“Ein lachendes und ein weinendes Auge“ – RP-Jusos zum Abschied von Malu Dreyer

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Autor/in
Jonathan Hadem

Nach mehr als 10 Jahren als Ministerpräsidentin endet in Rheinland-Pfalz die Ära Malu Dreyer. Sie zieht sich nach eigenen Angaben zurück, weil ihre Kraft nicht mehr für das Amt reicht. Nachfolger ist der bisherige Arbeitsminister Alexander Schweitzer. Wie denkt der SPD-Parteinachwuchs über den Wechsel und über den neuen Ministerpräsidenten? Fragen von SWR-Aktuell-Moderator Jonathan Hadem an Beatrice Wiesner, Landesvorsitzende der Jusos in Rheinland-Pfalz.

SWR Aktuell: Wie fühlt sich das an: sozialdemokratische Politik künftig ohne Malu Dreyer?

Beatrice Wiesner: Das ist natürlich total spannend und aufregend. Und ich muss diesen einen Satz sagen, den Sie ganz bestimmt auch schon gehört haben: Es ist so ein bisschen „ein weinendes und ein lachendes Auge“. Malu Dreyer war und ist sehr für ganz, ganz viele jüngere Menschen, besonders junge Frauen und Mädchen, ein Vorbild gewesen, zu dem man aufblicken konnte - und sie hat Orientierung gegeben, weil sie immer auch das Gesicht von Rheinland-Pfalz gewesen ist. Es gibt meinerseits sehr großen Respekt und auch Verständnis für die Entscheidung. Natürlich wünsche auch ich ihr, dass sie jetzt ihre freie Zeit genießen kann. Und es ist natürlich auch so, dass zumindest für die Jusos Alexander Schweitzer kein Unbekannter ist. Deswegen blicken wir natürlich auch mit einem lachenden Auge irgendwie in die Zukunft, denn ich glaube und auch im Verband sind wir uns da einig, dass  Alexander schon der richtige ist, um in Malus doch sehr große Fußstapfen zu treten.

SWR Aktuell: Bleiben wir noch kurz bei Malu Dreyer: Angesichts der feierlichen Amtsübergabe heute und all den Lobeshymnen auf die scheidende Ministerpräsidentin könnte man beinahe vergessen, dass die SPD bei den letzten Landtagswahlen ziemlich abgeschmiert ist. Was ist das Geheimnis von Malu Dreyer? Warm bleiben solche Zahlen und auch bestimmte Ereignisse einfach überhaupt nicht an ihr haften?

Wiesner: Weil Malu Dreyer immer mit einer unglaublichen Offenheit auf die Leute zugegangen ist und so ja auch Politik gemacht hat. Weil sie authentisch ist, und weil man bei ihr ganz genau immer gespürt hat, dass sie den Leuten nichts vormacht. Ich glaube auch deswegen, das nichts an ihr haftenbleibt, weil allen klar war - und sie es immer sehr deutlich gemacht hat -,  dass sie Politik nicht für die SPD in Rheinland-Pfalz macht, sondern für die Menschen, die in Rheinland-Pfalz leben. Und ich glaube, das ist auch das Geheimnis.

SWR Aktuell: Für Malu Dreyers Nachfolge war zu keinem Zeitpunkt eine Frau wirklich im Gespräch. Woran liegt das genau?

Wiesner: Ich glaube nicht, dass das bei der Planung der Nachfolge irgendeine Rolle gespielt hat, sondern da geht es natürlich eher darum zu schauen: Wem trauen wir das zu, wer hat die Fähigkeit, wer kann tatsächlich das Amt übernehmen - und auch die Kontinuität, die wir als rheinland-pfälzische SPD in Regierungsverantwortung ja immer gezeigt haben, auch fortführen? Und da hat an Alexander am Ende eben kein Weg vorbei geführt. Es ist ja auch nicht so, dass wir keinen weiblichen Nachwuchs hätten und keine Frauen, die wahnsinnig talentiert sind: Wir haben mit Sabine Bätzing-Lichtenthäler eine ganz tolle Fraktionsvorsitzende, die ja hoffentlich dann auch die Partei als Landesvorsitzende übernehmen wird. Und ich glaube, wir haben da immer noch genug Frauenpower in der rheinland-pfälzischen SPD.

SWR Aktuell: Sie haben im Herbst in unserem Programm gefordert, die SPD müsse wieder klarer für soziale Gerechtigkeit stehen. Wird das jetzt besser gelingen mit dieser neuen Führung?

Wiesner: Ich glaube nicht, dass das in Rheinland-Pfalz bisher ein großes Problem war. Da gucke ich tatsächlich eher nach Berlin. Aber ich bin mir sehr sicher, dass wir da mit Alexander Schweitzer, der ja nun mal aus dem Haus des Arbeits- und Sozialministeriums kommt und diesen Hintergrund ja auch mitbringt, noch mal ein verstärkter Blick drauf ist. Das ist auch eine ganz klare Erwartung von uns. Denn auch wenn in Rheinland-Pfalz die Ampel gut funktionieren mag: Die großen Probleme gehen an uns ja nicht vorbei, wir leben ja nicht auf einer Insel. Der Wohnungsmarkt ist auch bei uns schwierig. Und wir wünschen uns natürlich schon, dass da jetzt noch mal einen Fokus draufgelegt wird und dass da auch noch mal ein neuer Anschub jetzt kommt, sich diesen Sachen auch noch einmal zu widmen.

SWR Aktuell: Ist es auch das erste, um das sich Alexander Schweitzer jetzt kümmern müsste, wenn er in die Fußstapfen von Frau Dreyer tritt?

Wiesner: Auch Alexander Schweitzer muss sich natürlich an den Koalitionsvertrag halten, der hat nach wie vor Bestand, und das wird er sicherlich auch tun. Daran habe ich keine Zweifel. Aber tatsächlich bei uns als Jusos – und ich glaube, ich kann da auch für ganz, ganz viele jüngere Menschen sprechen - ist das Thema Wohnungsmarkt wichtig. Und wir wünschen uns, dass das sehr schnell angegangen wird und dann noch einmal Schwung reinkommt - genauso beim Thema Ausbildung, dass wir die in Rheinland-Pfalz noch mal stärken, dass nach der Qualität geguckt wird, dass genügend Plätze da sind. Dass die Betriebe ausbilden, ist einfach essenziell für junge Menschen, dieser Schritt in die Selbstständigkeit mit Ausbildung und Wohnung - das geht da untrennbar auch miteinander einher.

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Jonathan Hadem