Güterzugunfall in Niederlahnstein am 30. August 2020: Jetzt steht die Unfallursache fest und die Sanierung des mit Diesel verseuchten Bodens hat begonnen

Zwei Jahre nach Zugentgleisung

Ursache für Güterzugunfall in Lahnstein steht fest

Stand
Autor/in
Christina Nover
Autorin Christina Nover

Zwei Jahre nach dem Güterzugunfall in Lahnstein sind die Untersuchungen zur Ursache abgeschlossen. Demnach haben mehrere Faktoren dazu geführt, dass die Kesselwagen entgleist sind.

Pünktlich zum Jahrestag des Unfalls hat die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) ihren Abschlussbericht zur Zugentgleisung in Lahnstein vorgelegt. Aus dem 60-seitigen Bericht geht hervor, dass ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren zu dem Unfall geführt hat. Eine Hauptursache: Der Güterzug sei an der Unfallstelle deutlich zu schnell unterwegs gewesen - bis zu 22 km/h schneller als erlaubt.

Der Lokführer habe zudem eine Funktion am Triebwagen des Zuges falsch eingestellt. Dadurch habe ein Überwachungssystem nicht funktioniert, das eine Zwangsbremsung hätte einleiten können. Außerdem konnten durch die Untersuchung mehrere Probleme an der Gleisanlage festgestellt werden. Dazu gehörten Einbaufehler, aber auch Verschleißerscheinungen.

Bei dem Güterzugunfall liefen 180.000 Liter Diesel aus

Inwiefern diese Ergebnisse der Untersuchung rechtliche Konsequenzen haben, steht noch nicht fest. Die Staatsanwaltschaft Koblenz teilte auf Anfrage des SWR mit, dass ihre Ermittlungen zum Güterzugunglück in Lahnstein noch andauern. Dabei spiele der jetzt veröffentlichte Abschlussbericht der BEU eine wichtige Rolle. Der Lokführer, der den verunglückten Güterzug damals gesteuert hat, darf inzwischen keine Züge mehr fahren.

Kesselwagen liegen an der Unfallstelle in der Nähe des Bahnhofs von Niederlahnstein auf der Seite.
Bei dem Güterzugunfall in der Nähe des Bahnhofs von Niederlahnstein entgleisten am 30. August 2020 acht Wagen, sechs Kesselwagen kippten um.

Bei dem Unfall entgleisten vor zwei Jahren in Niederlahnstein acht Wagen eines Güterzugs. Sechs Kesselwagen kippten um. Dabei liefen nach Angaben der Stadt Lahnstein etwa 180.000 Liter Diesel aus und versickerten im Boden. Rund ein Drittel davon befindet sich Berechnungen zufolge immer noch dort.

Güterzugunfall: In Lahnstein beginnt die Bodensanierung

Zwei Jahre nach dem Güterzugunfall hat auch die Sanierung des Bodens begonnen. Wie die Bahn auf SWR-Anfrage mitteilt, wurde kurz vor dem Jahrestag ein Sanierungsverfahren gestartet, mit dem der natürliche Abbau des Diesels im Boden beschleunigt werden soll. In den vergangenen Monaten seien dazu großflächig Pilotversuche durchgeführt worden - mit entsprechendem Erfolg.

An der Unfallstelle in Niederlahnstein wird der Diesel demnach durch natürlich im Boden lebende Mikroorganismen zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut. Um für diese Mikroorganismen ideale Lebensbedingungen zu schaffen und den Abbau zu beschleunigen, wird beim sogenannten Bioventing der Sauerstoffgehalt im Boden auf das Maximum erhöht.

Dafür wird die laut einer Bahnsprecherin die Umgebungsluft mit Hilfe von Kompressoren stark verdichtet und über sogenannte Belüftungsbrunnen in den Boden gepresst. Von diesen Brunnen aus verteile sich der Sauerstoff dann im Boden.

7.500 Kubikmeter Erde ausgetauscht

Der Rhein-Lahn-Kreis, der als untere Wasserbehörde die Sanierungsplanung der Deutschen Bahn begleitet, erklärt, dass noch keine endgültige Entscheidung zur Sanierung getroffen wurde. Erstmal werde das sogenannte Bioventing-Verfahren eingesetzt. Andere Verfahren seien aber auch noch im Gespräch.

Bereits im September 2020 konnten große Teile des Diesels durch einen Bodenaustausch entfernt werden. Nach Angaben der Bahn wurden dabei 7.500 Kubikmeter belastete Erde und Gestein entfernt. Der verbliebene Diesel befindet sich laut der Stadt Lahnstein unter drei Oberleitungsmasten und in noch tieferen Erdschichten, die nicht ausgebaggert worden waren.

Grundwasser wird nach Güterzugunfall in Lahnstein überwacht

Um zu verhindern, dass Diesel ins Grundwasser oder den Rhein gelangt, sei als Sofortmaßnahme eine Grundwassersicherung eingerichtet worden. Wie die Stadt Lahnstein mitteilt, wird das unterhalb der Havariefläche strömende Grundwasser fortlaufend über Brunnen abgepumpt und über eine Reinigungsanlage geleitet. Die Grundwasserqualität werde kontinuierlich überwacht.

Messstelle an der Unglücksstelle in Niederlahnstein
Die Bahn hat rund um die Unglücksstelle in Niederlahnstein mehrere Messstellen installiert, die der Überwachung dienen.

Eine Gefahr für Grundwasser und Rhein besteht den Angaben zufolge nicht, denn die verbliebene Dieselbelastung liege deutlich oberhalb des Grundwasserspiegels. Probleme könnten demnach nur dann eintreten, wenn die belasteten Bereiche - beispielsweise bei Hochwasser - durchspült werden. Aber auch in diesem Falle würde laut Stadt die hydraulische Grundwassersicherung greifen und das Wasser reinigen. Der Diesel könne sich also auch dann nicht weiter ausbreiten.

Reduzierung der Zug-Geschwindigkeiten gefordert

Nach dem Unfall war von Seiten der Stadt Lahnstein, der Verbandsgemeinde Loreley und dem Zweckverband Oberes Mittelrheintal eine Resolution verabschiedet worden. Darin war unter anderem eine Reduzierung der Zug-Geschwindigkeiten innerhalb den Städten und Gemeinden von maximal 50 km/h gefordert worden.

Der Dieselunfall in Niederlahnstein zeigt nach Ansicht der Stadt Lahnstein beispielhaft die Problematik von Gefahrguttransporten im Mittelrheintal auf. Demnach bedarf es vereinter Anstrengungen sowie "eines langen Atems", um die Probleme zugunsten der Rheinanwohner zu lösen.