Zu viel Protest? Was die Grünen jetzt tun wollen

Stand
Autor/in
Jonathan Hadem
Onlinefassung
Andreas Böhnisch

Der Protest am Politischen Aschermittwoch gegen die Grünen eskaliert. Man ist schockiert vom Hass gegen die Partei. Wie es weitergehen soll, sagt die BW-Landeschefin Lena Schwelling.

Nach den teils gewaltsamen Protesten beim Politischen Aschermittwoch der Grünen gestern in Biberach hat es am Abend auch in Schorndorf im Rems-Murr-Kreis einen Vorfall gegeben. Dort wurde die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang nach einer Veranstaltung zum Politischen Aschermittwoch beschimpft, von Störern verfolgt und bei der Abreise behindert.

Wie die Partei mit dem Hass umgehen will, dazu äußert sich die Landesvorsitzende der Grünen in Baden-Württemberg, Lena Schwelling, im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Jonathan Hadem

SWR Aktuell: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum das gestern so eskaliert ist?

Lena Schwelling: Das war ein einschneidendes Erlebnis. Ich kann es mir nicht wirklich erklären. Das ist ein Phänomen, das wir in letzter Zeit häufiger beobachten. Es gibt bei wenigen eine Art der Protestkultur, die sehr laut und sehr störend ist. Denen geht es nicht darum, den Dialog zu suchen, über Probleme zu sprechen und die eigenen Anliegen vorzubringen. Das ist in einer Demokratie legitim und notwendig. Ein paar hundert Meter entfernt hat das funktioniert. Bauern haben bei einer Demonstration ihre Anliegen vorgebracht und haben mit dem Landwirtschaftsminister gesprochen.

Aber den Menschen vor der Halle in Biberach ging es nicht um den Dialog. Sie wollten unsere Veranstaltung stören und verhindern, sind gewalttätig geworden. Polizisten sind verletzt worden. Es wurden Feuer gelegt. Das überschreitet eine Grenze. Da müssen wir alle gemeinsam klare Kante zeigen.

SWR Aktuell: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat gestern gesagt: Die, die über die Stränge geschlagen haben - das ist nicht die deutsche Landwirtschaft. Wer war es denn dann?

Schwelling: Das ist eine gute Frage. Uns erreichen Hinweise, dass es Menschen waren, die sich in Telegram-Gruppen zusammengefunden haben. Es gab auch eigenartige Fahnen, die gezeigt wurden. Es wurde sehr harter Rechtsrock gespielt. Wir haben keine Erkenntnisse darüber, wer das war, sind uns aber sicher, dass die Polizei dem nachgehen wird.

SWR Aktuell: Es gab am Politischen Aschermittwoch hauptsächlich Proteste von Landwirten gegen die Grünen. Wie erklären Sie sich den Fokus auf Ihre Partei?

Schwelling: Wir eignen uns ganz gut als Feindbild. Das hat sicherlich ein bisschen auch mit uns zu tun. Wir sind eine Partei, die etwas verändern will. Wir werden mit vielem in Verbindung gebracht, was gerade schiefläuft - auch damit, dass die Leute keine große Lust mehr auf Veränderungen haben.

Die Klimakrise wird mit uns in Verbindung gebracht. Dabei sind wir diejenigen, die sie verhindern wollen. Die Bauern sind diejenigen, die am meisten darunter leiden. Und wir stellen den Landwirtschaftsminister auch noch nicht die letzten zwanzig Jahre. Dann hätten wir vielleicht eine andere Situation.

Das ist in der Demokratie in Ordnung. Das halten wir aus. Das ist okay, dass man uns angeht - unzufrieden und auch wütend mit uns ist und das lautstark sagt. Darüber kommen wir ins Gespräch und da hören wir auch zu. Schwierig ist es nur, wenn es so, wie gestern in Biberach, zu gewalttätigen Ausschreitungen kommt.

SWR Aktuell: Kann man nach so einer Eskalation noch in konstruktive Gespräche mit diesen Demonstranten kommen oder wollen Sie das vielleicht auch gar nicht?

Schwelling: Doch! Das wollen wir unbedingt. Wir sind um den Dialog sehr bemüht und stehen dafür auch jederzeit zur Verfügung. Wenn der Protest angemeldet ist, im demokratischen Rahmen abläuft, gesittet ist, man sich gegenseitig zuhört und ausreden lässt, dann ist es gut möglich, miteinander ins Gespräch zu kommen. Schwierig ist es nur, wenn das gar nicht das Ziel ist. Gestern habe ich den Eindruck gehabt, dass es nicht darum ging, ins Gespräch zu kommen.

Dazu möchte ich noch sagen: Die Bäuerinnen und Bauern, mit denen wir in den letzten Wochen viel in Kontakt waren, haben nicht so agiert. Da ging es oft genau um das Gespräch, das in einer Demokratie so notwendig ist.

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