Naturschutz-Erfolg: Waldrappe in einer Felsnische am Bodensee

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Autor/in
Andreas Herrler

Der Waldrapp ist sicher einer der optisch bizarrsten Vögel in Deutschland - mit seinem langen, gebogenen Schnabel, seiner Halskrause und seiner punkigen Frisur. Er ist aber auch einer der Vögel, die am meisten gefährdet sind. In freier Wildbahn war er in Europa weitgehend ausgerottet, in Überlingen am Bodensee läuft daher seit 2017 ein Wiederansiedlungsprogamm. Und dort haben Waldrappe sich jetzt in einer natürlichen Felsnische angesiedelt. Warum das eine Sensation ist, erklärt Anne-Gabriela Schmalstieg vom „Waldrappteam“ im Gespräch mit SWR-Aktuell-Moderator Andreas Herrler. Sie ist für die Auswilderung der Vögel zuständig und betreut die Brutstätte bei Überlingen.

SWR Aktuell: Was ist denn daran so außergewöhnlich, dass sich diese Waldrappe nun in dieser Felsnische ansiedeln?

Anna-Gabriela Schmalstieg: Das Außergewöhnliche daran, dass die Waldrappe jetzt in dieser Felsnische ist, ist, dass wir seit mehreren Jahren versucht haben, sie dort hinzubringen. Waldrappen sind Felsbrüter, sie nutzen diese Nischen, um ihren Nachwuchs groß zu ziehen. Und wir haben es jetzt längere Zeit versucht, sie dort hinzubringen, um ihnen den Standort zu zeigen. Und dass sie jetzt in diesem Jahr wirklich von Anfang an jetzt daran interessiert sind, dort wirklich sich auch aufzuhalten, ist natürlich ein großer Erfolg für uns.

SWR Aktuell: Wie macht man den Vögeln diese Felsnische schmackhaft? Man kann ja keine blinkenden großen Pfeile hinstellen. Bringen Sie die Vögel da immer wieder hin?

Schmalstieg: Wir haben sie ja in den letzten Jahren an einer künstlichen Brutstruktur brüten lassen, die sich in eigener Entfernung dort befindet, in Luftlinie nicht so weit entfernt. Dort haben wir die letzten Jahre erfolgreich Nachwuchs großgezogen. Und wir haben dann versucht, ihnen den neuen Standort zu zeigen. Da haben wir „Nest-Transfers“ durchgeführt – sprich: Wir haben die Nester mit den Küken und den Eltern genommen und sie dann mit einer Hebebühne in diese Felsnische reingesetzt. Das hat immer nur so weit geklappt, dass ein Nest dort verblieben ist. Und wir hatten dann auch gehofft, dass die Waldrappe im nächsten Jahr diese Nische dann annehmen. Und ja, in diesem Jahr haben wir es dann so gemacht, dass wir dort Attrappen reingesetzt haben, die uns zur Verfügung gestellt wurden. Die wurden auch angemalt und schauen quasi wie ein richtiges Nest oder wie richtige Waldrappe im Nest aus. Und wir haben diesen alten Brutplatz, den wir hatten, zugehängt, dass sie gar nicht dorthin kommen können. Und dadurch, dass einige Waldrappe durch diesen Nest-Transfer diese Nische schon kannten, haben sie dann sich in diesem Jahr dazu entschlossen, dass sie dann direkt sich aufhalten.

SWR Aktuell: Das heißt, die kamen aus ihrem Winterquartier aus der Toskana zurück und sind direkt auf diese Felswand zugesteuert?

Schmalstieg: So in etwa. Die sind wieder aus Italien zurückgekehrt, haben sie sich dann erstmal auf ihren normalen Futterwiesen, wo sie sich auch in den letzten Jahren aufhalten, erstmal aufgehalten und haben dann mal geschaut, was der Brutplatz eigentlich dieses Jahr so sagt und haben dann eigentlich recht schnell begriffen, dass dort ein sehr schöner Platz für sie ist.

Und wann rechnen sie dann mit Waldrapp-Nachwuchs?

Schmalstieg: Der Nachwuchs, das dauert noch ein bisschen. Erstmal müssen sie natürlich die Nester bauen, da sind sie aber hoffentlich auch fleißig schon dabei. Und dann werde ich jetzt auch immer regelmäßig Kontrollen durchführen, indem ich immer wieder vorbeifahre und schaue, was sie gerade machen. Dann dauert das noch einige Zeit, bis die Eier gelegt werden. Dann, nach 28 Tagen, wenn sie bebrütet werden, dann werden die ersten Küken schlüpfen. Ich denke, dass es durchaus noch bis Mai dauern kann, bis dann die ersten Küken schlüpfen, beziehungsweise vielleicht auch bis Juni.

SWR Aktuell: Wir haben gerade schon über das Winterquartier in der Toskana gesprochen. Das war ja eine kleine Überraschung im Herbst, weil die Tiere nämlich sehr früh und selbstständig zum Überwintern Richtung Italien aufgebrochen sind. Wie kam es denn dazu eigentlich?

Schmalstieg: Was genau der Auslöser ist, das können wir gar nicht sagen. Sie hatten sich einfach als Gruppe plötzlich entschlossen, dass sie losfliegen. Leider sind sie dann in der Schweiz hängengeblieben und haben dann aufgrund der fehlenden Thermik den Alpenüberflug nicht mehr geschafft. Aber allein, dass sie diese Motivation gezeigt haben, dass sie auch gemeinsam mit den Jugendvögeln losgeflogen ist, war auf jeden Fall schon mal gut. Da hoffen wir natürlich jetzt darauf, dass sie dann in diesem Jahr auch den Alpenüberflug schaffen.

SWR Aktuell: Was würden Sie zusammenfassend sagen, wie weit sind Sie mit der Wiederansiedlung des Waldrapps in Deutschland?

Schmalstieg: Wir sind schon recht weit, dadurch, dass jetzt schon die Waldrappe selbstständig zurückkehren und ihren eigenen Nachwuchs großziehen. Es ist aber noch ein weiter Weg für uns, dadurch, dass wir eine Mindestanzahl an Waldrappen brauchen, die diese Route in ein geeignetes Wintergebiet kennen. Wir sind auf jeden Fall noch weiterhin dabei, den Waldrapp wieder anzusiedeln.

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Andreas Herrler