Getöteter Zweijähriger aus Bopfingen: Die angeklagte Mutter zu Beginn des Prozesses am Amtsgericht Ellwangen. (Foto: SWR)

Nach Urteil des Amtsgerichts Ellwangen

Getöteter Zweijähriger aus Bopfingen: Mutter legt Berufung ein

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Hendrik Zorn
Das Bild zeigt Hendrik Zorn (Foto: SWR, Alexander Kluge)

Die zu einer Gefängnisstrafe verurteilte Mutter aus Bopfingen im Ostalbkreis hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Das sagte ein Sprecher des Amtsgerichts Ellwangen dem SWR.

Die wegen "Misshandlung durch Unterlassen" zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilte 37-jährige Mutter hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Sie hatte ihrem fast zweijährigen Sohn nicht geholfen, als ihr damaliger Lebensgefährte das Kind zu Tode misshandelte.

Sie habe sich fast so schuldig gemacht wie der Täter selbst, hieß es in der Urteilsbegründung. Eine Bewährungsstrafe komme wegen der massiven Misshandlungen nicht in Betracht. Damit folgte das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft. Der Verteidiger hatte am Donnerstagvormittag für eine Bewährungsstrafe plädiert.

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Mutter des getöteten Zweijährigen: "Es stimmt alles"

Am ersten Prozesstag am Mittwoch hatte die 37-Jährige ein Geständnis abgelegt. "Was in der Anklage steht, stimmt alles. Ich war blind und blöd", sagte die Frau. Sie wisse, dass sie es nicht mehr rückgängig machen könne.

Sie habe Angst gehabt, dass ihr damaliger Freund ihren von ihr getrennt lebenden Ehemann informiere, begründete die 37-Jährige ihr Stillhalten. Der Ehemann hätte behaupten können, sie schlage ihre Kinder. Oder er hätte sie selbst schlagen können. Derzeit lebe sie aus Angst in einem Frauenhaus, sagte die Angeklagte.

"Uns fällt es schwer zu glauben, dass Sie aus Angst gehandelt haben."

Die "Angst" glaubten ihr weder der Oberstaatsanwalt noch das Schöffengericht. Die einzige Angst, die sie gehabt habe, sei die gewesen, dass ihr neuer Lebensgefährte sie verlassen könnte. Sie habe nicht eingegriffen und weggeschaut. Das sei ungefähr so, wie wenn man selber schlägt, so Richter Norbert Strecker im seiner Urteilsbegründung.

Verletzungen des Zweijährigen laut Oberstaatsanwalt unübersehbar

Wegen ihrer Grausamkeit wollte Oberstaatsanwalt Dirk Schulte in seinem Plädoyer am Donnerstag nicht mehr auf die einzelnen Bilder der Verletzungen des Kleinkindes eingehen. Schulte wiederholte in seinem Plädoyer aber: Man müsse blind und taub sein, um nicht zu erkennen, dass etwas Schlimmes zum Nachteil des Kindes passiert ist.

"Da muss man auf beiden Augen blind sein, auf beiden Ohren taub, wenn man da nicht erkennen möchte, dass da etwas Schlimmes (...) passiert ist."

Der Verteidiger der Angeklagten, Rainer Schwarz, sagte, seine Mandantin sei Täterin, indem sie nichts gemacht habe. Er sei entsetzt gewesen, als er die Akten gesehen habe. Mit dem Urteil folgte das Ellwanger Schöffengericht seinem Antrag auf Bewährungsstrafe nicht. Seine Mandantin nahm den Schuldspruch äußerlich unbewegt entgegen.

Verteidiger will Rechtsmittel prüfen

Nach der Verhandlung erläuterte Verteidiger Schwarz seiner Mandantin nochmals das Urteil und die zentrale Aussage von Staatsanwalt und Gericht: Sie sei fast so schuldig wie der Täter. Auf Nachfrage sagte Schwarz dem SWR, falls Rechtsmittel eingelegt werden, dann höchstens gegen die Höhe der Freiheitsstrafe. Das wolle er mit seiner Mandantin noch besprechen.

Geständnis der Mutter nach anfänglichem Leugnen

Mit ihrem Strafmaß sei die Kammer an der "unteren Grenze des Möglichen" geblieben, so Richter Strecker. Bis zu vier Jahren Haft sind am Amtsgericht möglich. Die niedrige Strafe habe sie sich nur ihrem vollumfänglichen Geständnis "verdient". Zu Beginn des Prozesses am Mittwoch hatte die Frau die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft am Mittwoch noch geleugnet. Doch dann bat sie um eine Pause. Danach folgte das zum Teil mit tränenerstickter Stimme vorgetragene Geständnis.

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Freund in einem ersten Prozess zu langer Haftstrafe verurteilt

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