"Jetzt sind wir auch mal dran": Beamtenbund erwartet harte Tarifrunde

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Autor/in
Jonathan Hadem

Bei den Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst, die heute beginnen, rechnen die Gewerkschaften verdi und „dbb Beamtenbund und Tarifunion“ mit einer harten Auseinandersetzung. Sie fordern 10,5 Prozent mehr Lohn - mindestens aber 500 Euro. Im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Jonathan Hadem hat der dbb-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach heute früh gesagt, die schlechte Bezahlung in den Verwaltungen sei einer der Gründe für den Fachkräftemangel dort. Die Beschäftigten beim Bund und bei den Kommunen hätten sich lange mit Forderungen zurückgehalten, aber „jetzt sind wir auch mal dran.“

SWR Aktuell: Sie haben vor kurzem gesagt: "Die bisherigen Aussagen der Arbeitgeber lassen befürchten, dass es keine besonders lustige Tarifrunde wird." Wie unlustig wird es denn? Und wie verhärtet sind die Fronten da jetzt schon?

Ulrich Silberbach: Das wird man ja heute erleben. Das, was mittlerweile über die Medien transportiert wurde, ist eigentlich wieder eine klare Ansage, in alte Rituale zu verfallen: dass die Forderungen der Gewerkschaften inakzeptabel sind, nicht in die Zeit passen, einfach viel zu hoch sind. Und das zeichnet sich schon ab, dass es eine harte Auseinandersetzung wird.

SWR Aktuell: Auch im Öffentlichen Dienst gibt es natürlich immer neue Aufgaben und neue Anforderungen, die gemeistert werden müssen. Das ist aber in anderen Branchen genauso. Ist es schon genug Rechtfertigung für so hohe Forderungen?

Ulrich Silberbach: In anderen Branchen wird dann, wenn neue Aufgaben dazukommen, oft neues Personal gestellt. Und das ist im Öffentlichen Dienst leider nicht der Fall. Wir haben einen Personalfehlbedarf, also unbesetzte Stellen, von über 360.000. Wir haben eine demografische Entwicklung, die grottenschlecht ist. Das heißt, uns verlassen jeden Tag immer mehr Menschen, und die Lücken werden nicht geschlossen. Darüber hinaus haben wir über Jahre hinweg auch eine sehr zurückhaltende Lohnpolitik betrieben. Und jetzt ist eben der Zeitpunkt, wo die Kolleginnen und Kollegen mit großem Unmut in den Dienststellen sagen, „ jetzt sind wir auch mal dran!“

SWR Aktuell: Der Fachkräftemangel herrscht natürlich auch im öffentlichen Dienst, dann gehen auch 1,3 Millionen Beschäftigte in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand. Wie dramatisch ist es denn gerade ganz grundsätzlich, im Öffentlichen Dienst zu arbeiten?

Ulrich Silberbach: Ich glaube, das sehen die Bürgerinnen und Bürger überall da, wo sie mit Öffentlichem Dienst in Berührung kommen: Wenn sie in den Bürgerämtern, wenn sie in den Dienststellen, lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, wenn sie keinen digitalen Zugang haben. Oder wenn dieser digitale Zugang gelegt ist, dann wird hinter der Zugangsmaske in den Bürgerämtern und in den Büros das dann wieder ausgedruckt auf Papier - und dann in Aktenordnern durch die Verwaltung getragen. Das ist das, was den Menschen, den Bürgerinnen und Bürgern, eben auch vor die Füße fällt: Ein nicht mehr leistungsfähiger Öffentlicher Dienst.

SWR Aktuell:  Aber liegt das an der Bezahlung?

Ulrich Silberbach: Es liegt unter anderem auch an der Bezahlung. Bezahlung ist ein Stück Attraktivität, und deswegen tun wir uns auch so wahnsinnig schwer, die unbesetzten Stellen zu besetzen, weil die Menschen heute abwägen. Wir haben ja heute einen Arbeitskräftemangel. Das heißt, die Menschen können sich heute aussuchen, wo sie arbeiten wollen. Und dann ist der öffentliche Dienst leider nicht mehr so attraktiv von der Bezahlung her, wie man sich das gerne vorstellt.

SWR Aktuell: Sie wollen jetzt die ersten drei Verhandlungstermine abwarten, haben sie gesagt, und erstmal nicht streiken. Wo müssten die Verhandlungen denn dann stehen, damit Sie anschließend im Nahverkehr, in den Kitas und so weiter nicht sofort in Streik gehen?

Ulrich Silberbach: Erstens werden wir den Streik natürlich erst nach Abschluss der Tarifverhandlungen machen. Da sprechen wir aber über flächendeckende, dauerhafte Streiks. Aber wir werden heute schon erkennen können, ob die Arbeitgeberseite unsere Forderung ernst nimmt und gewillt ist, auch eine Lösung auf den Tisch zu legen. Wenn das nicht der Fall ist, werden wir natürlich auch sehr schnell schon mit Warnstreiks reagieren - weil wir natürlich den nächsten Verhandlungstermin auch erst wieder in vier Wochen haben. Und wir befürchten ein wenig die Ernsthaftigkeit der Arbeitgeberseite, wirklich zu einer Lösung zu kommen.

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Jonathan Hadem