das ist nicht auszuhalten, für keinen Iraner im Exil. Unsere Herzen, unsere Gedanken sind jetzt bei unseren Landsleuten im Iran."

Deutsch-Iranerin aus der Südpfalz will für Freiheit im Iran eintreten

Sie habe alles getan, um sich in Deutschland zu integrieren und der Kreis Südliche Weinstraße sei inzwischen zu ihrer zweiten Heimat geworden. Sie habe die Sprache gelernt, sich zur Chefsekretärin hochgearbeitet und sei zum Christentum konvertiert. Doch jetzt sei sie von Deutschland enttäuscht, sagt Zohre. Enttäuscht, weil inzwischen viel weniger in den Medien berichten würden und weil es keine tief greifenden Sanktionen gegen den Iran gebe.

"Im Iran gibt es eine Pressezensur und Auslandskorrespondenten dürften sich nicht frei bewegen", sagt Zohre. So werde ihrer Einschätzung nach der Eindruck erweckt, dass es inzwischen ruhig geworden sei um die Revolutionsbewegung. "Das ist aber nicht so", sagt Zohre. "Die Menschen sind im Untergrund weiter aktiv." Für ihre Landsleute gehe sie - die politisch früher nicht aktiv war - jetzt an die Öffentlichkeit, um den Südpfälzern über den Iran zu berichten und die 43 Jahre Unterdrückung unter dem Mullah-Regime.

Infoveranstaltung auf dem Rathausplatz in Landau

"Wir fühlen uns verpflichtet, diese Revolution bekannt zu machen. Die Menschen im Iran wollen dieses Regime nicht mehr haben und wir Deutsch-Iraner wollen, dass das alle auf der Welt wissen und wir werden einfach bis zum Ende weiter machen, bis das Regime im Iran verschwindet und die Menschen frei werden."

Sie und ihre Mitstreiter wollten sich dafür einsetzen, dass Deutschland den Iran endlich zum Terror-Regime erkläre und wirksame Wirtschaftssanktionen verhänge, etwa die Öl- und Gasimporte aussetze, sagt die Deutsch-Iranerin. "Dass die Wirtschaft einfach eine kurze Zeit beiseite gelegt wird und einfach die Menschen im Iran gesehen werden, was sie durchmachen."

Iranerinnen haben in Landau protestiert
Iranerinnen haben in Landau protestiert

Gemeinsam mit einer Landauerin hatte Zohre am Wochenende einen Infostand am Samstag auf dem Rathausplatz in Landau organisiert.

Iranerinnen demonstrieren in Landau
Protest gegen das iranische Regime in Landau
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Birgit Baltes